#Japanuary 2021 – Besprechungen zu „100 Yen Love“, „Jam“ & Fazit

やった!! Geschaft! Es war etwas knapp, weil zwei der Filme, die ich schauen wollte zwischenzeitlich von Streamingplattformen verschwunden sind. Aber im Umkehrschluss war das eigentlich nicht schlecht, weil ich so nochmal auf das Streamingangebot von Vimeo aufmerksam wurde und letzten Endes doch noch alle Filme schauen konnte. Damit endete für mich am letzten Januar-Wochenende der Japanuary 2021 mit den verbliebenen zwei Filmen meiner Liste.

100 Yen Love

Ichiko (Sakura Ando) hat die Uni geschmissen, lebt wieder bei ihren Eltern und verbringt den Tag mit Videospielen auf der Couch. Das kollidiert besonders empfindlich mit den Ansichten ihrer Schwester und nach einem handfesten Streit samt umgeworfenen Tischen und Scherben muss Ichiko ausziehen und auf eigenen Beinen stehen. Das gelingt so semi gut. Zwar beginnt sie in dem 100-Yen-Shop zu arbeiten, den sie schon vorher oft besucht hat, aber leidet auch unter einem übergriffigen Kollegen und verliebt sich so mehr oder weniger glücklich in den Boxer Yuji Kano (Hirofumi Arai). Als die Welt ihr zu oft eine runtergehauen hat, meldet sich Ichiko in einem Box-Verein an und schlägt zurück.


„100 Yen Love (Kino-Trailer)“, via KAZÉ Deutschland (Youtube)

Ichikos Trigger um mit dem Boxen anfangen zu wollen ist anfangs die Anziehung zu Yuji und auch das Miteinander der Boxer. Wo Ichiko nur Konflikt und Versagen kennt, sieht sie wie die Kämpfe zwar stets zu einem Gewinner und Verlierer führen, aber auch zu Versöhnung. In sportlicher Fairness und Verbindung reicht man sich nach dem Kampf die Hände und „verträgt sich“. Diese Versöhnung ist einerseits etwas, das Ichiko sucht, aber auch endlich einmal zu gewinnen. Besonders einschneidend ist dabei aber der Wandel von der Ichiko zu Beginn des Films, die nichts will zu einer Ichiko, die auf ein Ziel hinarbeitet und viel Schweiß investiert. Bis dahin dauert es aber ein gutes Stück. 100 Yen Love ist ein Slowburner, der über die Trägheit der ersten Hälfte mit Humor und Empathie hinwegtäuscht, aber Ichiko leider auch einiges zumutet. Besonders mag ich Masaharu Takes Film aber für den Realismus, denn Boxen ist kein Spaziergang. Sakura Ando brilliert in einer großartigen Performance als anfangs etwas verschrobene und vom Leben verhärmte und verunsicherte junge Frau, die mit einem Ziel und einer Leidenschaft zu sich findet.

100 Yen Love (百円の恋 „Hyakuen no Koi“), Japan, 2014, Masaharu Take, 113 min, (8/10)

Sternchen-8

Jam

Augenscheinlich haben die Leben des Enka-Sängers Hiroshi (Sho Aoyagi), des Chauffeurs Takeru (Keita Machida) und des frisch aus dem Gefängnis entlassenen Tetsuo (Nobuyuki Suzuki) nicht viel miteinander gemeinsam. Die Kür von SABUs Film ist, ihre Handlungsstränge zusammenzuführen. Hiroshi wird von einem „Stan“, also einem manischen Fan (Mariko Tsutsui), entführt und gezwungen ihr einen Song zu schreiben. Tetsuo beschließt blutige Rache an seinen ehemaligen kriminellen Kollegen zu verüben und zu Takeru haben die Götter gesprochen, dass seine kranke Freundin wieder die Augen öffnet, wenn er nur genug gute Taten vollbringt. Einige der Verbindungen zwischen den Dreien sind wahrlich schicksalhaft, wenn sie offenbart werden. Manche Wege kreuzen sich mehr als einmal, manche nur kurz und im Vorbeigehen; aber tatsächlich sind die Drei mehr oder weniger miteinander verbunden. Das zu ergründen ist ebenso spannend wie die Frage wo sie alle einen Tag später sein werden. Oder ob sie dann noch leben.

