Neulich im Kino … Filmbesprechung zu „Loving“

Ruth Negga, zuletzt gesehen in Preacher, und Joel Edgerton (u.a. Exodus, The Gift) haben sich irgendwie in mein Herz gespielt. Ruth Negga ist wahnsinnig cool und Edgerton kann scheinbar irgendwie alles spielen und doch fliegen beide noch ein wenig unter dem Radar der breiten Masse. Umso mehr freut es mich die Beiden in einem gemeinsamen Film zu sehen, auch wenn ich erst zur Verkündung der Oscar-Nominierungen so wirklich auf Jeff Nichols Film aufmerksam wurde, der zwar in den USA der 60er Jahre angesiedelt ist, aber brandaktuell wirkt. Review ist spoilerfrei.

Erst letzte Woche wurde die Ehe für alle in Deutschland zum Gesetz gemacht. Das fördert möglicherweise nicht die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Paare in den Köpfen der Allgemeinheit, aber vor dem Recht. Das ist schon mal ein großer Schritt, wenn man keine gerichtliche Verfolgung zu befürchten hat, im Krankenhaus im Ernstfall eine Auskunft über den Anderen bekommt und vor einem höheren Gremium bestätigt bekommt: ihr gehört von nun an zusammen und keiner kann das bestreiten. Eigentlich kaum zu glauben, dass das immer noch ein Thema ist. Jeff Nichols Film Loving spielt in den USA der 1960er Jahre und zeigt, dass in der Geschichte viele Annahmen, Gesetze und Meinungen dazu führten, dass Liebende nicht zusammen sein durften. So irreal das heute erscheint. Es ist genauso wahr wie der Fall von Mildred und Richard Loving. Sie, eine Afroamerikanerin, und er, ein Weißer, heirateten in Washington. Dort ist eine Mischehe legal. Mischehe – vollkommen überflüssiges Wort, kommt einem vor wie aus Orwells 1984. Allerdings ist die Ehe nicht legal in Virginia, wo die beiden wohnen. Dem Zuschauer ist das im ersten Moment nicht klar, aber den Lovings. Mit dem Moment, wo sie die Grenze übertreten haben, machten sie sich strafbar. Ehe sollte aber kein Privileg sein. Es sollte natürlich für zwei Menschen sein, sich Mr & Mrs Loving nennen zu dürfen.

„Loving Official Trailer 1 (2016) – Joel Edgerton Movie“, via Movieclips Trailers (Youtube)

Die unterschiedliche Hautfarbe ist das Kriterium, dass die beiden in den Köpfen der Menschen Virginias als widerlich und ihre Verbindung als abartig brandmarkt. Sie werden verhaftet. Mildred muss mehrere Tage im Knast bleiben, obwohl sie sogar schwanger ist. Und das alles weil zwei erwachsene, mündige Menschen sich lieben und zusammen sein wollen. Ruth Negga wurde für ihre Darstellung von Mildred Loving mit einer Oscarnominierung geehrt. Sie stellt Mildred als unterwürfig und treu dar, man kann selten erahnen, was in ihr vorgeht. Allgemein lässt sich der Film wenig in die Karten schauen. Dem Zuschauer wird wenig Assistenz geleistet. Man erahnt es spätestens als man die Reaktionen anderer auf die Hochzeit von Mildred und Richard beobachtet, dass ausgerechnet da wo sie wohnen eine Mischehe illegal ist. Wer hat sie wohl verpfiffen? Erst später wird klar, dass es entweder jemand aus nächster Nähe sein muss oder zumindest jemand, der das Haus der Familie beobachtet. Vieles ergibt sich für den Zuschauer aus dem Zusehen, ohne dass es gesagt werden muss, trotzdem ‚erzählt‘ der Film einen Hauch zu wenig, wirkt aber in Konsequenz echter. So spürbar und rührend ist die Liebe der Beiden zu Beginn des Films und so eingeschüchtert und verhärmt sind beide später. Joel Edgerton als wortkarger Richard hätte meines Erachtens nach auch eine Nominierung für den Goldjungen verdient. Denn Richard versteht die Welt nicht, die ihm erklärt, dass es irgendwie falsch sein soll, dass er Mildred liebt und geheiratet hat. Edgerton zeigt mit jeder Faser und seiner ganzen Aura wie irritierend das für ihn ist, er die Welt nicht mehr versteht, während Ruth Negga eine Mischung aus bescheidenem Stolz und Duck-Mentalität an den Tag legt. Beide machen zu jeder Zeit deutlich und wunderbar menschlich, dass sie einfache Leute wie jeder von uns sind, keine großen Sprünge machen können, bescheiden leben, aber wenigstens so leben wollen wie andere es auch dürfen. Sie bringen ihren Fall erneut vor Gericht. Es ist nicht die erste Verfilmung der wahren Begebenheit, des Falls Loving gegen Virginia. Selten hatte ein Filmtitel eine so schöne Doppeldeutigkeit und so ein starkes Statement. Es geht um Liebe und speziell um den Namen, den beiden legal und offen tragen wollen. Loving. Jeff Nichols hat die Geschichte angemessen ruhig, dramatisch und unverkitscht inszeniert, aber leider in der ersten Hälfte mit einer lähmenden Langatmigkeit. Nichols-Lieblingsheld Michael Shannon (Take Shelter, Midnight Special) darf übrigens auch mit von der Partie sein, er hat eine kleine Rolle im Film.

Loving, USA, 2016, Jeff Nichols, 123 min, (7/10)

Sternchen-7

Man merkt … dramaturgisch hat mich der Film nicht überzeugt. Nichols und ich haben scheinbar einen guten Start gehabt, aber es ging nicht so überzeugend weiter. ‚Take Shelter‘ war für mich ein großartiges Indie-Spektakel. Aber alles was danach kam hat für mich große erzählerische Mängel. Leider auch ‚Loving‘. Umso stärker sind aber die Charaktere und die wahre Begebenheit an sich. #LoveWins(?). Habt ihr den Film schon gesehen? Wenn ja, wie hat er euch gefallen?

Eine Antwort

  1. Ich habe den Film (noch) nicht gesehen, habe ihn aber auch auf meiner Watchlist. Ich habe vom Trailer her schon fast geahnt, was du beschreibst, nämlich, dass der Film stellenweise recht langatmig ist. Bei Gelegenheit werde ich ihn mir aber dennoch anschauen, weil es eine wichtige Geschichte ist, die man sich mal ansehen sollte, denke ich.

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