Serien-Besprechung: „Mad Men“ Season 5

Wow. Das ist für mein Empfinden die vielleicht bisher beste Staffel von „Mad Men“. Vielleicht entsteht der Eindruck aber v.A. auch dadurch, dass einige große Dinge passieren. Review ist spoilerfrei für Season 5, aber nicht für vorherige.

Mit Beginn der fünften Staffel hat sich einiges bei Sterling Cooper Draper Pryce verändert. Don (Jon Hamm) ist inzwischen mit Megan (Jessica Paré) verheiratet. Die neue „Mrs Draper“ macht mit Peggy (Elisabeth Moss) als Vorgesetzer erste Schritte als Copywriterin. Es lässt sich anhand der Anziehung zwischen Don und ihr und mit Betty als Dons Ex nicht abstreiten, dass er offenbar „einen Typ“ hat. Zumindest erwecken beide aber im privaten sehr wohl den Eindruck als ob Don und Megan es besser machen als einst Don und Betty (January Jones). Er erzählt ihr sogar von seiner richtigen Identität als Richard Whitman. Der Beginn der Staffel zeigt das mehr als deutlich, sowie auch, dass Don durch Megan weicher und abgelenkter geworden ist. Ihm entgehen Dinge in der Firma, er nimmt am kreativen Prozess (noch) weniger teil und Megans „Geburtstagsgeschenk“ für Don macht in der Firma die Runde. Sehr zum Nachteil für Megan. Fraglich ist nun, ob Don diesen zumindest im privaten wünschenswerten Wandel beibehält? Das Ende der Staffel gibt eine überdeutliche Antwort.

Bis dahin stehen die anderen Mad Men und die Frauen, die unter diesen leiden, im Zentrum. Und das in dieser Staffel wahrscheinlich so auf den Punkt und so dramatisch wie in keiner zuvor. Peggy nimmt immer mehr die Rolle als Ersatz-Don ein ohne dafür die entsprechende Würdigung zu bekommen und zieht daraus ihre Konsequenzen. Joan (Christina Hendricks) erlebt als Mutter Diskriminierung. Von Personen, die ihr nicht mal die Tür aufhalten, wenn sie mit dem Kinderwagen schwer hindurchkommt bis hin zu Frauen, die nicht verstehen, warum sie arbeiten gehen statt das Kind hüten will. Als sie aber doch wieder beginnt zu arbeiten, bekommt sie Verbündete, die ihr vorher nicht als solche erschienen.

Die schockierenden letzten 3 Episoden der Staffel werden von 5×11 „The Other Woman“ eingeleitet, in dem Joan vor eine mehr als erwerfliche Wahl gestellt wird, die wiederum offenbart wie kaltblütig Peter Campbell (Vincent Kartheiser) inzwischen ist und wie weit er für den beruflichen Erfolg geht. Sicherlich ist das auch Ausdruck seiner privaten Unzufriedenheit und der offenbar allzu männlichen Krankheit irgendeinem verlorenen Jäger-Instinkt nachzugehen, sich wieder jung und begehrt zu fühlen und mit aller Macht eine Affäre finden zu wollen. Man kann sagen, dass die Firma ihn offenbar zu einem der „Mad Men“ erzogen hat. Anders ist es um Lane Pryce (Jared Harris) bestellt, der hier wohl seine stärkste und in vielerlei Hinsicht schockierendste Staffel erlebt. Er versucht so stark irgendwo einen Platz zu finden. In der Firma, in seinem Privatleben – das führt zu einigen der denkwürdigsten Szenen der Staffel und vielleicht sogar der Serie. Manche davon sehr schmerzhaft.


„Mad Men Season 5 Episode 5 Lane Pryce Fights Peter Campbell“, via jokaman83 (Youtube)

Sehr entlarvend für die Weisen der Mad Man der Madison Avenue ist auch der Umgang mit den protesten der Afroamerikaner*innen. Als sie mit einem geschmacklosen Scherz eine andere Firma rösten wollen, bringt ihnen das viele farbige Bewerber*innen ein. Um nicht als Heuchler aufzufliegen „müssen“ sie dann eine*n Afroamerikaner*in einstellen, was ihnen unberechtigterweise einen Status als „early adopter“ und „aufgeschlossen“ einbringt. An den Kommentaren über Dawn (Teyonah Parris) innerhalb der Firma wird deutlich wie wenig bereit sie für den Schritt wirklich waren. Außerdem ist Ben Feldman neu im Cast als wuseliger, ungemein kreativer Mike Ginsberg. Er ist in manchen Dingen etwas ungeschliffen, aber witzig, unheimlich energetisch und Don beginnt sogar in ihm eine Bedrohung zu sehen. Es gibt ein paar Andeutungen um Mikes Geburt und familiäre Situation, die verblüffen und soviele Fragen wecken, die bisher nicht beantwortet werden.

