Serien-Besprechung: „Mad Men“ Season 4

Uff, warum habe ich so lange gebraucht eine Besprechung zu „Mad Men“ Season 4 zu veröffentlichen, wenn ich sie doch im Januar 2020(!) zu Ende geschaut habe!? Wahrscheinlich weil soviel passiert ist – und soviel Drama! Die Besprechung ist spoilerfrei, enthält aber zwangsläufig Spoiler für vorherige Staffeln.

Während in der dritten Staffel trotzt angedeuteter großer Veränderungen alles erstmal in gewohnten Bahnen verlief, ist Staffel 4 die, in der nun alle lange entwickelten Handlungsböden beginnen Konsequenzen nach sich zu ziehen. Und sind der offenkundige Anfang von Don Drapers (Jon Hamm) beginnendem Zerfall. Nach der Scheidung von Betty (January Jones) lebt Don ein Junggesellenleben, das ihm weniger gut steht. Er schläft quasi mit allem, was nicht bei drei auf dem Baum ist und einigermaßen seinem Schönheitsideal entspricht. Das führt allerdings auch dazu, dass er einen relativ starken Verschleiß an Sekretärinnen hat. Als er für einen Preis wegen einer Werbekampagne nominiert wird, an deren Erfolg maßgeblich Peggy (Elisabeth Moss) beteiligt war, trägt das zu ihrem Unmut aber auch ihrer Emanzipation von Don bei. Sie wird sich im Zuge der Staffel einige Male erlauben Tacheles mit ihm zu reden und sich gegen ihre männlichen, teilweise debilen Kollegen zur Wehr zu setzen. Dass männliche Rache, v.A. nach Abweisung ebenso hässlich sein kann (Stichwort Lippenstift-Szene), ist eins von vielen Beispielen für das Auslöschen weiblicher Errungenschaften aus der öffentlichen Wahrnehmung. Nimm denen, die nicht mal die mindeste Anerkennung bekommen auch noch Selbstbestimmung und Würde. That’s how it goes.


„Mad Men season 4 Promo“, via steele8280 (Youtube)

Or how it went? Die Staffel hat noch viele weitere Entwicklungen, die sich in der Masse kaum aufzählen lassen. Joan (Christina Hendricks) kämpft mit ihrem Eheglück oder -leid. Don und Bettys Tochter Sally (Kiernan Shipka) kommt in die Pubertät und macht den ganzen Pubertätsspaß mit, auf den Betty auf die jeweils schlechtmöglichste Weise reagiert und die Schuld natürlich einzig und allein bei Don sucht. Und der wird von der Vergangenheit eingeholt auf wie ich zugeben muss sehr ergreifende Weise. Während also Don weiter an früheren Taten zu knabbern hat, ist es wieder Peggy, die voranschreitet und sich mehr traut. Sie ist es letzten Endes auch, die ihre Meinung emanzipiert, in undergroundige Kreise Kreativer eingeführt und politischer wird. Der Shift von Don Drapers Zerfall und Peggy als (so hoffe ich zumindest) Rising Star wird offensichtlicher. Don wiederholt gar die Fehler der Vergangenheit, indem er sich von all seinen Gespielinnen ausgerechnet für die entscheidet, die wohl am ehesten „random“ ist. Aber natürlich sehr hübsch.

Klingt das nicht aber etwas nach Telenovela? Nach Charakterdrama? Ja, sicherlich, das ist es auch. Im privatem geht es in der Staffel ziemlich rund. Aber wie so oft zeigt Mad Men, anstatt zu erklären. Man kann die Realitätsbezüge und politischen oder geschichtlichen Implikationen hier und da ablesen, aber so stark wie in früheren Staffeln sind sie wohl nicht, obwohl der Satz fällt „the world moved on“. Es wird dem Zuschauer eben nicht auf die Nase gebunden, aber durch Taten sichtbar gemacht, dass hier v.A. die Männer nicht mithalten können. Pete Campbell (Vincent Kartheiser) ist von seiner Frau abhängig, während das Machtgefüge zuvor noch andersrum war. Während Don früher halbherzig Peggy gefördert hat, sahnt er nun Preise ab, die auf ihrer Kreativität fußen. Wie so oft muss man in dem Dargestellten lesen können, aber noch nie war Mad Men so „in your face“ wie in der vierten Staffel: entwicklungs- und pointenreich. Bei all dem darf man sehr gespannt auf die 5. Staffel sein.

(9/10)

Sternchen-9

Wie komme ich auf die Idee nach so einer Ewigkeit wieder in meinem Gedächtnis herumzukramen und ausgerechnet jetzt die Besprechung zu schreiben? Weil ich langsam mal weiterschauen muss und will. Schließlich ist die Serie in der Zwischenzeit auf Netflix verschwunden (einer der Gründe, warum ich zwischenzeitlich nicht schauen konnte) und nun wieder auf Amazon aufgetaucht (der Grund, warum ich jetzt endlich weiterschaue). Huh. So kann’s manchmal gehen. Wie habt ihr die Staffel empfunden? Ich bin gespannt, was mich noch erwartet.

2 Antworten

  1. Die vierte Staffel war meine Lieblingsstaffel. Die eine Szene zwischen Peggy und Don in der Nacht in der Agentur. Gänsehaut. Ganz großes Kino. Und ja, auch ein wenig Soap Opera… 😉

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Uuuuh, ich erinnere mich … das war die Folge in der Peggy eigentlich Geburtstag hatte und arbeiten musste/sollte und dann wollte und dann doch nicht. Das war schlimm.
      Mad Men ist auch eine der wenigen Serien, die Soap Opera so „bedeutungsvoll“ machen kann XD

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