Serien-Review: ‚The Enfield Haunting‘ & ‚Luke Cage‘ S1

Aaaaah wie ist das passiert? Schon wieder habe ich einen Berg von über zehn Serien-Reviews angehäuft, die ich noch schreiben möchte. Hu. Dann mal Ärmel hochkrempeln und Stack abarbeiten. Fangen wir an mit zwei recht unterschiedlichen Kandidaten, die ich bisher in der Blogosphäre noch recht unterrepräsentiert finde. Reviews sind spoilerfrei. Wie immer.

„The Enfield Haunting“

The Enfield Haunting ist eine britische, drei-teilige Mini-Serie, die auf wahren Begebenheiten basiert. Genauer erzählt sie die Geschichte des Enfield Poltergeist, der in den 1970er Jahren eine britische Familie heimgesucht hat. Timothy Spall spielt Maurice Grosse, einen Amateur-Forscher auf dem Gebiet des Paranormalen und Metaphysischen. Er untersucht zusammen mit Guy Lyon Playfair (Matthew Macfadyen) den Fall der Familie Hodgson. Insbesondere die Schwestern Janet (Eleanor Worthington Cox) und Margaret (Fern Deacon) leiden, haben Erscheinungen, werden drangsaliert, ihr Haus verwüstet. Während die Frage im Raum steht, ob sich die Mädchen das nicht alles nur ausdenken und selber verursachen, wird der Fall für Grosse plötzlich persönlich.

Der Fall des Enfield Poltergeist polarisiert noch heute. Für die eine Partei gilt der Fall als besonders glaubwürdig, weil Grosse damals so schlau war und Audio- und Videoaufnahmen gemacht hat, um die paranormalen Ereignisse nachzuweisen. Das war zwar damals fortschrittlich, bedeutet aber noch lange nicht, dass das Material nicht gefälscht oder verfälscht sein kann. Der überwiegende Vorwurf ist der, dass die Mädchen alles geschauspielert haben. Die Serie geht dabei einen smarten Weg und lässt sich lange Zeit beide Alternativen offen. Dadurch und dank er natürlichen, ungeschönten, lebensnahen Charaktere ist man von der ersten Minuten voll drin in der Geschichte. Die Familie Hodgson könnten unsere Nachbarn sein, Maurice Grosse wird als liebenswerter Mann mit einem dunklen, tragischen Fleck in seiner Vergangenheit dargestellt. Wir leiden mit ihnen mit, könnten sogar verstehen warum die Mädchen es faken – falls sie es faken! Die Effekte sind gute, hausgemachte – es braucht kaum CGI, sondern mehr Schauspiel und Geklopfe an den richtigen Stellen. Das ist guter, leichter Grusel der alten Schule und überzeugt auf ganzer Linie. Für alle die sich für den Poltergeist Fall interessieren: in den Untiefen des WWW gibt es die Originalvideos mit dem originalen Maurice Grosse.

(8/10)

Sternchen-8

„Marvel’s Luke Cage“ Season 1

Luke Cage, dargestellt von Mike Colter, wurde bereits in der Serie Jessica Jones als vorsichtiger, breitschultriger, schwarzer, muskulöser Mann eingeführt, dessen Geheimnis ist, dass er kugelsicher und enorm stark ist. Der Grund für seine Schweigsamkeit. Denn sowohl mit seinen Fähigkeiten als auch mit seinen Mitmenschen hat er in der Vergangenheit keine guten Erfahrungen gemacht. Was mit ihm nach den Geschehnissen in Jessica Jones Season 1 passiert und wie er zu seinen Fähigkeiten kommt wird in der ihm gewidmeten Serie erklärt. Darin kehrt er nach Harlem zurück, in die Gegend in der er aufgewachsen ist. Er arbeitet für den stadtbekannten Friseur Henry „Pop“ Hunter (Frankie Faison) als Mädchen für Alles. Aber nachts auch als Tellerwäscher im Harlems Paradise, dem Nachtclub von Cornell „Cottonmouth“ Stokes (Mahershala Ali). Der baut sich ein mafiöses System in Harlem auf, dass einige Opfer fordert – darunter Menschen die Luke nahe standen. Er entscheidet sich seine Fähigkeiten zu nutzen und in Harlem aufzuräumen und die unsichtbaren, korrupten Netze zu zerstören. Die liegen aber viel tiefer als anfänglich gedacht und durchziehen selbst die Lokalpolitik am Beispiel der Stadträtin Mariah Dillard (Alfre Woodard). Ihm zur Seite stehen u.a. die toughe Polizistin Mercedes „Misty“ Knight (Simone Missick). Aber sein persönlicher Feldzug wird schnell zu einer Hetzjagd gegen ihn.

