Serienlandschaft: Buch-Review „Hinter den Kulissen von Downton Abbey“ (Emma Rowley)

Meine Liebe zur britischen Upstairs-Downstairs-Dramaserie habe ich im Blog ja einige Male kund getan. Bis letztes Jahr war der Herbst für mich immer Downton-Abbey-Zeit und die monatelange Vorfreude auf die nächste Staffel auf dem Höhepunkt. Leider ist die Serie mit der sechsten Staffel beendet worden. Weh mir … mein Herz. Aber liebe Menschen haben mir Linderung in Form von Büchern geschenkt, die sich der Serie widmen. Ja richtig – Mehrzahl. Das erste möchte ich hier heute besprechen. Übrigens: die Buch-Review ist spoilerfrei für die Serie.

Eckdaten

Das auf Deutsch bei Edel Books im Jahr 2015 erschienene Buch stammt von Emma Rowley. Die Aufmachung scheint der der Originalausgabe 1:1 zu gleichen, bestehend aus einem 290-Seiten-starken Buch mit Goldprägung und separatem Umschlag. Es wird damit geworben, dass der Produzent Gareth Neame ein Vorwort beigesteuert hat und beinhaltet abgesehen davon Kapitel, die sich den Drehbüchern, der Produktion („Am Set“), der Requisite, den Kostümen und der Maske widmen. In den Kapiteln Insiderwissen und Das Erbe von Downton Abbey finden sich verschiedene Anekdoten und Informationen. Das Wissen über die Serie wird vorausgesetzt, nur anfangs wird stellenweise erklärt welche Schauspieler welchen Charakter spielen. Durchaus legitim – schließlich wird sich niemand ein Buch über eine Serie kaufen, die er noch nicht kennt. Die Kapitel sind reich bebildert, die Seitenstärke und Papierqualität ist gut und die Seiten sind eher matt als glänzend. Dadurch liegt es angenehm in der Hand, man hat nicht das Gefühl es leicht zu beschädigen und es schaut sich angenehmer an als ein Buch in Hochglanz-Zeitschriften-Optik. Der Untertitel ist Das offizielle Begleitbuch zu allen vier Staffeln, was schon einen Hinweis auf eine der für Serienfans dringendsten Fragen gibt.

Spoilerfrei?

Das Buch erschien in der Originalsausgabe wahrscheinlich zum Ende der vierten Staffel, während im Buch selber davon die Rede ist, dass die vierte Staffel gerade beginnt. Der Kenntnisstand ist der der dritten Staffel, daher macht es nicht Halt vor Spoilern für eben diese. Was die vierte Staffel betrifft, waren die Herausgeber eher vorsichtig. Es werden einige Details genannt, beispielsweise welche Charaktere neu hinzukommen und wie sich die Stimmung und Lage einiger Charaktere basierend auf den Schicksalsschlägen in der dritten Staffel ändert. Aber nichts davon ‚ruiniert‘ dem Serienfan die vierte Staffel. Man kann also sagen, dass es relativ spoilerfrei für die vierte Staffel geraten ist.

Inhalt

„Gelegentlich wurde die Serie als Seifenoper bezeichnet. Obwohl dieser Begriff nach Meinung vieler etwas Abschätziges hat, haben Julian und ich uns nie an ihm gestört. Wenn man unter „Seifenoper“ eine wöchentlich ausgestrahlte Serie versteht, in der ein Ensemble von Charakteren in einem speziellen Umfeld agiert, in dem ihre Einzelschicksale miteinander verwoben sind, dann trifft der Begriff auf Downton Abbey absolut zu. Ich würde allerdings noch hinzufügen, dass die Downton Abbey zugrundeliegenden Drehbücher und die in der Serie gezeigten schauspielerischen Leistungen über eine Qualität verfügen, die man sonst nur von Kinoproduktionen kennt.“ (Gareth Neame, S. 12)

