Serienlandschaft: Kurzreviews – „Dirk Gentlys Holistic Detective Agency“ S1, „Humans“ S1

Ich habe nicht aufgegeben die Serien-Reviews aufzuholen und abzuarbeiten. Heute gehts weiter mit zwei Serien, die mir ausgesprochen gut gefallen haben. Es gilt – wie immer – spoilerfrei für die Staffel, die ich reviewe. Nicht spoilerfrei für vorangegangene Staffeln.

‚Dirk Gentlys Holistic Detective Agency‘ Season 1

Okay, worum gehts hier. Also da ist dieses Hotelzimmer, das verwüstet wurde. Der Millionär Spring ist tot, seine Tochter Lydia Spring (Alison Thornton) verschwunden. Das Kätzchen, nein der Hai, nein das Kätzchen ist enorm wichtig … . Lux Du’Jours Merch gammelt auch noch in irgendeiner Kiste. Rapunzel ist der Schlüssel. Die Maschine! Friedkin sollte endlich das blöde Handbuch und die Berichte lesen. Die Rowdys sind hinter Amanda (Hannah Marks) her – alles ist verbunden. Und genau in dieses Wirrwarr wird Todd Brotzman (Elijah Wood) hineingezogen. Der ist eigentlich nur ein vom Leben gebeutelter Typ, der als Page arbeitet und irgendwie versucht über die Runden zu kommen und für sich und seine Schwester Amanda zu sorgen. Als in dem Hotel in dem er arbeitet ein mysteriöser Mord stattfindet und er für den Bruchteil einer Sekunde sich selbst begegnet (undzwar einem sehr lädierten Todd), fängt es an verrückt zu werden. Er begegnet dem selbst-ernannten Detektiv Dirk Gently (Samuel Barnett), der eine holistische Detektei hat. Das Prinzip des Ganzen beruht darauf, dass alles miteinander verbunden ist und sich alles von selber fügt, solange man sich darauf einlässt. Da Todd in das Geschehen gezogen wird, ist es für Dirk von der ersten Sekunde an klar, dass Todd sein Assistent werden muss. Sie beginnen in dem Fall der verschwundenen Lydia Spring zu ermitteln, deren schwer-reicher Vater kürzlich umgebracht wurde. Das bringt sie mit der Personenschützerin der Familie Spring zusammen: Farah (Jade Eshete). Die Puzzleteile sind aber mehr als verworren. Und als sich vor Todds Augen die verstreuten und wahnwitzigen Hinweise fügen, hat er den Eindruck, dass da tatsächlich was dran ist an dem Nonsense den Dirk redet. Schwierig, denn hinter Dirk ist auch die holistische Attentäterin Bart (Fiona Dourif) hinterher, die der Überzeugung ist, dass alle die sie tötet, getötet werden müssen. Weil … alles ist verbunden. Klar, oder?

Bei dieser Zusammenfassung fehlen noch enorm viele Akteure, die in das Geschehen hineingezogen werden. Beispielsweise die CIA-Agenten, die hinter Dirk her sind oder die Rowdys, die ähnlich wie Dirk und Bart irgendwas mit der CIA zutun haben. Die ersten Folgen fühlen sich wie ein aberwitziges Feuerwerk von Gags und unmöglichen Situationen an, in denen übermenschliches und paranormales mit der Realität ziemlich schmerzhaft kollidiert. Aber es ist tatsächlich so, dass alles zusammengefügt wird und beginnt Sinn zu ergeben. Eben wie ein Zerrbild, dass entzerrt wird oder ein Puzzle, in dem man nach und nach das Bild erkennen kann. Dabei ist die Suche nach den Hinweisen maßgeblich durch Dirks unerschütterliches Vertrauen in den Zufall und das Schicksal geschuldet und mündet schon Mal darin, dass man beim Graben nach einem Schatz halt stundenlang willkürlich Löcher graben muss. Situationskomik garantiert. Todd kommentiert das ganze schwarzhumorig und satirisch und es ist einfach saukomisch. Aber auch dramatisch. Wie sein Leben von diesen Zufällen zerrupft und durcheinander gebracht wird, tut schon etwas weh. Der Ton der Serie ist deutlich Comedy und Sci-Fi. Fans von Detektiv-Geschichten kommen auch auf ihre Kosten, wobei das Gesehene deutlich mehr in die Richtung Sci-Fi und Mystery driftet. Für einen klassischen Krimi ist das Gesehen zu over-the-top. Die Charaktere sind liebenswert schräg und Antihelden durch und durch. Es gibt raue, verrückte, derbe, lustige, nichtsnutzige – aber es gibt keine klassischen Helden. Die Serie ist für Leute, die verzwickte Storys, absurden Humor und ein bisschen Gerede von Schicksal mögen und ihre Protagonisten am liebsten als liebenswerte Antihelden haben. Große Empfehlung ohne Einschränkung.

