ausgelesen: Thomas Mann „Der Zauberberg“, oder: Wie ich von einem Buch Antworten verlangte.

„Zeitroman“.

„Zeitroman“, so nennt Thomas Mann seinen Zauberberg, eins seiner Lebenswerke. Ich habe noch nie zuvor etwas von Thomas Mann gelesen. Drei Monate und ein paar Tage – solange habe ich gebraucht, um die 1000 Seiten und damit den Zauberberg zu erklimmen. Thomas Manns Mammutwerk ist ein in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg angesiedelter Roman, dessen Held Hans Castorp seinen Cousin Joachim im Sanatorium Berghof in der Schweiz besucht. Sein Aufenthalt ist für drei Wochen angesetzt, aber bald schon merkt er, dass die Gebirgsluft ein Leiden freisetzt, das in ihm schlummert. Bald schon wird Hans selber zum Patienten, zum „Sorgenkind des Lebens“. Im Sanatorium ist der Alltag der Patienten entschleunigt und abgeschottet. Sie machen Liegekur, essen und reden viel. In dem internationalen Sanatorium tummeln sich verschiedenste Leute wie der Italiener Lodovico Settembrini, der mit seinen ausschweifenden, philosophischen Betrachtungen Hans immer wieder belehrt. Oder auch die ungebildete Frau Stöhr, die ständig Wörter verwechselt und krude Stilblüten zum Besten gibt.

Schon sehr früh macht Joachim Hans klar, dass Zeit auf dem Berghof anders gemessen wird. „Man ändert hier seine Begriffe.“ Settembrini empört sich bei einem seiner ersten Aufeinandertreffen mit Hans, als er erfährt, dass der nur auf drei Wochen zu Besuch kommt. In Wochen würde auf dem Berghof schon gar nicht gerechnet. Settembrini sagt weiter „Wir rechnen im großen Stil – das ist ein Vorrecht der Schatten.“ Und nach genau diesem großzügigen Zeitbegriff schrieb auch Thomas Mann sein den Umfang betreffend episches Werk. Auf den ersten hundert Seiten vergeht gerade mal ein Tag im Leben Hans Castorps auf dem Berghof. Natürlich verändert sich das Zeitempfinden. Nachdem Hans dort als Patient mehr als ein Jahr zubringt, verliert auch der Leser das Zeitgefühl. Und auch Hans. Es gibt einen Punkt, an dem er sich nicht mehr erinnern kann wie lange er eigentlich schon in dem Sanatorium ist. Und so ausschweifend und dekadent geht Thomas Mann auch mit uns um. Er schildert im Bereich höherer zweistelliger Seitenzahlen einfach mal den Kosmos, die Biologie, die Entstehung des Lebens oder erzählt Opernarien nach, die Hans gerade hört. Eine echte Herausforderung aber sind die langen philosophischen Gespräche, zu denen die diversen Humanisten und Theologen einladen. Es gibt Passagen, da sind die Gespräche lehrhaft und regen zum Nachdenken an. Thomas Manns Stil ist fein. Er hat einen reichen Wortschatz und einen feinen und eigentlich auch sehr abwechslungsreichen Schreibstil. Aber er schreibt Schachtelsätze und sehr lange Aufzählungen. In Kombination mit den philosophischen Auseinandersetzungen zu Leben, Tod, Freiheit, Folter und Religion eine Mischung, die die Autorin dieser Buchbesprechung in die Knie gezwungen hat. Obwohl ich Philosophie nicht abgeneigt bin, entglitten mir die Passagen und ehe ich mich versah las ich zehn Seiten mit brain off.

