Wir lesen … „Gehe hin, stelle einen Wächter“ #ZurückNachMaycomb (I)

Es ist wieder soweit! Nachdem Kathrin (von phantasienreisen.de) und ich bereits Ende letzten Jahres „To Kill A Mockingbird“ (Wer die Nachtigall stört) gemeinsam gelesen haben, machen wir nun auch mit Harper Lees anderem Maycomb-Roman weiter, der einige Zeit nach ‚To Kill A Mockingbird‘ spielt. Kathrin hat den Anstoß gegeben, ich noch etwas gezögert – als aber die Autorin Anfang diesen Jahres verstarb, war es quasi beschlossene Sache. Hier geht es übrigens zu Kathrins Auftaktartikel. Auf Twitter könnt ihr den Lesefortschritt unter #ZurückNachMaycomb mitverfolgen. Heute werde ich ein kleines Zwischenfazit der ersten hundert Seiten ziehen. Es sind leichte Spoiler zu erwarten. Federleichte. Also praktisch gar keine.

Home Sweet Home?

Wir begleiten die Heldin der Geschichte zurück nach Maycomb, das beschauliche Städtchen in Alabama mit den eingetretenen, moralischen Pfaden. Scout is back. Allerdings ist sie in diesem Buch v.A. Jean-Louise, die sich in New York durchschlägt und arbeitet und ein für Maycomb-Verhältnisse sündiges Leben lebt. Haltet euch fest: sie trägt Hosen! 😉 Viel scheint sich nicht verändert zu haben, der Wildfang, der sie einmal war, ist sie immer noch. Und unkoventionell. Vor Allem für Maycomb.

Aber es wird nicht lange damit gefackelt beim Leser für Stirnrunzeln zu sorgen. Jean-Louises Geschichten vom Bahnfahren sind zwar witzig, aber dann wird der Leser vor vollendete Tatsachen gestellt. Es gibt einen Mann in ihrem Leben und es ist ein anderer, als ich erwartet habe. Und als ob das nicht schon genug wäre, gibt es böse Überraschungen.

Zu verraten um wen es geht, wäre zu viel der spoilerei. Andererseits ist mein Redebedarf hoch. Warum gerade dieser Charakter? Ich habe eine Ahnung. Wäre diese Person noch da, würde vielleicht nicht passieren, was in Maycomb passieren wird. Plötzlich fühlt sich die Geschichte ein bisschen weniger nach To Kill A Mockingbird an, als zuvor.

Tante Alexandra nervt

Es werden Namen gestreut und Erinnerungen an Jean-Louises und Jems Kindheit in Maycomb geweckt. Alle möglichen Charaktere bekommen eine Sekunde Aufmerksamkeit. Tante Alexandra, die wieder bei Atticus wohnt, bekommt besonders viel Aufmerksamkeit. Ihre schlauen Sprüche und unumstößlichen Lebensweisheiten nerven mich mindestens genauso sehr wie Jean-Louise. Genauso habe ich mir den culture clash vorgestellt. Was Alexandra aber zum besten gibt, sind unzählige Zitate eines starren Weltbildes. Jean-Louises Kampf gegen sie ist sehr lesenswert. Allerdings geht damit auch ein seltsames Gefühl einher. Ich fange an mich zu fragen: wie wirkt das auf jemanden, der To Kill A Mockingbird nicht gelesen hat? Kommen die Leute mit? Ist das für sie relevant? Siebzig Seiten lang lese ich kleine Anekdoten über Maycomb. Ist das nicht schon fast zu irrelevant? Andererseits: liest es irgendjemand, der To Kill A Mockingbird nicht kennt? Der Roman soll 1957 entstanden sein, somit vor der Veröffentlichung von To Kill A Mockingbird. Und was bisher erzählt wurde, scheint mir nur mäßig geeignet zu sein für jemanden, der das andere Buch nicht kennt. Und außerdem habe ich das Buch lesen wollen, um zu sehen, was es mit Maycomb auf sich hat. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern (bzw. die Kritiker und Buchfans): es ist einiges anders. Wann erfahre ich wie es in Maycomb wirklich zugeht?

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Schöne Erinnerungen

Als Scout in Erinnerungen an ihre Kindheit mit Jem und Dill schwelgt, sind die Anekdoten wieder so witzig zu lesen, dass mir das Buch deutlich weniger zäh vorkommt. Die ersten siebzig Seiten haben es mir irgendwie schwer gemacht. Jetzt sind wir an dem Punkt wo das Buch wieder nach bekanntem Terrain klingt. Nach To Kill A Mockingbird.

Aber ich bin etwas nörgelig. Wo ist der Fortschritt? Es kommt mir etwas belanglos vor. Auf hundert Seiten erlebe ich die Wiederholung der Vergangenheit, einiges Neues. Manches davon schmeckt mir nicht. Manches weckt Nostalgie. Buch-Nostalgie. Aber es reizt mich nicht zum weiterlesen. Kein schönes Gefühl. Und dann sind da diese nagenden Fragen: gab es Henry bereits in To Kill A Mockingbird? Habe ich ihn großzügig überlesen? Und wo ist der Slang? Das war ein Element, dass den Vorgängerroman zu dem Leseerlebnis gemacht hat, was es für mich war. Diesmal lesen wir die deutsche Variante. Aber der Südstaaten-Slang fehlt komplett. Was soll das? Das gehört dazu! Da ich den Artikel schreibe, als ich schon weitergelesen habe, kann ich sagen: der Slang bleibt auch weiterhin aus. Aber das Buch gewinnt an Brisanz und die Handlung entwickelt sich.

Zu den bisherigen Artikeln

Kathrin 26.03. Ankündigung

Habt ihr schon Mal an einer gemeinsam lesen Aktion teilgenommen? Viele Fragen … Habt ihr ‚Gehe hin, stelle einen Wächter‘ schon gelesen? Und ohne zu spoilern: werden wir noch oft an To Kill a Mockingbird zurückdenken? Habt ihr von den umstrittenen Aspekten des Buchs vorher gehört?

3 Antworten

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