(10/10)

Sternchen-10

„Dirk Gentlys holistische Detektei | Trailer [HD] | Netflix“, via Netflix Deutschland, Österreich und Schweiz (Youtube)

‚Humans‘ Staffel 1

Humans ist ein amerikanisch-britisches-Remake der schwedischen Serie Äkta människor, die in Deutschland unter dem Titel Real Humans erschien. Sie spielt in einer nahen Zukunft, in der menschenähnliche Roboter die Aufgaben des täglichen Lebens übernommen haben. Fast jeder hat einen solchen ‚Synthetic‘ bzw. ‚Synth‘ genannten Androiden als Haushaltshilfe oder Unterstützung zur Pflege von beispielsweise alten Menschen. Aber der Fortschritt hat auch seine dunklen Seiten. Androiden werden als Prostituierte genutzt, sie werden gestohlen und umgerüstet oder gehackt und viele Leute hassen sie, weil sie der Meinung sind, dass sie ihnen Arbeitsplätze wegnehmen. Inmitten des Geschehens finden sich eine handvoll Androiden wieder, die ein Bewusstsein haben, aber aufgegriffen und umgerüstet werden, nichtsahnend, dass sie empfinden wie Menschen. Eine von ihnen landet als Haushaltshilfe bei einer Familie, eine andere als Prostituierte und ein anderer als einfacher Service-Bot. Ihre Freunde versuchen verzweifelt sie zu finden und hoffen, dass ihre Gedankenwelt und ihr Bewusstsein nicht überschrieben wurden. Derweil sind aber die Staatsorgane auf sie aufmerksam geworden und wollen sie untersuchen oder sogar zerstören.

Humans ist eine ausgezeichnete Low-Sci-Fi-Serie, in der sich allerdings schmerzhaft zeigt wie Stoffe um KI und Roboter am besten vermarktet werden. In Trailern wird beispielsweise die Handlung so dargestellt, als ob von den Synths mit Bewusstsein eine Gefahr ausgeht und die Trailer werden so geschnitten, dass unheimliche Szenen überwiegen. Verkauft sich wohl am besten, was? Tatsächlich geht es aber sehr viel um größere Themen. Zum Beispiel, darum was es heißt ein Mensch zu sein. Um Respekt und Vorsicht im Umgang mit Technik. Die Serie ist deutlich mehr ein Drama als ein Horrorszenario, denn es spiegelt auch wider wie sehr sich Menschen, die einsam sind, beispielsweise an einen Synth binden oder den Bezug zur Realität verlieren. Mehr noch: anhand der Synths wird die Angst vor dem Unbekannten demonstriert und greift damit in einem gekonnt neuen Gewand alte Konflikte auf. Schafft aber auch neue. So muss man sich als Zuschauer auch fragen: ist es denn schlimm, wenn man sich an einen Synth bindet und emotional ihm gegenüber wird, Mitgefühl entwickelt und auf ihn projiziert, was ihm fehlt? Beispielsweise jemand zum reden? Was das betrifft, hat das Remake gekonnt beim Original abgeguckt. Obwohl ich die schwedische Serie nicht kenne, habe ich aber den Eindruck, dass das Remake in punkto Optik etwas gelungener ist. Just a guess. Was den Zuschauer noch mehr involviert ist neben der Frage nach der Herkunft der Synths mit Bewusstsein auch das Zusammenspiel mit den verschiedenen Menschen, die wir kennenlernen. Beispielsweise die Geschichte des Detective Pete Drummond, der Synths nicht viel abgewinnen kann, seit seine Frau mehr Zeit mit einem verbringt als mit ihm. Oder auch die Geschichte des Wissenschaftlers Dr. Millican, der im Ruhestand ist und sich auf keinen Fall von seinem Synth Odi trennen will. Deren Geschichten wirken anfangs noch wie einfach aneinandergereihte Situationen über Menschen und ihren Umgang mit dieser schönen neuen Welt. Nach und nach werden sich aber ihre Wege kreuzen. Der einzige kleine Makel ist die wie immer etwas romantische Darstellung von IT und Technik. Den sich verändernden Code, der sich selber auf dem Laptop verzerrt darstellt ist ziemlicher Blödsinn. Es hätte niemandem weh getan so einen Quatsch einfach wegzulassen.

