Netzgeflüster: Podcast-Besprechungen – u.a. ‚Alice Isn’t Dead‘ S1, ‚S-Town‘, ‚The Black Tapes‘ S1 & S2, ‚Tanis‘ S1 & S2

Es ist ja hinlänglich bekannt, dass ich süchtig nach Podcasts und zuweilen auch Hörbüchern bin, obwohl ich lange und hartnäckig behauptet habe, dass ich nicht weiß, was ich mit dem gesprochenen Medium anfangen soll. Von kleineren Ausflügen ins Medium mal abgesehen (Serial Season 1). Inzwischen ist das etwas anders … insbesondere in den letzten paar Monaten habe ich einige Podcasts und Hörbücher vom Fleck weg zu Ende gehört. Besonders angefixt bin ich von zusammenhängenden Geschichten oder größeren Universen wie in Welcome to Night Vale. Und von der Sorte habe ich einige gehört und sage heute mal ein paar Sätze dazu. Die Webseiten der Podcasts, auf denen ihr sie hören könnt, sind jeweils im Absatz verlinkt. Besprechungen sind spoilerfrei.

‚Alice isn’t dead‘ Season 1

Alice Isn’t Dead ist von denselben Machern wie Welcome to Night Vale, bei den ersten Sekunden ist aber noch nicht ganz klar, was hier los ist. Statisches Knacken in der Leitung? Monolog? Hm? Der Podcast handelt von einer (anfangs) namenlosen Erzählerin, die mit ihrem Truck durch verschiedenste Teile Amerikas düst auf der Suche nach ihrer Frau, Alice. Alice ist vor einer Weile verschwunden, aber unsere Erzählerin hat sie in Fernsehberichten gesehen und hat daher die grausame Erkenntnis: Alice isn’t dead. In ihrem Truck schickt sie sowas wie ein Tagebuch, einen Monolog, per Funk in den Äther. Desto länger sie aber fährt, desto mehr seltsame Begegnungen hat sie. Und manche Orte in den USA sind grauenerregend. Der Horror in Alice Isn’t Dead ist manchmal sehr unterschwellig, manchmal kaum merkbar, manche Episoden sind eher emotional und ruhig. Aber wenn eine Episode creepy ist, dann so richtig. Meine Lieblingsepisoden der ersten Staffel sind Episode 4 „The Fractory by the Sea“ und Episode 5 „Signs & Wonders“. So innovativ aber die eigenständigen Episoden sind, so wenig innovativ ist leider das Ende der Season. Da fühlt man sich an einen x-beliebigen Hollywood-Schinken und 0815-Thriller erinnert, in dem der big player zum Schluss den Tag rettet. Der Weg bis dahin war aber echt gut.

‚S-Town‘

Auf S-Town bin ich aufmerksam geworden, weil er von den Produzenten von Serial stammt. Die Prämisse der Serie ist erstmal interessant: der Journalist und Host des Podcasts Brian Reed erzählt darin von seinem Aufeinandertreffen mit John B. McLemore, der ihn dazu auffordert gegen seine Heimatstadt Woodstock, Alabama und die Korruption dort zu ermitteln. Er nennt Woodstock liebevoll Shit-Town, woraus sich der Name des Podcasts ableitet. Es ist aber unklar, ob es überhaupt wirklich etwas für Reed zu ermitteln gibt. Trotzdem beschäftigt er sich mit McLemore und Woodstock. Was als möglicher true crime podcast beginnt, wird letzten Endes das sehr persönliche Portrait über einen Mann und die Gesellschaft, in der er aufgewachsen ist und sich ein dichtes Geflecht aus Einsamkeit und verpassten Chancen geschaffen hat. S-Town wird also eher so etwas wie ein Drama, das den Hörer dazu auffordert sich eine Meinung zu bilden und alle Schattierungen zwischen Schwarz und Weiß zu betrachten. Es geht um die Underdogs und die Leute, über die die Nachbarn schlecht reden und darum mal ein paar Meilen in ihren Schuhen zu laufen. S-Town ist ziemlich kontrovers, da es u.a. das Thema Homosexualität in ländlichen und abgeschiedenen Gegenden Amerikas behandelt, wo die Mehrheit der Bevölkerung weniger aufgeschlossen ist als andere. Andererseits will der Podcasts aber den Blick gegen Vorurteile schärfen. Und ködert den Hörer anfangs mit einer true crime story. Es ist also durchaus möglich während des Hörens fünf Mal seine Meinung über den Podcast zu ändern. Letzten Endes hat er mich aber sehr berührt. Und aus fachlicher Sicht muss ich hier mal noch anmerken, dass S-Town das beste Social Media Konzept und die beste Webseite hat, die mir seit langem untergekommen sind.