Luke Cage ist ein weiterer Emporkömmling der Netflix-Serien, die dem Marvel Cinematic Universe (MCU) angehören. Wie bereits in den anderen, früher veröffentlichten Serien wie Daredevil und Jessica Jones wird hier konsequent die Geschichte und der Ursprung der Helden offengelegt, um sie demnächst zusammen als The Defenders ins Rennen zu schicken. Dabei sind sie konsequenter und rauer als die MCU-Filme um Thor und Iron Man. Sie erwähnen zwar die Geschehnisse der Avengers-Filme nebenbei, aber man muss sie keineswegs kennen um der Serie folgen zu können. Bisher ist es auch kein Problem den Serienstaffeln zu folgen, wenn man andere Helden wie Daredevil noch nicht kennt. Man kann die Staffeln losgelöst voneinander schauen. Es entgehen einem lediglich kleine Randbemerkungen. Damit haben die Serien bisher perfekt den Spagat geschafft zwischen eigenständiger Handlung und Einbettung in ein übergreifendes Franchise. Klar: irgendwann in der Zukunft funktioniert das wahrscheinlich nicht mehr. Bei Luke Cage schon. Und hier gelingt noch etwas anderes: die Serie ist konsequentes Anti-White-Washing. Wie in keiner anderen wurde der Cast durchweg aus schwarzen Darstellern oder welchen anderer Ethnien zusammengesetzt. Genauso wie bei Jessica Jones Frauen die vielschichtigen Hauptrollen ausmachen, wurde hier wortwörtlich Farbe bekannt. Die Serie greift den angeblich vorgezeichneten Weg vieler Jugendlicher in den Straßen von Harlem auf, die Bemühungen das Richtige zutun und das Zusammengehörigkeits-Gefühl der Cliquen, die in ihrem Stadtteil zusammen aufgewachsen sind. Zweifelhafte, korrupte oder mafiöse Rollenbilder und der Gangster-Stereotyp treffen auf Vorreiter der schwarzen Freiheits-Bewegung – alle sind sie auf der Suche nach ihrer eigenen Befreiung und Emanzipation. Manche werden das, was sie nie werden wollten, andere lehnen sich wider allen Umständen auf. Die Serie hat so ziemlich alles zu bieten und das auch noch in vielschichtigen Charakteren. Selbst Rap & die Hip-Hop-Szene bekommen ihre fünf Minuten Ruhm in den Folgen, wenn wechselnde Interpreten in Harlems Paradise auftreten. Auch der Figur Luke Cage wurde Tribut gezollt und eine Modernisierung des Hero for Hire vorgenommen. Aber mit Anspielungen auf seinen Comic-Ursprung. Man erinnere sich nur an die Szene in der er aus dem Gefängnis ausbricht und eine gelbe Bluse klaut, noch mit Ketten an den Händen. Eine Hommage an den Comic. Die Zweiteilung der Handlung gelingt zwar und es wird in der zweiten Hälfte nochmal um ein vielfaches spannender, aber die Einführung des zweiten großen Gegenspielers Willis Stryker aka Diamondback (Erik LaRay Harvey) gelingt nur bedingt. Das und das vereinzelte hölzerne Schauspielern muss man großzügig übersehen. Aber alleine für den Harlem Spirit und die Diversität hat die Serie ein dickes Lob verdient.

(8/10)

Sternchen-8

Kennt ihr die Serien oder waren sie bisher kaum auf eurem Radar? Was denkt ihr warum Daredevil so gehypt wurde, aber über Luke Cage so wenig gesprochen wird? Nutzt sich die Popularität der Netflix-MCU-Serien langsam ab oder liegts am Thema? Und habt ihr von dem Enfield Poltergeist schon Mal gehört?

Eine Antwort

  1. „The Enfield Haunting“ klingt gut, danke für den Tipp!

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