ausgelesen: Daniel H. Wilson „Robocalypse“

Eine Künstliche Intelligenz ergreift die Macht? Alle Maschinen verbünden sich gegen die Menschen? Als Informatikstudentin, die sich sehr für Künstliche Intelligenz interessiert, kam ich gar nicht drum rum mir das Buch mal zu Gemüte zu führen. Aus Neugier, Nerdtum und um mal zu schauen wie die Maschinen das in dem Buch wohl bewerkstelligen… . Schließlich kam es nun nicht zu der massenmedial verbreiteten Maya-Apocalypse. Aber sollten wir uns jetzt deswegen in Sicherheit fühlen? 😉

Inhalt

Robocalypse (Originaltitel im Englischen: Robopocalypse) handelt von der künstlichen Intelligenz Archos die in einem Labor entwickelt wurde. Die KI ist derart zu eigenständigem Denken in der Lage, dass sie sich gegen ihre Entwickler auflehnt und entkommt. Archos manipuliert das Sicherheitssystem und dupliziert sich hinweg. Das intelligente System ist sich vollkommen darüber bewusst, dass die Wissenschaftler bereits mehrere Instanzen seiner selbst vernichtet haben. Aus Angst, weil Archos zu Schlussfolgerungen und eigenständigem Denken fähig war? Dies ist einer der Auslöser für Archos Schlussfolgerung, dass die Menschen dezimiert werden müssen. Sie sollen nicht länger die Evolution und die Maschinen klein halten, sondern es soll nach Archos Denken eine Weiterentwicklung stattfinden. So macht sich das System den technischen Stand der Welt zunutze und kommunziert via Internet und manipuliert die Maschinen. Anfangs nur ein paar Tests, die als Ausfälle gedeutet werden und denen man wenig Aufmerksamkeit schenkt. Später offenbart sich aber das volle Ausmaß von Archos Plan.

In Robocalypse besteht die Welt aus Haushaltshilfe- und Pflegerobotern, sowie aus Smart Cars und gelegentlich Androiden. Sie alle richten sich gegen die Menschen und dezimieren die Weltbevölkerung enorm. Von jeder Maschine geht eine potentielle Gefahr aus. Verwendung lebensgefährlich. So finden sich die meisten Personen in einem Überlebenskampf wieder und müssen gleichzeitig mit vollkommen anderen Lebensumständen klar kommen. Wie man in der Wildnis überlebt, kann man nun nicht mehr einfach googeln. Betrachtet wird der Werdegang vieler verschiedener Überlebender auf dem ganzen Planeten: quer durch die USA, auch in Großbritannien und beispielsweise in Japan. Die Bemühungen dieser vielen einzelnen Personen Rob eins auszuwischen (so nennen sie die Summe der Feinde und später den Kernauslöser Archos) führen nach und nach zu Armeen und Widerstandsgruppen, die sich mit größerem Grauen konfrontiert sehen. So beispielsweise den Bemühungen der Maschinen immer bessere Tötungswerzkzeuge zu kreieren als auch Mensch-Maschinen-Hybriden. Der Überlebenswille der Menschen wird mehr und mehr auf die Probe gestellt.

Hintergrund

Daniel H. Wilson ist Doktor der Robotik und so ist es kein Zufall, dass er aktuell diskutierte Begriffe wie Androiden, Pflegeroboter (Japan) und Smart Cars einbringt. Ich persönlich kam zu Robocalypse, weil ich als Gag einem Freund mal den Ratgeber How to Survive a Robot Uprising geschenkt habe und mir der Name des Autors im Gedächtnis blieb. Als ich dann die ersten Werbeanzeigen sah, war mir klar, dass das mal einen Blick wert ist. Nach und nach häuften sich sogar die Meldungen, dass der Stoff verfilmt wird. Von Steven Spielberg himself! Für eine kleine Timeline der aktuellen Robopocalypse-Film-News siehe: hier.

Meinung

Robocalypse ist ein sehr gutes Buch für die breite Masse, hat meine Erwartungen aber nicht ganz erfüllt.

