Serien-Besprechung: „Das Seil“

Hui, jetzt ist Eile geboten. Bis 26.02.22 kann die französische Serie „Das Seil“ (im Original „La Corde“) in der Arte Mediathek, wahlweise auch der von ARD oder ZDF, geschaut werden. Und das lege ich euch sehr ans Herz, wenn ihr Fans der Mischung aus Drama und Mystery seid.

Es ist ein Seil, das die Gemeinschaft eines Forschungsteams ins Wanken bringt. Die analysieren in der Abgeschiedenheit der norwegischen Wälder in einem Observatorium Signale und bereiten sich auf einen besonders wichtigen Abschnitt ihres Projekts vor. Kaum, dass der große Tag gekommen zu sein scheint, entdecken sie im Wald ein Seil. Sie gehen dem losen Ende nach und suchen den Ursprung. Als der nach einer schon eher länglichen Wanderung nicht gefunden wird, weckt das Seil die Neugier einiger aus der Gruppe. Dass sich der Forscher Ulrik (Jakob Cedergren) schon bei der Erkundung schwer verletzt hat, hätte ihnen ein Zeichen sein sollen.

Am nächsten Tagen brechen der Forschungsleiter Bernhardt (Richard Sammel), die schwer kranke Sophie (Jeanne Balibar), Serge (Jean-Marc Barr), die gerade erst zur Gruppe dazugestoßene Doktorandin Dani (Planitia Kenese), der Koch Joseph (Tom Mercier) und seine Frau Leïla (Christa Théret) auf, um erneut den Ursprung des Seils zu finden. Als sie nach Tagen noch nicht zurück sind, werden Bernhardts Frau Agnès (Suzanne Clément) und das Forschungsteam gelinde gesagt unruhig.

Die franzsösische Serie aus dem Jahr 2021 basiert auf einem Roman des deutsche Schriftstellers Stefan aus dem Siepen und wurde etwas freier adaptiert. Zwar habe ich den Roman leider bisher nicht gelesen, aber die kurze Recherche zeigt, dass es dort Bauern sind, die das Seil entdecken. Hier nun also Forschende, die in einem durch die Abgeschiedenheit und den Job nahezu eingeschworenen Bündnis leben. Die Internationalität des Casts und verschiedenen gesprochenen Sprachen machen Spaß und das Forscherszenario ist ein Paradestück, um das Gefüge durch eine scheinbar beliebige Metapher zu stören. Es braucht nur ein Seil, das imn Wald rumliegt.


„LA CORDE Bande Annonce (2022) Série Thriller“, via Bandes Annonces Cinéma (Youtube)

Mit gerade Mal drei Episoden zu 40-50 Minuten Spielzeit könnte man Das Seil auch als Episodenfilme oder Kurzfilmreihe betrachten. Von zentraler Bedeutung ist der Wissensdurst des Menschen, der hier zwei verschiedene Gesichter zeigt. Einmal anhand der Forscher*innen, die in der Station verbleiben. Sie arbeiten gemeinsam auf ein Ziel hin und teilen Freud wie Leid. Die Euphorie bahnbrechender Entdeckungen ist erlebbar und wird als Produkt einer Teamarbeit gezeigt – ein lohnenswertes Bild. Das Seil hingegen ist Bringer des Chaos, so unschuldig es da liegt. Kaum, sind sie unterwegs, wollen die wenigsten von ihnen umkehren. Mit jedem Meter durch die norwegischen Wälder wird das Seil interessanter, dass sich sogar durch Klippen schlängelt. Wer hat es hier hingelegt? Warum? Das ist nicht einfach nur ein Versehen so wie es gespannt und gelegt ist.

Sie alle haben unterschiedliche Motivationen. Manche geben sich einem milden Gruppenzwang hin, andere versprechen sich Wunder von dem Seil bis hin zu Bestätigungen von Theorien über Gott, die Welt und Schicksal. Andere wollen einfach nicht wieder zurück in ihr altes Umfeld. Irgendwann entstehen in der Runde unterschiedliche Meinungen darüber, ob man weitergehen soll oder nicht. Es gibt Unfälle und Tote. Das Seil ist ein perfekter Anti-Slasher. Durch die brutale und teilweise plötzliche Art und Weise wie einige der Gruppe sterben, stellt sich bei Zuschauenden echter Schock und Bestürzung ein. Bevor ihr an der Logik der Serie zweifelt: Handys sind auf der Forschungsstation nicht erlaubt und Mobilfunkempfang gibt es eh nicht. Natürlich.

Es ist aber nicht nur das durch das Seil ausgelöste menschliche Dilemma unterschiedlicher Motivationen und Gruppendynamik. Das Seil spielt auf ausgezeichnete Weise auch mit einem Hauch Sci-Fi. Es lässt die Option offen, dass die Exkursion der Gruppe ein quantenmechanisches Phänomen, andere Dimensionen, jedenfalls etwas unerklärbares ist. Während wir die Forschenden beobachten, vergehen Tage und Wochen, irgendwann Monate. Es gibt Jahreszeitenwechsel. Erleben wir die Erzählung derer die das Seil suchen rückblickend? Sie scheinen jedenfalls „nur“ Tage unterwegs zu sein. Wenn ja, warum kann die Polizei sie dann nicht finden? Wer perfekte Erklärungen braucht, wird mit der Serie nicht glücklich. Stattdessen ist es der Appeal des Unerklärlichen und der Möglichkeiten, wie wir das Gesehene deuten können, der Das Seil so anziehend macht. Ihr wisst schon. Die Serie wie, naja, das Seil im Wald. Ist es komisch, trotzdem Wanderlust zu verspüren, nachdem man die Serie geschaut hat? (8/10)

Sternchen-8

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Wow, das hat auf eine seltsame Weise Spaß gemacht. „Spaß“ erscheint nicht wie das richtige Wort, weil teilweise sehr schlimme Dinge in der Serie passieren. Aber ich bin dem Genre Mystery (und Mystery-Dramen) eigentlich am allermeisten zugetan, habe nur seit einer Weile keine mehr gesehen. Habt ihr die Serie zufällig gesehen oder das Buch gelesen? Wie hat es euch gefallen? Und … würdet ihr dem Seil nachgehen? Ich definitiv. Aber ich würde auch zurückgehen, wenn es am ersten Abend dunkel wird.

Eine Antwort

  1. Beides und mochte beides auf seine eigene Art 🙂

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