(8/10)

„Humans | Series 1 Trailer“, via Channel 4 (Youtube)

Sternchen-8

‚Dirk Gentlys Holistic Detective Agency‘ ist von 0 auf 100 eine meiner neuen Lieblingsserien geworden und das wurde Zeit, dass was nachkommt, denn 2015 und 2016 wurden einige abgeschlossen oder abgesetzt. Ich liebe diese verworrene Story und es kann nicht schaden, wenn man mal ein bisschen mitdenken und miträtseln muss bei einer Serie. Außerdem ist es in einem erträglichen Ausmaß durcheinander, auch wenn man im www schon andere Stimmen hört. Hat jemand da draußen die beiden Serien schon gesehen? Und kennt ihr das schwedische Original ‚Real Humans‘? Ich habe es damals leider im deutschen Free-TV verpasst und wollte anfangs das Remake boykottieren, weil ich den Trend Serien zu remaken sehr schlimm und unnötig finde. Aber wenn ich mir jetzt Bilder vom sehr kitschigen und übertrieben Look von ‚Real Humans‘ ansehe, bin ich etwas weniger trauriger, dass ich es verpasst habe. Oder täuscht der Eindruck?

Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).

7 Antworten

  1. Dirk Gently ist do dermaßen irre und wahnsinnig, dass ich die direkt mal zu meiner Lieblingsserie des letzten Jahres auserkoren habe. Auch wenn es mit der Vorlage nicht mehr viel zu tun hat, bin ich mir ziemlich sicher, dass Douglas Adams es geliebt hätte. So muss man halt Vorlagen umsetzen, die von Vornherein zum Scheitern verurteilt sind. Man nimmt die Grundidee und macht etwas eigenes daraus. Passiert viel zu selten.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Geht mir ähnlich, wobei sie glaube ich nicht direkt Platz 1 meiner TOP-Liste gestürmt hat, aber sie ist zumindest weit oben 🙂 So herrlich schräg und so ein aberwitziges Tempo und die ganzen Verstrickungen, super! Aber warum sagst du, dass die Vorlage von vornherein zum Scheitern verurteilt ist? Da ich die Vorlage nun eben nicht kenne … was sind denn eigentlich so die Unterschiede?
      Prinzipiell gebe ich dir aber recht. Eine Serie oder ein Film macht manchmal einfach keinen Sinn, wenn er sich 1:1 an die Vorlage hält und kann auch gerne abweichen und was besser machen. Oder eben anders machen.

      1. Bei mir ist der Serienkonsum mittlerweile sehr stark zurückgegangen, da mich kaum noch was anspricht. Da war der Weg zur Spitze für Gently nicht schwierig. Wobei, Shameless hat sie nicht vom Thron gestoßen.
        Die Vorlage ist eher bodenständig und hat mit der Serie nur noch den Titelhelden gemein, der aber auch nicht so „abgedreht“ ist. Es geht in den Büchern eigentlich eher um normale Kriminalfälle. Wirklich keiner der anderen Charaktere aus der Serie existiert in den Büchern. Dazu kommt dann eben der typische Douglas Adams Humor. Der entsteht eher aus dem Schreibstil und ist einfach nicht auf den Bildschirm übertragbar.
        Hast du mal den Anhalter-Film gesehen? Da hat Adams genau aus dem Grund das Drehbuch sehr stark von der Vorlage abweichen lassen.

  2. Real Humans hatte ich tatsächlich damals auf Arte gesehen und fand es gut. Das Remake habe ich mir aber nicht angesehen, weil ich skeptisch, ob da noch irgendwas neues dazu kommt.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ich habe nur ein paar Ausschnitte und BIlder verglichen und habe das Gefühl, dass sie bestimmt nicht viel Neues hinzugefügt haben. Der Look des Remakes ist ganz gut, finde ich. Den Rest kann ich nicht bewerten. Eigentlich finde ich es ja auch schade und schaue normalerweise lieber das Original, einfach um die Sache zu würdigen.

  3. Die holistische Detektei sieht ja mal vom Trailer her genau nach dem aus, was ich gern schauen wollen würde (wenn ich denn Netflix hätte).
    Und ich hab damals „Real Humans“ gesehen. So kitschig war die gar nicht. Aber auch nicht so überragend, das ich mich noch so richtig dran erinnern würde.

  4. […] und das muss ich ganz dringend jeden wissen lassen. Die Serie musste die Lücke füllen, die Dirk Gently’s Holistic Detective Agency hinterlassen hat. Da ich gerade davon gehört hatte, dass es ein Must-See ist, es mir Netflix […]

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