Salonlöwen, oder: „wer bezahlt denn das?“

In einer Diskussion auf Goodreads habe ich die Frage gelesen, ob das Buch seinem epischem Ruf gerecht wird. Ein Goodreads-User antwortete darauf, dass das Buch in punkto Umfang wirklich episch sei, ansonsten aber eher eine Salon-Geschichte. Da kann ich nur teilweise zustimmen. Die Bezeichnung klingt immer etwas trivial. Und so wirkt auch das Buch, wenn man beginnt es zu lesen. Es wird viel Zeit darauf verwendet, um über den Berghof zu reden, wann welches Essen gereicht wird und sich über die anderen Patienten zu mockieren. Charaktere, die viel durch Menschen aus Thomas Manns Leben und dem seiner Frau inspiriert wurden. Durch die Langatmigkeit der Erzählung wirkt es nun leider auch so, als ob sich Thomas Mann vielen, unwichtigen Details widmet und fast jeden Atemzug seiner Charaktere schildert. Als Leser kann man einen gewissen Realismus außerdem nicht abschütteln und fragt sich angesichts der jahrelangen Kuraufenthalte und des ausschweifenden Lebens im Sanatorium: Wer bezahlt denn das? Und genau hier liegt die nicht erkennbare Ironie, die Thomas Mann an den Tag legt.

Die Patienten bekommen im Berghof nicht eine weitere Woche Aufenthalt verschrieben, sondern gerne mal drei Monate oder länger. Joachim scheint der einzige zu sein, den das stört. Er ist ein braver Soldat und möchte zum Dienst ins Flachland entlassen werden. Alle anderen durchleben ihren lethargischen Alltag aus Liegekuren. Sie liegen wortwörtlich den ganzen Tag rum. Sie chillen ihr Leben. Letzten Endes wird Hans Castorp sieben Jahre dort oben bleiben, was Thomas Mann grausamerweise im ersten Kapitel schon andeutet. Natürlich wird ihr Rumliegen nicht nur durch philosophische Gespräche unterbrochen. Das Leben in Langzeit-Reha wird unterbrochen durch ausschweifende und manchmal geheime Feiern. Durch Weihnachten. Durch Tode. Durch Abreisen. Und durch eine Frau, der Hans Castorp erliegt.

„Allein bedenkt! Der Berg ist heute zaubertoll,
Und wenn ein Irrlicht Euch die Wege weisen soll,
So müßt Ihr’s so genau nicht nehmen.“ S. 447 während der Fastnacht

Trotz all der Zerstreuung, der Salonlöwen, zarten Bande und kleinen Kleinkriege, waren die philosophischen Gespräche und die zähe in viele Nebensätze gehüllte Langatmigkeit für mich fast das K.O.-Kriterium. Dieses Gerangel der Salonlöwen war nicht das, wonach ich in dem Buch gesucht hatte – so mein Eindruck in der ersten Hälfte.

Warum denn dann weiterlesen?

Es ist nicht, weil es Thomas Mann ist. Klassiker, Weltliteratur, „Muss man mal gelesen haben“ – das sind Label, mit denen ich mich nicht so besonders abgebe. Ich habe den Roman gekauft, als jemand in meiner Familie sehr krank geworden war und dauerhafte Krankenhaus-Aufenthalte anstanden. Damals konnte unser liebes Familienmitglied nicht mehr sprechen, wegen der Schläuche und Maschinen, an die er angeschlossen war. Wir konnten nicht mal anrufen und sagen „Wir denken an dich“. Da war plötzlich diese Hilflosigkeit. Und die vielen Fragen. Wie konnte das so plötzlich passieren? Er war doch immer kerngesund? Ich dachte der Roman bringt mich irgendwie näher. Näher an das Familienmitglied und näher an die Antworten. Ein Buch, das sich mit Krankheit und Gesundheit, Leben und Tod auseinandersetzt, in einem Sanatorium als Schauplatz – das muss mir doch was sagen und eine Antwort geben können? Aber dann ist nach langem Leiden und eigentlich nach Anzeichen von Besserung unser Familienmitglied plötzlich gestorben. Weit vor seiner Zeit. Ich war auf dem Weg zu ihm, ich kam zu spät. Und sah: wie die Menschen in unserer Familie, die ihm noch viel viel näher standen gelitten haben. Und leiden.