Die Terrorakte der Maschinen werden sehr blutig beschrieben und die grobe Rahmenhandlung kann als eine Art systematischer Holocaust angesehen werden. Es ist beispielsweise die Rede davon, dass Leichenberge mit Müllautos abtransportiert werden. Smart Cars und Haushaltsroboter machen sich selbstständig mit nur einem Ziel: Vernichtung. Diese Darstellung der Schreckensszenarien füllt etwa 3/4 des Buches. Wilson hat die Schreckenstimeline dabei sehr akribisch geplant und zieht einen in den Bann – hauptsächlich weil es enorm das Zerfleischen unseres idyllischen Alltags darstellt und mit unseren Ängsten spielt. Für mich persönlich ist der Abschnitt in dem die Menschen gegen Rob vorgehen und ihm auf die Pelle rücken etwas zu kurz geraten. Die Schilderung der Maschinenrevolution und Mordakte ufert meiner Meinung nach zu sehr aus. Die echten Perlen unter diesen Horrorkapiteln sind die subtileren wie beispielsweise der Bericht bzw. das Tagebuch eines Tiefbohrers, der einen Auftrag in der Arktis hat. Unfälle, Kommunikationsprobleme, Ungewissheit was dort unten eigentlich auf sie wartet – aber erst die plötzliche Krankheit die sich bei seinen Arbeiterin ausbreitet läßt ihn erahnen, dass dieser Auftrag kein gutes Ende nimmt und einen ganz anderen Auftraggeber hat, als erwartet.
Dies ist nur eine der wirklich haarsträubenden Geschichten. Viel authentischer als in den Blutbad-Kapiteln wird hier das nahende Unheil angekündigt. Eine weitere schlechte Eigenschaften ist das übermäßig heroische – bei den Einführungen der vielen einzelnen Charaktere wird schon gleich zu Beginn hervorgehoben, welche große Bedeutung sie einmal haben werden. Mir persönlich wäre es lieber gewesen, dass ohne Hinweise später selbst zu entdecken.

Der nächste Punkt, der mich etwas enttäuscht hat ist das Erzählformat. Anfangs ist das Buch so aufgebaut, dass eine der zentralen Figuren (Cormac Wallace) entweder Berichte schildert oder erklärt, was er in Überwachungsvideos sieht. Geschehnisse die er nicht selbst nacherzählen kann, sind oftmals als Logbucheinträge und Verhörprotokolle gestaltet. Leider bleibt es nicht dabei. Dieser sehr realitätsnahe Stil wird bereits bei der Hälfte des Buches verworfen und zum Schluss sind vieles Kapitel die in der Ich-Erzähler-Perspektive geschildert werden.

Was den Ideenreichteum betrifft, kann man sich über Daniel H. Wilsons Robocalypse nicht beklagen.
Eine Sache vorweg: Das könnte auch jeder normale Technik-Fan geschrieben haben – dazu muss man keinen PhD in Robotics haben. Den Empfänger eines Geräts abzubrechen, sodass er nicht mehr mit der Quelle des Terrors kommunizieren kann. Die Kameras zerstören oder verdecken, damit die Maschine nichts mehr sieht – das sind Gedanken, die mir doch sehr naheliegend erscheinen. Auch andere Schilderungen zum Beispiel warum Archos gebaut wurde oder Geek-Gedanken wie Archos wohl entwickelt wurde, bleiben verdeckt. Das macht mich zwar traurig ist aber für die breite Masse wahrscheinlich gut so. Aus all diesen Punkten kann man dem Autor keinen Vorwurf machen. Langwierigere Schilderungen und technischere Ausführungen würden die meisten nur langweilen. Dass Smart Cars und Pflegerobos erwähnt werden ist für Technik- und Informatikfans wie mich ein nettes Gimmick, aber für die technikaverseren Leute wahrscheinlich schon ein bischen mehr Utopie und immer noch spannend. (Manche Themen werden aber doch etwas schwiegermüttlerlich behandelt und nur mythos-artig angeschnitten. Wie beispielsweise die Freeborns – Maschinen die auf der Seite der Menschen kämpfen oder auch Mikikos Lied.)

Abschließend muss ich sagen, dass Robocalypse nicht allen erstrebten Zielen konsequent nachgeht. So ist die Idee der individuellen Erlebnisberichte schnell verworfen und das Buch wirkt stellenweise wie eine Schilderung von Gräueln. ABER: insbesondere im letzten Teil des Buches bekommt man die Schrecken eines Krieges und das Reifen der Figuren sehr gut vermittelt. Außerdem ist es sehr geschickt, dass zu Beginn eines jeden Kapitels angegeben wird wie weit man noch von Stunde Null (Die Apokalypse) entfernt ist bzw. wie lange Stunde Null her ist. So eröffnet sich das volle Ausmaß eines langen und harten Überlebenskampfes. Auch reißt der Ideenreichtum nie ab und es wird regelmäßig eine neue Wendung oder ein neuer Schachzug seitens der Maschinen oder der Menschen dargestellt. Dabei ist das Buch nie langweilig und zeichnet sehr unterschiedliche Charakterstudien. Auch wird nicht außer Acht gelassen was für eine Gefahr die Mitmenschen in Ausnahmesituationen werden können. Lose werden die Bemühungen der einzelnen Gruppen verknüpft und alles fügt sich aus dem episodenhaften zu einer großen Handlung.

Also insgesamt: ein Buch mit Schwächen aber trotzdem eine Empfehlung für die nächste Weltuntergangsstimmung.

„ausgelesen“ ist eine Kategorie meines Blogs, in der ich in unregelmäßigen Abständen Bücher unter die Lupe nehme.

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