Netzgeflüster: Serien, die IT können … „Mr Robot“

Mein erster Beitrag in dieser Reihe ist schon etwas her – es wird Zeit nachzulegen. In Film und Serien werden IT-Belange gern mal vereinfacht dargestellt. Oftmals ist das ok und v.A. zweckdienlich. In vielen Fällen ist es leider hanebüchen und rettet eine Story, die auch ohne die Hackerkenntnisse des Protagonisten schwach ist. Aber ab und zu gibt es sie, die Lichtschweife am Horizont, die es schaffen Informatik nicht zu einem TV-Trope zu machen. Und da ich Serien und IT liebe, warum nicht vereinen? In dieser Rubrik des Blogs stelle ich ab und zu Serien vor, die „IT können“. Heute mit dabei: Mr Robot. Und spoilerfrei. Tatsächlich.

„Mr Robot“

Elliot Alderson (Rami Malek) ist ein begnadeter IT-Sicherheitsexperte. Er arbeitet zu Beginn der Serie für ein Unternehmen, dessen Kunde E Corp ist. Ein Global Player in fast allen Belangen. Man könnte meinen E Corp hätte ein Monopol auf alles, u.a. Finanzen. Elliots Vater und die Mutter seiner Kindheitsfreundin Angela (Portia Doubleday) wurden vom Krebs dahingerafft als Elliot und Angela noch Kinder waren. Ihre Eltern arbeiteten quasi für E Corp und es gilt als allgemein bekannt, dass die Firma wissentlichen ihre Angestellten gesundheitsschädigenden Substanzen ausgesetzt hat. Aber Beweise gibt es nicht. Für Elliot ist E Corp daher Evil Corp, die Wurzel allen Übels. Er ist eher anarchistisch geprägt. Er hackt die Menschen in seinem Umfeld und er will E Corp an den Kragen.

Dabei steht Elliot aber vor Allem auch sich selbst im Weg. Er leidet unter Angstzuständen und Depressionen. Mit Medikamenten versucht er sich in den Griff zu kriegen, was zu Medikamentenmissbrauch führt. Er verstrickt sich in Drogendelikte, ein Subplot, dem die Serie dankbarerweise recht früh den Hahn zudreht. Aber wenn nicht so, dann wie Linderung verschaffen? Die Therapie allein schafft es nicht. Und so steht Elliot mit seinen Problemen einem großen Vorhaben gegenüber, das nicht selten davon bedroht wird. Er will zusammen mit Mr Robot (Christian Slater) und seiner Schwester Darlene (Carly Chaikin) E Corp hacken. Im Laufe der Serie fordert dieses Unterfangen einige Menschenleben und stellt Elliot vor die Frage, ob es richtig ist, was er tut. Elliots psychische Probleme machen ihn nicht selten zu einem unzuverlässigen Erzähler – ein Motiv, dass die Serie in jeder Staffel clever neu einsetzt und sich bis hin zur aktuellen, dritten Staffel in einen moralischen Konflikt mit zahlreichen politischen Seitenhieben (u.a. auf Donald Trump) zusammenspitzt.

„Mr. Robot Trailer Deutsch– Staffel 1 | Amazon Prime“, via Prime Video DE (Youtube)

Warum kann die Serie IT?

Mr Robot ist quasi DIE Serie, die IT kann. Als sie 2015 das erste Mal über amerikanische Mattscheiben flimmerte, war sie schnell ein Sensationserfolg unter Hardcore-Serienfans, während die breite Masse sich sicherlich von dem Hauch Indie und der Portion Drama abschrecken lässt, genauso wie der Masse an IT-Referenzen. Denn es kann nicht schaden sich selber ein bisschen auszukennen um der Serie zu folgen. Man wird keine schnieken, bunten Oberflächen sehen, in denen in Wirklichkeit simpler HTML-Code ohne wirkliche Bedeutung steht. Hier wird gezeigt wie es wirklich geht, dafür sorgen der Produzent Sam Esmail und die technischen Berater Kor Adana, Marc Rogers, Ryan Kazanciyan, Andre McGregor und Michael Bazzell. Es lohnt sich das eine oder andere Mal während der Folgen die Pause Taste zu drücken. Elliot benutzt freie Betriebssysteme wie Unix-Derivate, teilweise sogar welche die in der Szene dafür bekannt sind alle wichtigen Tools zum hacken und social engineering schon vorinstalliert zu haben. Er sitzt vor einer Konsole, ihr wisst schon: schwarzer Hintergrund, blinkender Cursor, Kommandozeile. Er tippt dort die Befehle ein und selbst Hacker-Leihen wie ich erkennen die einen oder anderen Befehle mit denen er sich remote verbindet, seine Skripte ausführt, etc. Aber große Teile seiner Magie bleiben auch mir verborgen.

Recherche zeigt, dass was wir hier sehen, prinzipiell so oder in ähnlicher Form möglich ist. Das bleibt für Leihen verständlich, da Elliot das Geschehen kommentiert und man die Konsolenmagie sehr begrenzt eingeblendet bekommt. Wer die Tools, Software und Webseiten sucht, die man ab und zu sieht, wird feststellen, dass es sie 1. wirklich gibt oder 2. die Webseiten beispielsweise extra für die Serie angelegt wurden. Die Serie macht darauf aufmerksam wie empfindlich unsere digitale Welt getroffen werden kann. Durch Malware erhaschte Bilder aus der Webcam zum erpressen nutzen, social engineering, Ransomware, Femtozelle als Fake-Provider für Smartphones nutzen um Schadcode einzuschleusen, Smartphones rooten und abhören, die Politik beeinflussen, Smart Houses hacken und deinen Alltag zum Horror machen oder in Fightclub-Manier das Finanzsystem lahmlegen: die digitale Welt kann der Horror sein und Mr Robot zeigt uns woran viele Filme und Serien scheitern: es ist real. Dabei kleidet sich Elliots Hacker-Gruppe fsociety bewusst in ähnlicher Manier wie Anonymous. Not bad. Mr Robot ist eine Serie, die manchmal Konzentration erfordert – man sollte nicht zuviel comic relief erwarten. Aber auch nicht zuviel IT, denn der Drama-Schwerpunkt ist groß. Trotzdem ist es eine außerordentlich gute Serie, die uns unsere wohlig weiche comfort zone des heimischen Wifi hinterfragen lässt.

Zum Weiterlesen über das Prozedere hinter den Kulissen

Wired „HOW THE REAL HACKERS BEHIND MR. ROBOT GET IT SO RIGHT“
MIT Technology Review Mr. Robot Killed the Hollywood Hacker
Inverse Why Mr. 9x Loves Mr. Robot

Zu den bisherigen „Serien, die IT können“ hier im Blog:

Halt and Catch Fire

Kennt ihr „Mr Robot“ oder schaut ihr die Serie? Kennt ihr andere Serien, die IT auf diesem Level zeigen? Ich finde, dass der Spagat hier so gut gelingt wie in wenigen anderen Serien. Dass auch mal die Leute aus der Szene zufrieden sind, ist eine deutliche Botschaft. Woran sich aber auch hier die Geister scheiden ist die Frage, ob die Darstellung der Hacker als Person Sinn macht. Elliot funktioniert häufig nur auf Droge und hat psychische Probleme. Manche finden das realistisch, anderen sagen, dass es das Bild des Computer-Science-Guy verzerrt. Tauscht man möglicherweise einen Stereotyp gegen einen anderen aus? Wie seht ihr das?

Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen rund um IT, Forschung, Netzwelt, Internet und eben auch Gerüchten widme. 🙂

10 Antworten

  1. Die IT Komponenten hab ich zwar meist nicht wirklich verstanden, was aber für das Verstehen der Absichten dahinter nur nebensächlich ist und daher auch für einen Techniklaien wie mich funktioniert. Schauspielerisch ist vor allem Rami Malek großartig und seit „Mr. Robot“ hab ich irgendwie einen kleinen (aber feinen) Crush auf Carly Chaikin…

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Oh das ist interessant – ich dachte immer, dass es relativ verständlich erklärt ist. Dass ich jedes Kommando was sie eingeben durchdringe, würde ich auch nicht behaupten. Aber das große Ganze ist zu verstehen oder? Professionelle Neugier ..
      Carly Chaikin begeistert mich hier auch sehr – obwohl sie für mich auch das einzige Argument war damals ein paar Folgen Suburgatory zu schauen. Und zu Rami Malek: volle Zustimmung.

      1. Ja, das große Ganze ist nachvollziehbar. Natürlich konnte ich mit den Programmierkürzeln so gar nichts anfangen. Da hätte sonstwas stehen können, ich hätte es geglaubt. 😉
        Und Miss Chalkin spielt bei „Suburgatory“ mit? Muss ich wohl doch mal reinschauen.

  2. Ich weiß nicht ob ich an Hacker das Klischee des Computer-Science-Guy anlegen würde. Eine wissenschaftliche Ausbildung ist dafür denke ich gar nicht so wichtig. Wie auch beim Programmieren ist Intelligenz hilfreich und man muss Spaß daran haben Schutzmechanismen aufzubrechen, was tatsächlich auf manche Leute ja einen großen Reiz ausübt. Insbesondere wenn man Gesetzesgrenzen überschreitet, muss man schon irgendwo skrupellos sein, was zumindest zu meinem Weltbild des Informatikers nicht passt. 😀

    Das im Trailer erwähnte „Too big to fail“ ist zumindest ein interessantes Schlagwort und der gesellschaftliche Umgang damit in meinen Augen fragwürdig.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Hmmm interessanter Gedanke. Bisher habe ich den Hacker und den Softwareentwickler schon immer verknüpft gesehen, weil die meisten in meinem Umfeld sich auf Serien wie Mr Robot stürzen und ein Interesse an IT-Security haben. Aber wirklich Hacker zu sein und Grenzen auszuloten oder sich in rechtlichen Grauzonen zu bewegen ist natürlich noch was anders.

  3. Ich hab die erste Staffel von Mr Robot geliebt und war sehr gespannt wie mein Freund als Informatiker sie finden würde. Er kam zum gleichen Schluss wie du und fand das auch alles ziemlich realistisch und gut dargestellt, was der Serie auch bei mir noch einen Pluspunkt gebracht hat. Leider ging die Spannung bei mir in der zweiten Staffel irgendwie verloren, ich muss da noch mal einsteigen. An dem IT-Thema lag es aber nicht 😉

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Jaaaa die zweite Staffel ist schon etwas speziell. Und sehr meta. Wenn ich mich zurückerinnere besteht die v.A. daraus, dass sich Elliott gegen Mr Robot zur Wehr setzen will und verschiedenes ausprobiert. Und dass er in der Staffel eindeutig als unzuverlässiger Erzähler erklärt wird. Das ist natürlich nicht so hilfreich für das „big picture“. 🙂 Aber cool, dass ihr damit auch euren Spaß hattet 😀 Staffel zwei hat es mir auch etwas schwer gemacht …

  4. […] ist aber wohl, wenn man den schwarze Hoodies tragenden Elliot Alderson (Rami Malek) aus Mr Robot als philosophierenden Hacker in die bunte Welt des „Museum of Ice Cream“ wirft. Viel […]

  5. […] – alles andere wäre auch Unfug. Person of Interest zeigt nie den Hack so wie es in Mr Robot getan wird, aber es hat einen ähnlichen Realismus, der eben mit einer schwergewichtigen Prämisse […]

  6. […] Computer sitzen und Zeugs in eine Kommandozeile eingeben. 😉 Ich bin mir nicht sicher, ob Mr. Robot für viele spannend ist, auch wenn es eine hervorragende Hackerserie […]

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