Zu seinem Todestag erinnerte ich mich wieder an das Buch, ein Jahr musste es also in meinem Schrank stehen. Witzigerweise habe ich ungefähr zu der Zeit während des (eher nicht so sehenswerten) Films A Cure for Wellness auch das Buch im Film bemerkt und es kam mir wie ein Wink mit dem Zaunspfahl vor. Dort liest ein Pfleger das Buch. Ich habe mir also irgendwelche Antworten oder Linderung oder irgendwas in der Art davon erwartet. Aber bei all der Dekadenz der Patienten auf dem Berghof, ihren Liegekuren und monatelangen Aufenthalten und dem sich über einander lustig machen und sich in langen Gesprächen über Gott und die Welt belehren, sah es während der ersten Hälfte schlecht aus. Alles was danach kam war meine Sturheit. Es wurde wie eine Mission das Ding zu Ende zu lesen und zu verstehen, was mir dieses Buch sagen will. Und das sture Einfordern der Antworten auf die Frage, warum er gehen musste. Zauberberg und Thomas Mann, jetzt sagt es mir endlich! Viele Freunde wundern sich schon lange auf Instagram, Twitter, Goodreads, im Blog, auf Arbeit warum ich dieses Buch noch lese, obwohl es mir nicht so wirklich gut gefällt. Aber das ist keine Frage von gefallen. Genauso wenig wie man das Buch mit tausend Seiten ‚mal eben schnell lesen kann‘. Ich wollte von dem Buch Antworten und würde es nicht weglegen, bevor ich die nicht habe oder … es eben zu Ende gelesen ist. Aber nach und nach gesellte sich ein anderes Motiv dazu. Verfall. Dekadenz und Verfall. In einer netten, adretten, Geschenkverpackung mit überaus höflicher Sprache, Sahnehäubchen und Kirsche. Aber letzten Endes Dekadenz und Verfall.

„Ihm war, als hätte er mit seinen beiden sehr einfachen Fragen alles mögliche widerlegt und zum Verstummen gebracht, sogar die Republik und den schönen Stil.“ S. 273, Hans Castorp nachdem er Settembrini gefragt hat, wie krank denn sei.

Über Leben und Tod

Es bleibt nicht alles so oberflächlich im Berghof. Und die Oberflächlichkeit ist auch nur ein Mittel um die Dekadenz und Zwiespältigkeit der Menschen zu zeigen. Das Buch ist Satire, aber auf einer sehr heruntergebrochenen und höflichen Ebene. Thomas Mann erlaubt sich Scherze, als er neben Settembrini noch einen zweiten Hobby-Philosophen dazukommen lässt. Einen von der härteren Sorte. Einen regelrechten Philosophie-Terroristen, der auf den Namen Naphta hört. Und als ob das nicht genug wäre auch noch einen Hobby-Philopsoph, der soviele Nebensätze anfängt, dass er keinen Satz zu Ende bringt. (Was für eine Ironie!) Es wird interessanter. Vorrangig dadurch, dass sich ab der Hälfte des Buches die Welt um Hans wieder bewegt. Und das mit Folgen. Es gibt ein Kommen und Gehen. Manche gehen lebendig, andere nicht. Sterblichkeit wird langsam ein Thema. Hans Castorp sieht einmal eine Röntgenaufnahme von sich und bemerkt das erste Mal, „daß er sterben werde“ (S. 304). Das ist kein Spoiler – er wird sich nur seiner eigenen irgendwann eintretenden Sterblichkeit bewusst. Ein Moment, den jeder Mensch irgendwann hat. Und seine Gedanken werden ein Kernelement, selbst als er es schon nach vielen Jahren Aufenthalt zu müde geworden ist sie zu äußern. Ein Traum Hansens hat sogar eine eigene Wikipedia-Seite, die das literarische Element durchanalysiert. Letzten Endes wird der Tod und dessen Gegensätzlichkeit ein ständiger Begleiter am Berghof. Und der Tod tritt auf unterschiedlichste Art und Weise ein. Langsam, unverhofft oder auch mal sinnlos. Nicht jeder am Berghof erliegt Krankheiten.