Rein vom Inhalt her steigert sich das Buch sehr. Das Vorwort von Gareth Neame ist zwar anekdotenreich und erzählt darüber wie er und Julian Fellowes anfingen dieses spezielle Peroid Drama zu entwickeln. Allerdings wiederholen sich die Passagen und Zitate und wirken wie ein Werbefilm. Der Eindruck verstärkt sich umso mehr dadurch, dass die Formulierungen noch mehr auf den Folgeseiten und im Folgekapitel aufgegriffen werden. Der Ausstieg eines sehr wichtigen Charakters in Staffel drei wird in dem Buch als das beste was ihnen passieren konnte betitelt, was Fans wahrscheinlich wütend machen dürfte. Schließlich ist die allgemeine Sichtweise vieler Fans und Zuschauer, dass danach die Qualität der Serie enorm abgenommen hat. Man begründet das allerdings damit, dass der Ausstieg Freiraum für andere Charaktere geschaffen hat. Das und der Werbefilm-Charakter stoßen den Leser anfangs etwas vor den Kopf und wirken zu oberflächlich. Wer Downton Abbey schon kennt wird anfangs im Vorwort und im Kapitel Am Set noch nicht begeistert sein und wartet auf Insiderwissen und Details, die noch nicht bekannt sind. Wohingegen Downton-Abbey-Neulinge noch zu wenig mit dem erzählten anfangen können. Hier wird klar was mit Begleitbuch gemeint ist. Der Eindruck hält sich auch hartnäckig bis zum Ende des Buches, wobei der Inhalt später wesentlich interessanter wird.

Hat man knapp dreißig Seiten geschafft, dann beginnt der entspannte Teil. Ab jetzt werden wirklich charmante Details über die Produktion erzählt und es werden langsam die Akteure hinter den Kulissen vorgestellt wie man es sich vom Buchtitel erwartet. So wird beispielsweise Alastair Bruce erwähnt, der Berater für die historische Korrektheit der Serie ist und an einigen Stellen des Buchs zu Wort kommt und kommentiert was beachtet werden muss. Ab und zu auch wie das Leben auf einem Anwesen wie Downton Abbey ausgesehen hat, was aber in einer Serie bzw. einem Film nur schwer nachgestellt werden kann. So verrät er beispielsweise, dass in einem Haus wie Downton Abbey noch wesentlich mehr Diener gearbeitet hätten. Insgesamt kommen zu jedem Zeitpunkt Darsteller, Produzenten, Julian Fellowes oder die zahlreichen Leute aus Kulisse/Maske/Requisite zu Wort.

Auch Film/Fernsehbegeisterte können unter Umständen noch etwas neues Lernen bei den Kapiteln über die Produktion oder den darauffolgenden. Wie entsteht eine Serie in allen ihren Einzelheiten? Und v.A. ein Peroid Drama, an das automatisch ein gewisser Anspruch historischer Korrektheit gestellt wird? In punkto technische Details lernt man beispielsweise, dass die Musikstücke, die eingespielt werden cues genannt werden und pro Folge insgesamt 20-25 Minuten lang sind – klingt erstaunlich viel. Sound ist ein sensibles Geschäft. So wird im Buch beispielsweise geschildert, dass viele Umgebungsgeräusche gedämpft werden wie etwa Violets Glocke oder auch das Küchengeschirr downstairs. Das geht sogar soweit, dass Gegenstände mit Schaumstoff ausgekleidet werden. Warum? Um den Lärmpegel zu reduzieren und auch damit das spätere Einfügen der cues ein harmonischeres Gesamtbild hinterlässt. Jetzt wo sie es sagen … in der Küche war es immer erstaunlich ruhig. Man erwartet eigentlich mehr Geklapper.

