Fantastischer Film: Nightcrawler

Inhalt

Louis Bloom (Jake Gyllenhaal) schwingt große Reden. Er glaubt fest daran, dass wenn man hart arbeitet, etwas erreichen kann. Und er ist bereit sehr hart zu arbeiten um sehr viel zu erreichen. Abseits der Monologe schlägt er sich mit kleinkriminellen Geschäften durchs Leben bis er ein neues vielversprechendes Tätigkeitsfeld für sich entdeckt. Als sogenannter Nightcrawler will er von nun an nachts die Funksprüche der Polizei mithören, zu Tatorten fahren und diese filmen, um das Material dann an Fernsehsender zu verkaufen. Als er mit Nina Romina (Rene Russo) vom schwächelnden Sender KWLA ins Geschäft kommt, sinken seine Skrupel. Blut? Umso besser. Vor der Polizei da? Ganz dicht am Geschehen. Und er steigert seinen Wahn ins Unermessliche.

Hintergrund

Dan Gilroy feierte mit Nightcrawler – Jede Nacht hat ihren Preis sein Regie-Debut. Undzwar ein fulminantes, würde ich mal behaupten. Falls euch der Name bekannt vorkommt, dann hat das wahrscheinlich damit zutun, dass er bei The Fall und Das Bourne Vermächtnis das Drehbuch beisteuerte. Selbstredend, dass auch Nightcrawler aus seiner Feder stammt. Und der Kreis schließt sich: er ist mit Rene Russo verheiratet, die hier eine ebenso zweifelhafte Persönlichkeit perfekt darstellt.

Falls ihr wiederum Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal nicht wiedererkennt, liegt das daran, dass er in letzter Zeit ein Verwandlungskünstler geworden ist. Für die Rolle hat er stark abgenommen und erzeugt bewusst einen verhärmten Eindruck, krönt das ganze mit seinem stierenden Blick und man kann ihn durchaus als unheimlich bezeichnen. In den letzten Jahren weiß er mit Charakterrollen, v.A. unbequemen, zu begeistern. Egal ob als getriebener Detective in Prisoners, in einer Doppelrolle im surrealistischen Enemy oder hier in Nightcrawler – er dreht ganz schön auf und gibt Nightcrawler mit seiner Performance maßgeblich die Atmosphäre vor neben dem wahnsinnig spannenden Drehbuch.

Meinung

Nightcrawler ist ein Film, um einen Soziopathen, aber nicht weit weg von der Realität. In uns allen steckt ein Funke Sensationsgeilheit oder in schwächerer Form Neugier. Wie stark das ausgeprägt ist, hat wahrscheinlich schon jeder selber gemerkt. Schreckliche Nachrichten, Bildern von Unfällen und Schreckensmeldungen – wer geilt sich an sowas auf? Offensichtlich gibt es insbesondere in den USA einen Markt dafür. Nightcrawler ist bittere Realität. Gilroy arbeitete mit echten Nightcrawlern zusammen und Gyllenhaal war mit ihnen zur Vorbereitung unterwegs. Tatorte zu manipulieren ist natürlich überspitzt … aber werfen wir mal einen Blick auf die Medienmaschinerie, die die Bildern dankend annimmt und nicht hinterfragt. Der Film hat eine deutliche Botschaft und ist extrem spannend erzählt. Auf moralischer Ebene regelrecht gruselig. Gyllenhaal erkennt man kaum wieder, wenn man an nette Brokeback-Mountain-Tage denkt. Sein schmieriges, trainiert seriöses Auftreten, die Überzeugung mit der er seine Monologe über Sein und Nichtsein vorträgt und sein starrer Blick ohne jedes Blinzeln lassen einem das Blut in den Adern gefrieren. Große Empfehlung.

Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆

11 Antworten

  1. Ein wirklich fantastischer Film. Erschreckend, aber unheimlich gut…. und einmal mehr ein Beweis, wie großartig Gyllenhaal ist. Dass er für die Rolle nicht wenigstens nominiert wurde bei den Oscars lässt schon tief blicken… aber wahrscheinlich mag es die Academy nicht, wenn man mit Soziopathen mitfiebert… was ja auch irgendwie diese Rolle ausmacht: Er ist ein Arschloch und irgendwie krank im Kopf, aber trotzdem fiebert man mit ihm mit.

    Und ja, jeder, der mal irgendwas mit Nachrichten zu tun hatte, wird das Ganze auch nachvollziehen können… und das ist dann noch gruseliger…

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Darüber musste ich während der Academy auch nachdenken. Zuerst wollte ich auch noch einen Artikel zum Thema „Wem ich die Nominierung gegönnt hätte“ schreiben. Da stand Gyllenhaal für Nightcrawler und das Drehbuch auch drauf, aber es scheiterte dann daran, dass ich scheinbar zu wenige brandaktuelle Filme gesehen habe. Also kann ich dir nur zustimmen, er hätte es sehr verdient. V.A. weil ich wirklich nicht jede Nominierung nachvollziehen konnte. Schlimmer fand ich es aber bei den Frauen.

      Bist du jemand, der was mit Nachrichten zutun hat? Das klang jetzt gerade ein bisschen so 😉

      1. Ich habe als Videojournalist für einen kleinen privaten Nachrichtensender angefangen. Die wollten damals sogar, dass ich auch „Nightcrawler“ werde… hab’s aber nicht gemacht, war mir schon teilweise heftig genug, was man da im normalen Geschäft alles machen musste… denn im Endeffekt stimmt es ja: Blut verkauft sich gut. (Ich glaube, das ist aber jetzt ein Zitat aus einem anderen Film 😀 )

        1. Avatar von Miss Booleana
          Miss Booleana

          Als Videojournalist – ich hatte ja keine Ahnung wie sehr ich mit der Vermutung ins Schwarze treffe. Und du solltest tatsächlich einen auf Nightcrawler machen? Ich muss gestehen, dass ich dachte, dass es das in Deutschland in der Form gar nicht gibt. O_O
          Und als Videojournalist hast du so schon genug gruseliges gesehen???

  2. Den kenne ich noch nicht aber ich halte die Augen offen; klingt ganz nach einem spannenden und aufwühlenden Film

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Das ist er! 😀 Falls sich die Gelegenheit ergibt, empfehle ich dir einzuschalten.

  3. Gyllenhaal war hier wirklich richtig gut und hätte zumindest eine Oscar-Nominierung verdient gehabt. Aber der Film ist irgendwie komplett durch den Oscar-Radar gefallen. Sehr seltsam. Obwohl, manchmal ist es ja ganz gut, nicht dort aufzutauchen, weil es den Film sogar noch aufwertet. 🙂

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      So kann mans auch sehen 😉 Aber ich nehme es der Academy tatsächlich etwas übel, dass sie den ausgelassen haben. Wobei die Oscars in diesem Jahr ja auch sehr dafür kritisiert wurden, dass zuviele Filme mit geringerem Einspielergebnis und Bekanntheitsgrad nominiert wurden. Dadurch sinkt wohl das öffentliche Interesse. Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht.

  4. Das klingt für mich ein wenig voraussagbar (eigene Verbrechen, um der erste zu sein). Aber Gylli finde ich recht smart und die Thematik nicht so ausgelutscht. Wird sicher in meinem Player landen.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Scheint naheliegend, das passiert tatsächlich nicht, wenn ich mal so frei sein darf zu spoilern. Was er aber ansonsten so treibt ist verbrecherisch und schockierend genug. Da gibt es noch etliche Schattierungen.

  5. […] Schauspieler Rizwan „Riz“ Ahmed, der mir zwar u.a. durch „The Night Of“, Nightcrawler und andere Filme zuvor schon bekannt war; aber mich letztes Jahr in Sound of Metal umgehauen hat. […]

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