„Der Mensch soll um der Güte und Liebe willen dem Tode keine Herrschaft einräumen über seine Gedanken“

„Gestatten Sie. Gestatten Sie mir, Ingenieur, Ihnen zu und Ihnen ans Herz zu legen, daß die einzig gesunde und edle, übrigens auch – ich will das ausdrücklich hinzufügen – auch die einzig religiöse Art, den Tod zu betrachten, die ist, ihn als Bestandteil und Zubehör, als heilige Bedingung des Lebens zu begreifen und zu empfinden, nicht aber – was das Gegenteil von gesund, edel, vernünftig und religiös wäre – ihn geistig irgendwie davon zu scheiden, ihn in Gegensatz zu bringen und ihn etwa gar widerwärtigerweise dagegen auszuspielen.“ S. 278, Settembrini über den Tod.

Vielleicht ist der Zauberberg ein Buch, dass ich in 30 Jahren nochmal lese. Oder lieber in 30 Jahren hätte lesen sollen anstatt jetzt. Ich denke nicht, dass ich die philosophischen Diskussionen zu schätzen wusste und ausgeschöpft habe. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich es mit einer bestimmten Intention gelesen habe und die Diskurse waren nicht das, was ich gesucht habe. Es ist in jedem Fall kein einfaches Buch. Und ich fühle mich außerstande zu sagen, ob es ein gutes Buch ist (blödes Schubladendenken). Aber ich habe meine Antwort bekommen. Außerdem habe ich in dem Buch gelernt mit sehr viel Anstand zu fluchen.

„Das ist ja ein rechter Windbeutel“ S. 89

„[…] ein kapitaler Esel offenbar“ S. 156

Fazit

gibt es heute nicht. Man muss das Buch aus einer Überzeugung heraus lesen, ansonsten macht es keinen Sinn.

Exkurs (wegen des ausgedehnten Zeitbegriffs noch mehr Text!)

Tatsächlich begegnete mir Hans Castorp zuerst in einem Anime. In Ghiblis Wie der Wind sich hebt hat Hans einen kleinen Gastauftritt – Hayao Miyazaki, dieser Schelm, hat kurzum Hans zum Überbringer einer Botschaft gemacht und damit die Geschichte Hansens weitergezeichnet. Der Einfluss des Romans ist auch heute noch unverkennbar. Von meinen privaten Beweggründen mal abgesehen.

„Was war das Leben? Niemand wußte es.“ S. 380

„ausgelesen“ ist eine Kategorie meines Blogs, in der ich immer zwischen dem 15. und 20. eines jeden Monats ein Buch unter die Lupe nehme. Der Begriff „ausgelesen“ ist sehr dehnbar. So wie die Themenvielfalt meines Blogs. Ein „Buch unter die Lupe nehmen“ schließt Belletristik, Sachbücher, Manga, Comics unvm mit ein. 🙂

18 Antworten

  1. Ich habe mich bisher nur an die Buddenbrooks rangetraut – die allerdings waren entgegen meiner Erwartungen sehr gut lesbar. Mal sehen, ob ich mich irgendwann an den Zauberberg wage 😉

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Also wenn du es wagst, dann bin ich sehr gespannt auf deine Meinung! Ich dachte auch immer, wenn ich mal was von Thomas Mann lese, dann wahrscheinlich Die Buddenbrooks. Irgendwie klingt das interessanter und vielversprechender, wegen diesem historischen Flair und Familien-Saga etc. Aber dann war da dieser Zauberberg und die Sache mit dem Sanatorium und das schien irgendwie zu „passen“. Und so las ich eben den Zauberberg. Aber jetzt bin ich mir nicht so sicher, ob ich in nächster Zeit was von Thomas Mann lese. Obwohl ich verstehe, warum er einen Literaturnobelpreis bekommen hat.

