Das gehörte Wort … „Der Schatten aus der Zeit“ von H.P. Lovecraft – Hörbuch-Besprechung

Ja, ich bin es noch nicht müde geworden. „Der Schatten aus der Zeit“ ist mein inzwischen sechstes Hörbuch aus der H.P. Lovecraft-Hörbuch-Reihe „Bibliothek des Schreckens“. Der Titel hat mich auch sehr neugierig gemacht. Allerdings merke ich auch, dass sich mein H.P. Lovecraft-Hörbuch-Projekt langsam dem Ende entgegen neigt. Da ich ja ungeduldig war und zwischendurch bereits Hörbuch Nr. 8 gehört habe, bleiben noch drei und damit werde ich bis Ende des Jahres beschäftigt sein. War das dann also für mich ein H.P. Lovecraft Jahr? So wird es wohl sein. Danach sollte aber mal was von ihm gelesen werden … stellt sich nur die Frage was. Etwas, dass ich dann als Hörbuch schon kenne? Oder etwas anderes? Mal sehen. Heute geht es erstmal um das Hörbuch „Der Schatten aus der Zeit“ aus „H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens“ Nummer 5. Weitestgehend spoilerfrei.

Der Schatten aus der Zeit erzählt die Geschichte Nathaniel Wingate Peaslees. Er ist Dozent für Volkswirtschaftslehre an der Miskatonic Universität (wo sonst 😉 ) und fällt eines Tages noch während einer Vorlesung vor versammelter Mannschaft in Ohnmacht. Besser gesagt in ein Koma. Als er einige Zeit später aufwacht, scheint er für seine Angehörigen ein anderer Mensch zu sein. Es wirkt mehr so, als würde jemand versuchen Nathaniel Wingate Peaslee zu imitieren oder als hätte er sein Gedächtnis verloren und würde selber versuchen sich zu imitieren. Diese Schein-Normalität ist ähnlich wie ein Uncanny Valley gruseliger als ein normaler Gedächtnisverlust und seine Familie distanziert sich von ihm. Sein Zustand wird von vielen als eine gespaltene Persönlichkeit betrachtet. Jahre später wacht Nathaniel auf und ist wieder er selbst. An die letzten Jahre kann er sich nicht erinnern und bekommt erzählt, was sich zugetragen hat. Hier entfaltet sich eine erste Facette des vielschichtigen Horrors der Erzählung: Nathaniel steht vor den Scherben seines Lebens, obwohl er in seiner Erinnerung gerade eben eine Vorlesung gehalten hat und alles normal war. Plötzlich ist aber nichts mehr normal.

Während er sich also erzählen lässt, was er in den letzten Jahren getrieben hat, erkennt er sich in diesen Handlungen nicht wieder. Eine unheimliche Vorstellung. Wer bin ich? Wer war ich? Oder viel mehr: wer war in mir? Gleichzeitig bekommt er Visionen und Träume, die Aufschluss darüber geben, was mit ihm in den Jahren passiert ist. Man darf an der Stelle nicht zuviel verraten, um nicht all die Spannung des Stoffs vorwegzunehmen, nur soviel: H.P. Lovecraft schafft mit seiner Erzählung einen frühen Vertreter des Body Horrors, der für die damalige Zeit sehr fortschrittlich anmutet und bis zur letzten Minute coole Twists und Ideen hat. Leider sind die wie auch schon bei Der Flüsterer im Dunkeln aber etwas vorhersehbar, was mich etwas ins Wanken bringt. Dass die Ideen genial sind, ist aber unbestritten.

Bereits im letzten Artikel habe ich schon mal die wiederkehrenden Motive angesprochen. Auch hier gibt es einige davon wie den Gedächtnisverlust, außerdem den Verlust der Selbstbestimmung über den eigenen Körper und Horror, der uns in ganz andere Kapitel der Geschichte entführt und anfangs extraterrestrisch anmutet. Außerdem natürlich wieder einige Schauplätze … an der Miskatonic Universität muss ganz schön was los sein. Ihre Studenten haben einiges auf Lager an dunklen Familiengeschichten und ihre Professoren fallen in Ohnmacht und wachen scheinbar als jemand anderes auf. 😉 Ich frage mich wie oft das so passiert ist und ob das nicht irgendwann jemandem aufgefallen wäre. Um aber wirklich tief in den H.P. Lovecraft Kosmos einzutauchen, muss man scheinbar entweder alles von ihm gelesen haben oder etwas Recherche betreiben. Bereits bei Der Flüsterer im Dunkeln wurden nicht die Namen der Wesen genannt, mit denen man es zutun hat. Auch bei Der Schatten aus der Zeit wird der Name (wenn ich mich recht erinnere) nicht genannt, sondern es ist nur die Rede von der Großen Rasse. Ein bisschen Recherche ergibt, dass es sich dabei um die große Rasse von Yith handelt, aber um Spoiler zu vermeiden, gehe ich mal nicht näher darauf ein. Stattdessen frage ich mich, ob ich die Details durch andere Geschichte noch mitbekomme(n hätte)? Weitere (Hör)Bücher bringen vielleicht die Antwort.

Zu den bisherigen Lovecraft-Hörbuch-Besprechungen:

„Der Cthulhu Mythos“ (H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens #1)
„Necronomicon – Horrorgeschichten von H.P. Lovecraft“ (H.P. Lovecrafts Bib. d. Schreckens #8)
„Der Schatten über Innsmouth“ (H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens #2)
„Das Ding auf der Schwelle & Die Ratten im Gemäuer“ (H.P. Lovecrafts Bib. d. Schreckens #3)
„Der Flüsterer im Dunkeln“ (H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens #4)

An die H.P. Lovecraft-Bewanderten unter euch: werden die in „Der Flüsterer im Dunkeln“ erwähnten Wesen und die hier erwähnten auch noch irgendwann anders referenziert oder muss ich weiter mein Wissen aus H.P. Lovecraft Wikis beziehen? Bis jetzt griff alles gut ineinander und im Prinzip kann man auch ohne dieses Wissen weiterleben, aber interessant wäre es schon zu wissen. Kennt ihr „Der Schatten aus der Zeit“? Und wenn ja, wie hat es euch gefallen?

2 Antworten

  1. Brrr, Horror ist ja eh nicht so mein Genre und dieses in Frage stellen der eigenen Person erst recht nicht.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ja, das war auch der Gedanke, den ich faszinierender fand als das extraterrestrische/kosmische an dem Roman. Der Verlust der eigenen Identität schürt Ur-Ängste. Funktioniert auch noch super im digitalen Zeitalter …

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