Entkommt Hiroshi dem Stan? Wird Takerus Freundin die Augen öffnen? Und wird Tetsuo seinen Racheakt überleben? Die Formel funktioniert in der ersten Hälfte des Films besser. Jam lässt uns leider genauso wenig in die Köpfe unserer Protagonisten schauen wie es ihre Geschichten vollkommen zu Ende erzählt. Andererseits demonstriert der Film auch, dass das vielleicht nicht zwingend notwendig ist ganz im Sinne von „show, don’t tell“. Wer allerdings offene Enden nicht abkann, wird frustriert sein. Sieht man zudem Tetsuo Heerscharen von Gangstern mit einem Hammer verprügeln, kann man den Vergleich zu Oldboy auch nicht so ganz wegwischen; genauso wenig wie sich die Parallelen von Hiroshis albtraumhafter Nacht zu Stephen Kings Misery vergessen lassen. Davon abgesehen ist Jam handwerklich gut gemacht und hat ein besonderes Fingerspitzengefühl für seine Charaktere und Charaktermomente. Interagiert Hiroshi mit seinen Fans, spricht eine bedrückende Leere aus seinem Gesicht. Stattdessen eine unbeschreiblich schöne Hoffnung aus Takeru, der so fest daran glaubt seine Freundin retten zu können.

Jam, Japan, 2018, SABU, 122 min, (6/10)

Sternchen-6


„Jam (HD-Trailer)“, via Filmreporterde (Youtube)

Fazit

Das war es schon wieder. Es ist jedes Mal sehr schade, wenn der Japanuary vorüber ist. Aber andererseits kann jeder Monat Japanuary sein, wenn wir das möchten. 😉 Es hat mir wieder sehr viel Spaß gemacht – auch durch die Interaktion auf Twitter. Zwar hätte ich auch dieses Jahr dort aktiver sein können, aber immerhin kam es zu mehr Austausch als im letzten Jahr. Und das immerhin trotz „erschwerter“ Bedingungen. Denn seit letztem Jahr läuft unter dem Hashtag #Japanuary (und inzwischen auch #Japanuary2021 was eigentlich unser Ausweich-Hashtag sein sollte) auch eine andere Aktion, die die Timeline durchaus etwas flutet. Trotzdem ganz nett anzuschauen – schließlich scheint sich der „andere Japanuary“ damit zu beschäftigen Fotos aus Japan zu posten. Es gibt schlimmeres … .

Ein bisschen schade ist es ja, dass ich an einige der Filme, die ich gern gesehen hätte, gar nicht rangekommen bin. Import-DVDs/BluRays ohne Untertitel sind dann doch nicht so meins und so schaffte es vieles gar nicht erst auf meine diesjährige Liste. Vorrangig Filme von Regisseurinnen. Das ist eine traurige Bilanz und ich kann nur hoffen und appellieren, dass sich da etwas auf dem Markt tut. Was war nun der beste Film meiner Filmliste? Tatsächlich das Segment Invisible aus der Anthologie Bescheidene Helden von Studio Ponoc. Hätte ich den alleine geschaut, wäre das eine 10/10 für mich. Die anderen beiden Kurzfilme waren auch sehr schön, haben mich aber nicht ganz so gekriegt. Sehr sympathisch fand ich auch Herr Fuku-chan von nebenan und 100 Yen Love. So … und was kommt nun nach dem #Japanuary!? Die ganzen Beiträge aus der Blog- und Podcastbubble durchsuchten und natürlich und sich auf die Nippon Connection freuen. 🙂

Zu den bisherigen Artikeln

Ankündigung/Filmliste
Besprechungen zu „Happiness“, „Bescheidene Helden“ & „Terra Formars“
Besprechungen zu „Creepy“, „Lesson of the Evil“ & „Herr Fuku-chan von nebenan“

Header Image Photo Credits: Andre Benz

Wie war euer Japanuary? Alles geschafft? Und was war euer Highlight? Was konnte euch nicht so recht überzeugen? Und auf welchen Plattformen oder mittels welcher Kanäle habt ihr untereinander am meisten interagiert? Nächstes Jahr wieder? 🙂

4 Antworten

  1. Ich freu mich auch schon auf die Nippon Connection! letztes Jahr gabs da so ein feines Angebot, hoffe das ist diesmal wieder so.

    @Filme
    Ich hab dieses Jahr mal nichts gekauft, da ich nicht wirklich fündig geworden bin oder die Discs einfach noch zu überteuert waren, also hab cih via stream mit mal welche gekauft, was ich ungern mache (möchte sie haben XD)
    Letztlich hab ich dennoch 20 Filme geschaut und ein neues feines derbes Werk für mich entdeckt: The World of Tanako 😀

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Das hoffe ich auch! Aktuell läuft ja noch das Crowdfunding. Bin heute meine Spende losgeworden und hab mir dieses Jahr sogar ein, zwei Tage Urlaub um die Zeit rum eingeplant XD

      Hui, 20 Filme ist ne Menge 😉 Laut Regeln muss man ja nur 8. 20 ist glaube ich die Summe aller Filme, die ich insgesamt im Januar geschaut habe, lol.
      The World of Kanako, meinst du, oder? Der war mir ein bisschen zu abgedreht im Sinne von ich konnte die Charaktere nicht nachvollziehen. Aber spannend war er.

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  3. […] Filmen und auch von Kunst im Film und dem Abenteuerfilm. Außerdem habe ich natürlich am Japanuary teilgenommen und am Horrorctober. Den Noirvember musste ich leider skippen, weil kaum einer meiner […]

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