Fantastischer Film: Cinema Paradiso

Zum Jahresende darf es etwas besonderes sein – nämlich mein liebster Film aus dem Jahr 2019. Giuseppe Tornatores Cinema Paradiso ist die wohl größte und schönste Hymne an das Kino und die Liebe zum Film. Schauplatz ist ein sizilianisches Dorf ab den 1940er Jahren. Der kleine Salvatore (Salvatore Cascio), genannt Toto, lebt mit seiner Mutter und Schwester in bescheidenen Verhältnissen. Die Nachwehen des Krieges setzen ihnen schwer zu und sie warten auf die Rückkehr des Vaters – oder eine Meldung über seinen Tod. Der Junge beginnt viel Zeit im Kino Cinema Paradiso zu verbringen, ist begeistert von den Bewegtbildern und findet im Filmvorführer Alfredo (Philippe Noiret) eine Vaterfigur. Anhand ihrer Leben und er des titelgebenden Cinema Paradiso wird der Wandel der Gesellschaft, Geschichte und Träume der Menschen erzählt. Geschichten vom erwachsen werden, wünschen und lieben.


„Cinema Paradiso Official 25th Anniversary trailer from Arrow Films“, via Arrow Films (Youtube)

Der Film inszeniert das Kino als einen sozialen Ort. Einen, der das Leben so vieler Menschen des sizilianischen Dorfes wiederspiegelt. Da werden Fehden ausgetragen, da finden Menschen zueinander, da weinen oder lachen alle gemeinsam; ob sie einen Sitzplatz haben oder nicht. Mal reißt der Film, mal ist er unscharf, mal gibt es einen Boykott oder auch Probleme an die Filmrollen zu kommen. Der Dorfpfarrer pocht gar auf eine Zensur: sichtet alle Filme als Erster und ordnet an welche Szenen zu entfernen sind – sehr zum Ärger der Zuschauer, die seit Jahren keine Kussszene gesehen haben. Solche Anekdoten machen das Cinema Paradiso zum Herz des Dorfes und zu einem integralen Bestandteil vieler Leben. Es liegt auf der Hand, dass das Cinema Paradiso nicht nur für Toto purer Eskapismus ist, sondern viele in den Bewegtbildern kurz den harten Alltag vergessen. Dank Alfredo findet Toto ein zweites Zuhause im Kino und an der Seite des Filmvorführers. Er wertet quasi sein ganzes Leben mit Alfredo aus – vom Prügel, den er von seiner Mutter bezieht, über den Schabernack, der ihn in der Schule fast den Hals kostet bis hin zur ersten großen Liebe.

In der heutigen Zeit des Überflusses, Streamings und der Mega-Blockbuster nehmen viele Filme und das Kino vielleicht nicht mehr als so besonders wahr wie es der Film erzählt. Cinema Paradiso erinnert uns aber an die Magie und das Miteinander, das wir im Lichtspielhaus teilen. Die gebannten Gesichter, die geteilten Tränen. Tatsächlich wird Toto während des Films erwachsen und Alfredo dabei eine feste Konstante. Die Beziehung der beiden ist besonders und rührend. Zwar mag der Film vorhersehbar erscheinen, aber der Magie kann sich kein Filmliebhaber entziehen. Obwohl der Film als nicht autobiografisch angegeben wird, spiegelt er einige Etappen des Lebens von Regisseur Giuseppe Tornatore wider und ist nicht nur ein emotionaler sondern Genre-Rundumschlag, der in keine Schublade passen will. Der ca fünfzig Minuten längere Directors Cut hat übrigens eine andere Note als die Kinoversion und legt mehr wert auf die Liebesgeschichte Totos. Dürfte aber noch schwerer zu kriegen sein und es ist fraglich, ob das Ablenken vom Kino und der Geschichte Alfredos und Totos nicht die auch so wunderbare Botschaft verwässert. Heißt: unbedingt schauen! Es muss auch nicht der Director’s Cut sein.

Cinema Paradiso, Italien/Frankreich, 1988, Giuseppe Tornatore, 118 min

Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆

3 Antworten

  1. […] gut unterhalten und der Saal war ein Ort der Gemeinschaft. So, wie Steffi es in ihrem Artikel zu „Cinema Paradiso“ […]

  2. Die Magie des Films in Form eines Films zu zeigen, ist immer eine gute Idee. Wohl auch einer der Gründe, warum ich „Hugo Cabret“ so mag. Den hier kenne ich übrigens gar nicht, aber das sollte sich wohl unbedingt mal ändern, scheint mir.

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