Eins der Details das mich am meisten fasziniert hat sind die über das Drehen an Originalschauplätzen einer bestimmten Ära und der historische Anspruch. So wird in „Das echte Downton Abbey“ über Highclere Castle berichtet. Es sollte ein Standort gefunden werden, in dem noch immer jemand lebt und es im Zustand der ‚guten alten Zeit‘ belassen hat. So kommt es, dass sich Highclere Castle tatsächlich im Besitz von jemandem befindet und der Cast mitunter auf den echten Möbeln der Besitzer sitzt und nicht nur hinzugefügten Requisiten. Der Rest wird an Außenschauplätzen gedreht oder in den Ealing Studios. Eins der für mich persönlich interessantesten Kapiteln waren die über Requisite und Kostüme. Die gute Ausstattung der Serie erweckt eine insgesamt runde und stimmige Atmosphäre. Ein Kniff, den man durch das Buch kennenlernt ist der, dass sich im Laufe der Zeit Dinge ansammeln. In einem Haus in dem viele Menschen leben und lebten, sammeln sich also Gegenstände vieler Epochen an, nicht nur die der aktuellen. Klingt wie ein Überlebens-Kniff für Ausstatter im Showbusiness und mehr als einleuchtend. Apropos Requisite: sehr überraschend sind die Details über das Essen, das tatsächlich für die Dinnerszenen gekocht wird, aber nur teilweise essbar ist. Ich hatte angenommen, dass es alles Attrappen sind, aber nein. Und wenn ein nicht bekannter Charakter ein Auto fährt, ist es unter Umständen der Besitzer des historischen Fahrzeugs, der sein Schätzchen nicht aus der Hand gibt. Solche Details laden dazu ein die Serie nochmal zu schauen – diesmal mit ganz anderen Augen.

Fazit / Ist das was für Fans?

Trotz der anfänglichen Kritik steigert sich das Buch von Seite zu Seite zu einem wirklichen Begleitbuch mit zahlreichen interessanten Details über die Produktion im speziellen, aber auch darüber was alles bei einem Period Drama zu beachten ist. Man muss nur 30 Seiten an Plattitüden durchhalten, aber es erwarten einen noch über 200 mehr mit schönen, hochaufgelösten, hochqualitativen Abbildungen und spannenden Details. Auffällig ist, dass die Charaktere, die Handlung und die Darsteller nicht im Vordergrund stehen. Es geht wirklich um das Arbeiten hinter den Kulissen wie es der Titel verspricht. Einerseits ist das sehr erfreulich. Kostüm- und Maskenbildnern wird zu wenig Anerkennung zuteil. Auch Rollen wie dem historischen Berater oder Setbauer. Solche Leute haben ein Gesicht und tragen maßgeblich dazu bei wie ernst man eine Produktion nehmen kann und wie gut sie uns in eine andere Zeit versetzt und mit auf die Reise nimmt. Um aber einer Serie Tribut zu zollen, erwartet man sich auch Details über die Serie und das Geschehen als ein Nachschlagewerk für die traurige Zeit, wenn der Zauber vorbei ist und keine neuen Folgen zu erwarten sind. Und das ist teilweise vorhanden, aber sehr wenig. Das ist der Unterschied zu einem ‚Begleitbuch‘ und ‚Blick hinter die Kulissen‘ im Gegensatz zu einem Komplettnachschlagewerk, dessen sollte sich der potentielle Leser bewusst sein.

„Wir wollen beim Zuschauer lieber ein Schmunzeln als schallendes Gelächter auslösen“ (Julian Fellowes, S. 20)

Wie sieht es bei euch aus? Kauft ihr euch solche Begleitbücher oder ist das gar nicht euer Bier? Besitzt ihr welche zu bestimmten Serien? Und wenn ja, welche könnt ihr empfehlen? Speziell bezogen auf Downton Abbey: hattet ihr auch schon das Vergnügen euch ein Buch zur Serie anzuschauen? In absehbarer Zeit kommt von mir auch eine Review zu einem zweiten offiziellen Buch zur Serie.

Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).

Eine Antwort

  1. Also, bisher hab ich noch keins gekauft und aktuell könnte ich es mir höchstens für „Game of Thrones“ vorstellen – nicht nur, weil es meine Lieblingsserie ist, sondern auch, weil mich die Kulissen und die Dreharbeiten faszinieren. Allerdings gibt’s davon schon viel in den Extras der jeweiligen DVDs.
    Ich befürchte, dass man so ein Buch vielleicht einmal in die Hand nimmt, durchblättert und dann für Jahre nicht mehr anfässt :/ Das ist dann halt rausgeschmissenes Geld. Gerade deshalb finde ich es aber cool, dass du mit uns ein paar Infos zu diesem Buch teilst, denn das Setting von Downton Abbey ist großartig!

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