  2. Liebe Steffi,

    du ahnst gar nicht, wie wichtig mir dein Artikel ist (dass ich ihn liebe, hast du hingegen schon mitbekommen 😉 ). „Der Zauberberg“ bzw. generell die Romane von Mann gehörten immer zu den Werken, die ich „irgendwann unbedingt mal“ lesen wollte, weil ich wissen wollte, ob sie wirklich so gut sind. Gleichzeitig war ich aber nie neugierig genug auf diese Bücher, ja, irgendwie hat mich ihr guter Ruf auch immer abgeschreckt bzw. fast schon angeödet. Bei Beiträgen anderer Blogger (oder auch Besprechungen im Feuilleton und in persönlichen Gesprächen) fand ich zwar immer ganz viele überschwängliche Lobeshymnen, aber so richtig greifbar wurde der Roman für mich nicht, meine Neugier nie geweckt und ich konnte nie für mich heraus“filtern“, ob Manns Werke auch etwas für mich sein könnten.

    Dein Geschmack ähnelt meinen aber in vielem und wir suchen oft nach ähnlichen Dingen in Büchern, daher habe ich deine Eindrücke zum „Zauberberg“ regelrecht herbeigesehnt. Und ich sollte recht behalten: Du hast wieder eine wunderbar ausgewogene Besprechung „abgeliefert“, die mir zum einen die Stärken und Schwächen zeigt bzw. die Aspekte, die beim Lesen frustrieren könnten und die mir zum anderen ein sehr klares Bild zur Handlung und dem Erzählstil ermöglicht hat. Die von dir angeführten Punkte, gerade auch die anstrengenderen Parts des Romanes, haben nun tatsächlich doch noch meine Neugierde auf den „Zauberberg“ geweckt. Es ist ein bisschen, als hättest du mir eine kleine/große Bildungslücke gefüllt. 😀 Ich danke dir dafür und werde Thomas Mann nun doch noch stärker im Hinterkopf behalten. Nach Tolstoi und Hugo brauche ich aber erst einmal etwas Abstand von den „Tausendern“. 😉

    Liebe Grüße nach MD!
    Kathrin

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Hi Kathrin!

      Vielen Dank für deinen Kommentar. Das gibt mir in Zeiten sinkender Kommentarzahlen wieder Aufwind undzwar eine ganze Menge. 😀 Ja mir ging das tatsächlich ähnlich. Ich habe gefühlt immer nur gutes gehört und dass Thomas Mann ganz herausragend ist. Lediglich bei Zeilenende habe ich mal herausgehört, dass es anstrengend zu lesen ist. Und insgesamt habe ich es nicht von vielen Leuten gehört, dass sie Thomas Mann mal gelesen haben. Aber wie gesagt… wenn dann war es ähnlich wie bei dir. Die Mehrheit schien ihn für einen Gott zu halten. Aber auch wenn das jetzt fies ist: ich unterstelle einem gewissen Prozentteil der Leute Klassiker-Geilheit, die einfach vorgeben es gut zu finden, weil es ja Weltliteratur ist. Und ja ich sehe das ja auch warum er ein Literaturnobelpreisträger ist. Sein Wissensspektrum muss enorm gewesen sein. Und ich glaube er ist einer derjenigen, der richtig ‚deep‘ über Literatur nachgedacht hat. Sich damit tiefschürfend auseinandergesetzt und das geschrieben Wort seziert hat. Aber ich würde auch nicht auf die Idee kommen zu sagen, dass es ein Spaß war es zu lesen. Das ist die Anforderung von mir an mich selber. Und ich denke hier würde auch bald keiner mehr mitlesen, wenn ich alles bewerben würde. Und ich sehe ja bei dir und deinem Blog, dass das genau dasselbe ist 😉 Und dass du das so gut nachvollziehen kannst, was ich hier geschrieben habe und ich vllt sogar eine Bildungslücke schließe (was schon an ein Wunder grenzt, denn du kennst gefühlt SO viel mehr als ich 😉 ) dann macht mich das jetzt auch ein bisschen Stolz. Hachz! Sehr schön 😀