Hoffentlich macht Mad Men in den kommenden Staffeln nicht denselben Fehler wie bei Salvatore Romano und sovielen anderen Nebencharakteren und baut Ginsbergs Geschichte aus, statt das Potential mit wenigen Andeutungen verebben zu lassen. Schon immer ließ Mad Men die Zuschauer*innen gern viel selber deuten. Aber eine ganze Lebensgeschichte kann man sich nicht ausdenken. Alexis Bledel ist auch Teil des Casts und an ihr wird hingegen innerhalb weniger Folgen bewiesen, dass die Serie auch den Handlungsbogen seiner Nebencharaktere zu einem Abschluss führen kann. Aber es gibt auch ein Wiedersehen mit bereits etablierten Charakteren. Betty beispielsweise erlebt etwas, was wir bei ihr so vielleicht nicht erwartet hätten. Sie kämpft mit ihrem Gewicht und ihrer Gesundheit. Außerdem gibt es ein Wiedersehen mit einem Charakter, der gleich dazu beiträgt das Zeitgefühl der 60er Jahre einzufangen. Stichwort: „Paul Krishna“.

„Mad Men Season 5 Trailer – Mystery Date“, via DonDraper2012 (Youtube) – der beste Trailer, den ich finden konnte, der aber v.A. durch Szenenwahl, Musik und Suspense (sogar ziemlich meisterlich, aber sehr falsch) den Eindruck erweckt, dass die Seriencharaktere sich in der fünften Staffel in Not befinden und bedroht werden. Was nicht der Fall ist. Es gibt lediglich ein paar Zeitbezüge, dank derer man einordnen kann, dass die Staffel 1966 – 1967 spielt und etwa in der Zeit auch der Begriff des Serienkillers geprägt wurde. Entsprechend wurde viel und anders über Mordserien geredet. Mit Angst und Sensationslust.

Zeitgeist hat schon immer gut in Mad Men funktioniert und wird seit jeher lässig in die Handlung eingestreut. Auch Star Trek und Erwähnungen der Rolling Stones, sowie ein verpatzter Backstage-Besuch Dons helfen das Feeling der 60er Jahre einzufangen. Für Roger Sterling (Roger Sterling) wird es gar ein LSD-Trip sein, der sein Leben in der fünften Staffel gehörig aufräumt und für eine geniale Mindfuck-Episode sorgt. Ganz nebenbei sagt die auch einiges über die Beziehung Rogers und Dons aus. Nicht zu vergessen sind hierbei aber natürlich auch die politischen Entwicklungen wie die Rolle der PoC, die Andeutungen über Streiks und auch die Ausstattung der Serie. Kostüme, Make-up und Interieur: fantastisch! V.A. Dons und Megans Wohnung sieht stark nach Zeitreise aus. Den Flokati kann man förmlich unter den Füßen spüren. Neben all dem hat die Serie aber noch gegen Ende der Staffel einen ordentlichen Schlag ins Gesicht parat, der offenbart wie wenig sich in dieser Madison Avenue Welt für einander interessiert wird und dass sich offenbar jeder selbst der nächste ist. Erfrischenderweise ist Ken Cosgrove (Aaron Staton) der einzige, der für den Wahnsinn der Man Men unempfänglich ist, weil er sein Glück gefunden hat, es von der Arbeit trennt und privat sein Ding macht neben der professionellen Mine. Eine gute Gewissheit.

(10/10)

Sternchen-10

Natürlich schreibe ich die Besprechungen so als ob sie jemand unbesorgt mit dem Wissen einer vierten Staffel lesen kann. Und so erwähne ich eben auch welche Hoffnungen ich bspw. in punkto Mike Ginsberg oder Peggy oder sonstwem für folgende Staffeln habe. Aber mit Willen sich zu spoilern könnten wir alle nachlesen wie sich „Mad Men“ in den verbleibenden zwei Staffeln schlägt. Aber wer würde sich denn den Spaß verderben? Tut das bitte auch nicht in den Kommentaren und haltet etwaige Spoiler möglichst vage oder verzichtet darauf, wenn ihr bereits mehr wisst. Wie hat euch die fünfte Staffel gefallen? Und welche der „Mad Men“-Staffel ist eurer Meinung nach die stärkste? Ich bin schon gespannt, was mich in den verbleibenden erwartet. Vorerst bin ich aber von den einen oder anderen Schockern hier … geschockt.

Eine Antwort

  1. […] der früheren Staffeln: Season 1 | Season 2 | Season 3 | Season 4 | Season 5 | Season […]

Schreibe einen Kommentar zu Serien-Besprechung: „Mad Men“ Season 7 (Serienfinale) | Miss Booleana Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert