Serien-Besprechung: „Death Note“ & „Die Stadt in der es mich nicht gibt“ (Anime)

Ich bin zur Zeit im Anime-Fieber. Warum dann nicht auch hier über Anime reden? Der gemeinsame Nenner der heute hier besprochenen Serien ist, dass sie erstens Anime sind und zweitens sehr sehr spannend. Sie gehören dem Genre Thriller an, der eine mit Fantasy-Einflüssen, der andere mit einem Schlag Drama. Es geht um die Anime-Umsetzung des Erfolgs-Manga ‚Death Note‘, den ich bereits 2017 gesehen habe, aber bisher eine Besprechung schuldig blieb und den sehr gehypten Anime ‚Die Stadt, in der es mich nicht gibt‘ aka ‚Erased‘, dessen Live-Action-Umsetzung derzeit bei Netflix zu sehen ist. Reviews sind spoilerfrei.

Death Note

Der Schüler Light Yagami findet eines Tages ein Notizbuch, das Death Note betitelt ist und worin verschiedene Regeln geschrieben stehen. Angeblich stirbt jeder, dessen Name in das Buch geschrieben wird. Light probiert es mit Verbrechern aus und muss feststellen, dass es funktioniert! Anfangs überwiegt der Schock, aber schnell wächst in seinem Kopf eine Idee, von der er bald vollkommen besessen ist. Er will eine bessere Welt erschaffen, eine Welt ohne Kriminalität. Die plötzliche Mord-Welle an Kriminellen bleibt nicht unentdeckt und die Polizei beginnt zu ermitteln. Allen voran der Detektiv L, der ebenso klug agiert wie Light und dem es schnell gelingt den ominösen „Kira“ genannten Mörder in Japan ausfindig zu machen. Die Schlinge um Lights Hals zieht sich zu und ein Katz- und Maus-Spiel beginnt.

„Death Note (Anime-Trailer)“, via KAZÉ Deutschland (Youtube)

Die smarte Mischung aus Krimi und Fantasy beweist einiges an Köpfchen. Wie L und Light sich gegenseitig versuchen auszutricksen ist eins der besten Elemente des Anime neben der herrlichen Verschrobenheit ihrer Charaktere. Während beispielsweise Light ein gutaussehender Musterschüler ist, ist L ein berechnendes Genie mit seltsamen und morbiden Verhaltensweisen und einem Hang zu Süßigkeiten. Um nur wenige Beispiel zu nennen. Die Animationsqualität hinkt zu Beginn der Serie. Man muss kein Super-Detektiv sein, um sich zu denken, was hinter den Standbildern und schwankenden Animationsstilen der ersten Folgen liegt: erstmal den Erfolg austesten. Spätere Folgen des Anime bis zum fulminanten Finale sind durchweg hoch-qualitativer und dynamischer produziert und verzichten auf Altlasten wie Standbilder- oder mehrfach-verwendete Einstellungen. Einzig Mikamis character design schwankt stark. Aber das ist meckern auf hohem Niveau: der Anime erlaubt es sich nämlich langatmige Passagen des Manga etwas schneller zu erzählen: gute Wahl.

Eine der Stärken der Vorlage wie auch des Anime sind die moralischen Implikationen. Was tun, wenn man diese Macht hat? Ist Light im Recht mit seinem Gedanken Kriminelle zu vollstrecken und seiner Idee das Buch für eine gerechtere Welt zu benutzen?Aber man sollte sich an dieser Stelle die Frage stellen mit welchem Recht man Light zum Richter machen darf. Hat er wirklich die Mittel Schuldige zu erkennen? Ausgerechnet er als guter Junge aus einem angesehenen Haus, dem es an nichts fehlt, fühlt sich dazu berufen. Death Note bietet dafür eine interessante Diskussionsgrundlage und fördert das Detektivspiel nur noch mehr durch die Regeln des Buches und ihres Besitzers, des Todesgottes Ryuk. Ja, genau: Todesgott. Den Fantasy-Anteil des Stoffes muss man akzeptieren können, was einem aber durch Ryuks eigene Verschrobenheit sehr einfach gemacht wird, da die Grenze zu unheimlich nicht fern ist. Die Regeln des Death Note hingegen machen es Light gerade schwer genug, sodass er sich als Kira nicht zu einfach durch die Gegend schnetzeln kann. Death Note ist, auch wenn das Setting nicht so klingt, ein Anime zum Mitdenken.

Es gibt erschreckend wenig, was man abschließend zu Death Note als Kenner des Manga sagen kann, außer: er hält sich penibel an die Vorlage und das macht ihn wahrscheinlich im Gegensatz zu diversen Kinofilmen zu einem Erfolg. Lediglich eine Szene zwischen Light und L, die sich abspielt kurz vor der finalen Entscheidung zwischen den Beiden scheint nicht im Manga zu sein und wirkt leider auch einen Hauch out of character.

(8/10)

Sternchen-8

„Erased – Die Stadt, in der es mich nicht gibt – Teaser (OmU)“, via pep anime (Youtube)

Erased – Die Stadt, in der es mich nicht gibt (Boku dake ga inai machi)

2016 gab es einen großen Hype um den Anime basierend auf einem Manga, der eigentlich schon seit 2012 veröffentlicht wurde. Inzwischen gibt es eine ganze Latte an Adaptionen, u.a. auch als Realfilm (2016) und Serie (2017). Umso gespannter war ich auf den Anime, der hierzulande von Peppermint Anime lizensiert wurde.