      Und: ooooooh ja, das glaube ich sofort, dass du nach solchen Wälzern etwas Abstand brauchst. Vielleicht wage ich mich dann nächstes Jahr auch mal an den Tolstoi. Ich glaube für dieses Jahr nehme ich mir das aber nicht mehr vor … du hast den tag da oben ja gelesen … Falls du übrigens was zum lesen suchst: ich glaube diese Ted Chiang Bücher sind nicht ganz so umfangreich und ich kenne jemanden der gerne mit dir lesen würde 😀

      Liebe Grüße,
      Steffi 😀

      1. Der Kommentarmangel … ja, das ist so ein leidiges Thema. Das Problem beobachte ich aber gerade bei vielen Blogs, unabhängig davon, wie viele Follower sie haben. Viele hinterlassen dann noch eher ein paar Zeilen in den sozialen Netzwerken, was natürlich auch schön ist, aber den Blog selbst irgendwie unbelebt erscheinen lässt. Schade 🙁 Ich muss aber auch gestehen, dass ich aktuell weit weniger kommentiere als üblich, was aber eher durch Zeitmangel (Überstunden, Urlaubsplanung) begründet ist. In ein, zwei Wochen wird es bei mir zumindest beruflich ruhiger und ich hoffe, dass ich dann wieder etwas aktiver sein kann, denn auch mir fehlt der Austausch auf Blogs (vor allem hier bei dir!).

        Ich soll mehr kennen als du? ^^ Das Gefühl habe ich gar nicht, weil du genauso oft Klassiker aufgreifst, die ich nicht gelesen habe, und mit denen du dich so tiefgehend auseinandersetzt. „Solaris“ ist eines der großen Beispiele – seit deinem Beitrag letztes Jahr geht mir dieses Buch ständig im Kopf herum und in London begegnete es mir letztes Jahr so oft, dass ich ausschließlich aufgrund der Vielfalt an Ausgaben kein Exemplar gekauft habe. 😉 Ich denke, wir beide haben einfach nur sehr unterschiedliche Erfahrungen im Klassikerbereich – aber genau dadurch können wir uns ja auch gegenseitig immer Anregungen geben.

        Bei Ted Chiang bin ich sofort bei dir! Zwischen dem 25.7. und 11.8. wird es zwar nix, aber ansonsten bin ich lesetechnisch frei – sag nur wann und es kann losgehen. 😀 Ich bin gerade nicht mehr sicher: Welche seiner Bücher hast du – nur „Das wahre Wesen der Dinge“ oder noch ein anderes? (Ich habe so ein schwaches Gefühl, dass du noch ein zweites hast, bin mir aber nicht sicher, ob ich da nicht irgendetwas durcheinander bringe…)

  3. Puh … Ich habe zuletzt auch wieder ein wenig Mann-Lektüre (Königliche Hoheit, auf die Besprechung habe ich nur momentan keine Lust) hinter mich gebracht … Und war eigentlich recht zufrieden damit, denn Mann ist, da geb ich dir Recht, ein brillanter Stilist. Aber eben auch ein mieser Erzähler, weil er sich verliert. Seine Art zu schreiben passt für meine Begriffe durchaus zu seinem Thema, denn es hat etwas von literarischer Dekadenz, die er treibt. Nicht nur das Ausufernde als stilistisches Merkmal: Die Zeit, die man für die Lektüre eines solchen Schinkens braucht, ist ja eine, die wir der rationalen Nützlichkeitslogik zufolge verschwenden. Von daher ist Mann, so wie ich deine und meine Lese-Eindrücke zusammen genommen sehe, wohl konsequent. Ob man das „braucht“? Ich bin mir meiner Sterblichkeit jedenfalls bewusst genug, dass ich nicht jedes „klassische“ Tausend-Seiten-Buch lesen muss. 🙂