‚The Black Tapes‘ S1 & S2

The Black Tapes hat mich tatsächlich dazu gebracht mich abends umzuschauen, wenn ich alleine bin und den Podcast höre. Der Podcast stammt aus dem Hause Pacific Northwest Stories und erzählt von Alex Reagan (Beth Alm?), die zu Beginn der ersten Season auf Leute trifft, die paranormale Vorkommnisse faken und sich fragt: wer macht sowas? Warum? Sie trifft infolge dessen auf den Wissenschaftler Dr Richard Strand, der ein Berufs-Skeptiker ist. Er widerlegt vermeintliche paranormale Ereignisse, hat aber sogenannte Black Tapes. Das sind Vorfälle, die er nicht widerlegen konnte. Alex widmet sich diesen Fällen und deckt auch in Strands Vergangenheit einige Ungereimtheiten auf. Das Skeptiker-Setting sorgt in den ersten paar Episoden dafür, dass man wirklich denken könnte, dass der Podcast real ist. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt fällt der Groschen. Dabei hilft u.a. auch der Twitter Account von bspw. Richard Strand 😉 Obwohl ich die Idee witzig finde und sie für Immersion sorgt. Mir gefällt wie The Black Tapes lange Zeit Raum für alle Möglichkeiten lässt: dass die Vorfälle fake sein könnten, aber auch dass sie real sein könnten. Mir gefiel The Black Tapes auch noch als alle möglichen Vorfälle in Staffel zwei zusammenlaufen und zu einer großen Verschwörung münden, aber danach wurde es etwas schwierig. Und jetzt ist Pause. Hmpf. Schauen wir mal. So oder so war The Black Tapes Season 1 einer der für mich sympathischsten und gruseligsten Podcasts, die ich in letzter Zeit gehört habe.

‚Tanis‘ S1 & S2

Anfangs ist es nicht klar: Ist Tanis ein sagenumwobener Ort, eine Person? In jedem Fall ist es ein Mythos, der dem Host der Sendung „Nic Silver“ mehrmals über den Weg läuft. Desto mehr er aber recherchiert, desto mehr gerät er in ein dichtes Netz an Spuren. Und letztes Endes ist er wortwörtlich mittendrin. Die letzten Episoden der ersten Staffel hatten mich wirklich und ich empfand sie als enorm spannend. Tanis weckt den Entdeckergeist: Mythen, verwunschene Orte, Rätsel, keine Informationen im Internet, kodierte Nachrichten, ewiges Leben? Und auch hier wird die auch aus Black Tapes bekannte Taktik gefahren, dass man denken könnte,
dass der Podcast echt ist. In Staffel 1 hatte mich diese Mischung absolut. In der zweiten wird Tanis etwas konfus. Viele Menschen mit undursichtigen Motiven, noch mehr Rätsel, noch mehr Geheimniskrämerei und ein Host, der sich hypnotisieren lassen muss. Ich weiß nicht. Es ist wie bei vielen TV-Serien: wenn das Rätsel für eine Staffel konzipiert war, gelingt das Verdünnen und Strecken der Geschichte oftmals nicht mehr.

„TANIS EPISODE 101 Seeking Tanis Runner Available“, via TANIS PODCAST (Youtube)

andere Beiträge im Blog zum Thema Podcast:

Das gehörte Wort … zwei großartige Podcasts: „The Orbiting Human Circus“ und „Within the Wires“
Netzgeflüster: Podcast-Empfehlungen
Netzgeflüster: „Serial“ Podcast Review

Dass ‚Tanis‘, ‚The Black Tapes‘ und weitere im selben Universum spielen ist ziemlich witzig. So kommt Nic Silver aus Tanis in mehreren Podcasts früher oder später mal zu Wort. Auch wenn ich die Podcasts nicht alle qualitativ gleichwertig finde, hat das irgendwie das Zeug dazu Kult zu werden. Inzwischen kann ich aber die Werbung für Socken und Briefmarken fast schon mitsprechen, die ist nämlich in fast allen dieser Podcasts dieselbe, weil: selbe Sponsoren. Tatsächlich bin ich mir im Unklaren darüber, ob ich ‚Tanis‘ weiterhöre, weil es mir etwas zu konfus wird, zuviele nebulöse Charaktere gibt, etc. Zu ‚Rabbits‘ finde ich trotz des Gaming-Themas auch wenig Zugang. ‚Alice isn’t dead‘ Season 2 wärmt mir die erste Staffel zu sehr auf … man kann sagen mir fehlt Nachschub. Ich habe angefangen ‚Welcome to the magic tavern‘ zu hören, was mich bei Laune hält. Und auch manchmal ‚The Moth‘. Aber trotzdem … da muss Nachschub her. Deswegen seid ihr gefragt: Welche Podcasts könnt ihr empfehlen? Und kennt ihr die Podcasts, die ich hier bespreche? Wie gefallen sie euch? Seid ihr in S-Town mit dem plötzlichen Wandel des Themas klargekommen?

Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen rund um IT, Forschung, Netzwelt, Internet und eben auch Gerüchten widme. 🙂

Eine Antwort

  1. […] einige Male dazu mich umzuschauen, ob ich wirklich alleine bin Über The Black Tapes habe ich hier schon mal ausführlicher […]

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