Satoru Fujinuma ist ein wenig erfolgreicher Mangaka, der um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten als Pizzalieferant arbeitet. Dabei hat Satoru eine spezielle Gabe, die er geheim hält. Er hat ab und zu ein Revival, d.h. er erlebt eine Situation doppelt und weiß dann, dass gleich etwas schlimmes passieren wird. Meistens hat er eine Ahnung was und versucht es zu verhindern. Eines Tages erinnert er sich an ein Erlebnis aus seiner Kindheit, das er lange verdrängt hat. Eine Reihe von Entführungen und Morden an Kindern als er selber noch zur Grundschule ging. Hätte er es damals verhindern können? Zeitgleich besucht ihn seine Mutter und wird als sie gerade alleine in seiner Wohnung ist niedergestochen. Satoru gilt als Verdächtiger, weil eine Nachbarin ihn am Tatort gesehen hat – eigentlich keine Überraschung, schließlich ist es seine Wohnung. Trotzdem steht Satoru scheinbar vor den Scherben seines Lebens. Angesichts der Tragödie hat er erneut ein Revival. Er wacht als Kind auf zu der Zeit kurz bevor das erste Opfer, das Mädchen Kayo Hinazuki, verschwindet. Und er realisiert: der Mord an seiner Mutter und die damaligen Serienmorde müssen zusammenhängen. Wenn er es dieses Mal schafft sie zu verhindern, überlebt wahrscheinlich auch 20 Jahre später seine Mutter.

Boku dake ga inai machi, so der Originaltitel des Anime, ist eine Wucht. Die Serie vermeidet allzu typische Serien-Manöver, in dem sie Satoru mit den Mitteln eines 10-Jährigen arbeiten lässt. Er wird nicht plötzlich zum Actionheld, sondern überlegt schlau wie er das Geschehen verhindern kann, zum Beispiel indem er sich mit Kayo anfreundet, sodass diese nicht mehr soviel allein unterwegs ist. Seine innere Stimme ist dabei die des 29-Jährigen Satoru, der das Geschehen kommentiert und angesichts seines Wissens über die Zukunft das eine oder andere Mal unbewusst in ein Fettnäpfchen tritt. Ein höchst spannendes Zeitreise-Spektakel, das ganz nebenbei noch sehr ans Herz geht, da Satoru durch seine Freundschaft und Umsicht Kayo möglicherweise nicht nur ein friedlicheres Leben ermöglicht, sondern überhaupt eine Zukunft. Denn was die Serie ganz heimlich nebenbei thematisiert und damit den Zuschauer einige Male erschüttert ist, dass Kayo durch mehrere Täter in Gefahr ist. Stichwort: Kindesmisshandlung.

Wie die Serie mit vermeintlichen Zeitreise-Dilemmata umgeht, ist relativ einfach zu sagen: als ob es sie nicht gibt. Es verfolgt die Theorie, dass Satoru zurückspringen und mit seinen Handlungen die Zukunft ändern kann. Damit erlaubt es sich gegen Ende einige Freiheiten im Kanon der Geschichte, die aber verkaftbar sind. Wobei die mitreißende Serie stattdessen etwas schwächelt ist die Animationsqualität, deren Niveau stark schwankt. Man sieht förmlich, dass andere Zeichner und anderes Budget involviert waren, was idealerweise nicht passieren sollte. Nichtsdestotrotz sind die meisten Folgen auf einem relativ hohen Animationsniveau. Während Satoru aber als Kind sehr gelungen die Fälle im Rahmen seiner Mittel löst, gibt es gegen Ende der Serie noch eine Passage mit dem älteren Satoru, deren Lösungsweg etwas over-the-top-dramatisch und unwahrscheinlich erscheint. Nichtsdestotrotz eine sehr mitreißende Serie, die eine clevere Geschichte einfühlsam erzählt.

(8/10)

Sternchen-8

„Erased – Die Stadt, in der es mich nicht gibt / Opening“, via peppermint anime (Youtube)

Kleiner fun-fact am Rande aus der Kategorie „Die Welt ist klein“. Tatsuya Fujiwara, der in der ersten japanischen ‚Death-Note‘-Verfilmung den Light spielt, ist ebenso der erwachsene Fujinuma in der Verfilmung von ‚Erased‘ aus dem Jahr 2016. Huh. Beide Anime sind übrigens in Deutschland erhältlich mit einer wie ich finde sehr guten Synchro. Death Note lief auf ProSieben Maxx letztes Jahr im Free-TV, wobei es vor Kurzem auch nochmal wiederholt wurde. Kennt ihr die Beiden Anime? Ich finde sie sind recht ordentliche Beispiele für gute Anime und mögliche Einstiegsdrogen für bisherige Anime-Verweiger.

Eine Antwort

  1. „Erased“ Ich habe ja bislang leider nur die Real-Serie gesehen, aber komme noch immer nicht aus dem Schwärmen heraus. Tolle Idee, tolle Charaktere und – zumindest in dieser Verfilmung – angenehm ruhige Erzählweise. Die eine Stelle/Situation am Ende war mir persönlich ein wenig zu viel bzw. war da so oft neu um die Ecke gedacht, dass ich ganz zum Schluss kurz nicht mehr durchgeblickt habe. Ich weiß aber nicht, ob sie das Ende bei Anime und Real-Serie gleich gestaltet haben oder ob sich bei einer Produktion inhaltliche Freiheiten rausgenommen wurden. Auf jeden Fall werde ich mich Manga und Anime auch noch widmen, auch wenn die Qualität beim Anime scheinbar so schwankt.

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