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ha! Das sehe ich spätestens seit diesem Wälzer genauso. 😉 Naja. Was heißt seit diesem. Ich habe allgemein keine große Affinität zu Tausend-Seiten-Büchern. Es gibt einfach so frappierend wenige, selbst aus der Populärliteratur, die mich tausend Seiten unterhalten und fordern können. Das ist ja auch eine Leistung. Tausend Seiten schreiben ohne irgendwelche Durchhänger.
      Zumindest ist das für mich ein bisschen der Beweis, dass man nicht jeden Klassiker gelesen haben muss. Oder dass man Bücher nicht wegen eines Labels lesen sollte, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass einen das durch sowas wie Den Zauberberg hindurch trägt.
      Ich bin erstaunt, dass du wieder zu Thomas Mann gegriffen hast, obwohl deine Erfahrungen jetzt auch nicht nur aus Freude und Sonnenschein bestanden. 🙂 Oder habe ich das falsch in Erinnerung?

  4. Sehr schöner Text und Kompliment fürs Durchhalten. Kenne Der Zauberberg nicht, hab es aber irgendwann auch aufgegeben, Klassiker nachholen zu wollen. Im Kontext, auch wenn er hier ein trauriger ist, bekommt das noch mal eine andere, interessante Seite.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Danke für deinen Kommentar! 😀 Und dass es im Kontext meines Durchhalte-Versuchs und Antworten-Suchens etwas mehr Sinn bekommen hat, beruhigt. Habe etwas mit mir gerungen, ob ich das so aufschreiben soll, aber es hat einfach am meisten Sinn gemacht.

      1. Ich habe deine Strategie aufgenommen und suche gerade nach Büchern, die sich mit Umzug und Neustart beschäftigen. Falls du also Tipps hast…

  5. Da ich das Buch selbst noch nicht gelesen habe und auch noch nichts von Thomas Mann gelesen habe, kann ich dem nichts hinzufügen. Allerdings… wow! So wünsche ich mir Beiträge zu Büchern! Persönlich, vielschichtig, aussagekräftig. Was für eine Buchbesprechung! Du hast mich gerade sehr beeindruckt und du lässt mich nachdenklich zurück.
    Schön, dass das Buch dir Antworten liefern konnte und Respekt, dass du die Muße behalten hast, es durchzulesen.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Dankeschön für deinen Kommentar! Wenn ich so überlege wieviele Leser sich noch vor einem Jahr oder zwei Jahren zum Blog verirrt haben und wieviele jetzt im Moment (weniger, aber treue 🙂 ), dann beschleicht mich immer ein bisschen Wehmut. Aber bei solchen Kommentaren wird alles wieder ein bisschen besser 😉
      Es wurde allerdings auch in der zweiten Hälfte etwas einfacher es zu lesen, weil der Inhalt irgendwie relevanter und interessanter wurde. Und nicht nur aus Liegekuren bestand … 🙂

  6. Vielen Dank für das wundervolle Review. Neugierig bin ich auf das Buch nun durchaus und es wird der langen Leseliste hintenangestellt. Manche Dinge lassen sich kaum fassen und weniger noch in Worte.. es bleibt wohl nur die Zeit.

  7. So, endlich Sonntag, endlich komme ich dazu mal ein bisserl Senf abzulassen. Ich fand deine Rezension wirklich klasse, habe sie sehr sehr gerne gelesen und dein Empfinden deckt sich in weiten Teilen mit meinen. Ich bin froh es gelesen zu haben, habe die Zauberberg-Ausstellung damals im Literaturhaus dazu sehr genossen, aber habe es irgendwann einfach weglegen müssen, weil ich es dann doch nicht bis zum Ende durchgehalten habe.

    Ich mochte die Atmosphäre aber sehr und denke noch häufig an das Buch. Aber noch mal lesen würde ich es glaube ich nicht, oder doch ganz vielleicht falls ich mal irgendwann eine Liegekur machen muss.
    Ich lasse Dir noch mal meinen link da zum Zauberberg, hauptsächlich damit du dir noch mal die Bilder von der Ausstellung angucken kannst falls Du magst 🙂
    https://bingereader.org/2016/04/19/der-zauberberg-thomas-mann/
    Schönen Sonntag noch 🙂

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