Netzgeflüster: Frauen der Informatik X – Ida Rhodes

Das ist quasi ein Jubiläumsbeitrag. 🙂 Die zehnte Frau, die etwas bedeutendes im Gebiet der Informatik geleistet hat oder als eine IT-Pionierin angesehen werden kann ist Ida Rhodes. Mit ihr reisen wir heute nochmal zurück in die Vergangenheit.

Ida Rhodes wurde 1900 als Hadassah Itzkowitz in Schtetl in der Ukraine geboren, eine jüdische Siedlungen einige hundert km südlich von Kiew. Die Grundbesitzerin der Siedlung, eine russische Gräfin, unterrichtete sie. Die begeisterte Botanikerin wurde eine Gönnerin des Mädchens und weckte damit vielleicht die Begeisterung für Naturwissenschaften. 1913 wanderte ihre Familie in die USA aus, wo Ida ab 1919 an der Cornell University Mathematik studierte und nach Jahren sowohl ihren Bachelor als auch ihren Master ablegte. Wie viele Geschichten von Bemühungen und Anstrengungen, war auch Idas Weg ein steiniger. Sie arbeitete tagsüber als Krankenschwester um sowohl ihre Familie zu unterstützen als auch um sich ihr Studium zu finanzieren. Da sie das Studium in Abendkursen bewältigen musste, fielen einige Optionen für sie aus. An Physik- und Chemie-Kursen konnte sie nicht teilnehmen, da diese tagsüber waren. An manchen Tagen arbeitete sie 12 Stunden bevor es mit dem studieren weiterging. Um 1936 verbrachte sie ihre Wochenenden ab und zu mit anderen Studenten in freiwilligen Seminaren mit Albert Einstein, von dessen Ruf und Wissen sie so begeistert war, dass sie bei ihrem ersten Aufeinandertreffen kein Wort rausbrachte.

Nach mehreren kleineren Jobs im Bereich der Numerik und einem weiteren Studium arbeitete sie im Mathematical Tables Project in New York City zusammen mit einer uns bereits bekannten Pionierin: Gertrude Blanch. Von 1940 bis 1947 arbeitete sie an der Rechner-gestützten Tabellarisierung mathematischer Funktionen, Standardisierung und Tafelwerken. Dieses Projekt führte sie an Großrechenanlagen heran bis sie schließlich Teil des National Applied Mathematics Laboratories (NAML) des National Bureau of Standards (NBS) wurde. Ziel dessen war der Aufbau eines Rechenzentrums, wodurch sie u.a. an der Umsetzung des SEAC-Rechners beteiligt war. Der Anfang war aber holprig. Sie fühlte sich zu unfähig und fuhr wieder nach Hause bis ihr ehemaliger Chef ihr mitteilte, dass man von ihr schwer begeistert war. Das NBS schaffte außerdem den UNIVAC I an, mit dem große Rechenleistungen wie die Volkszählung gestemmt werden sollten. Rhodes entwickelte zusammen mit ihrer Kollegin Betty Holberton die Assemblersprache C-10. Außerdem schrieb sie Programme, die Behörden in den Folgejahren lange nutzten. Außerdem wirkte sie beratend und zeigte die Vorteile der Computerisierung in verschiedensten Bereich auf.

Sie war eine der ersten, die sich damit auseinandersetzten wie Computer zur Übersetzung genutzt werden können. Satzkonstrukte seien viel einfacher zu übersetzen, indem man von Suffixen, Präfixen etcn trennt. Betrachtung über die Grammatik entstanden und sie nutzte ihre Programme für Übersetzungen zwischen Russisch, ihrer Muttersprache, und Englisch. Und das im Lochkarten-Zeitalter und teilweise noch davor – weit ihrer Zeit voraus. Später lehrte sie das Programmieren – auch in Sonderklassen für Taubstumme oder Blinde. Ihre jüdischen Wurzeln blieben außerdem stets ein großer Teil ihres Lebens. Sie setzte sich für jüdische, soziale Projekte und Einrichtungen ein und entwickelte außerdem einen Algorithmus zur Berechnung des jüdischen Kalenders bzw. der Feiertage, der noch heute implementiert wird. (Siehe hierzu „Computation of the Dates of the Hebrew New Year and Passover“ – Computers and Mathematics with Applications, Vol. 3, 1977, pp. 193-196.)

Besonders bemerkenswert ist ihr Vortrag und ihre Vision „The Human Computer’s Dreams of the Future“. Darin beschreibt Rhodes wie später anspruchsvollere und mächtigere Programmiersprachen und Rechnersysteme verwendet werden. Auch, dass es Server- und Client-Rechner geben würde, Bildschirme, grafische User Interfaces und dass Menschen Rechner für das Bearbeiten von Medien, Kunst und Musik nutzen werden. Sie hatte so recht.

Zum nachlesen/Quellen:
Wikipedia (de)
Wikipedia (en)
Verdi
IEEE Computer Society

Zu den bisherigen Artikeln

Ankündigung
Teil I: Ada Lovelace
Teil II: Grace Hopper
Teil III: Hedy Lamarr
Teil IV: Marissa Mayer
Teil V: Jade Raymond
Teil VI: Gertrude Blanch
Teil VII: Mary Allen Wilkes
Teil VIII: Nadia Magnenat Thalmann
Teil IX: Adele Goldberg

Kanntet ihr Ida Rhodes? Was haltet ihr davon wie unfassbar früh sie an Übersetzungen gedacht hat oder an die Idee, dass Menschen Kunst am Rechner machen?

Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen rund um IT, Forschung, Netzwelt, Internet und eben auch Gerüchten widme. 🙂

Eine Antwort

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