7ème art: Monumentalfilme

Warum ausgerechnet jetzt Monumentalfilme? Zum Einen weil der Dezember hinter uns liegt, ein Monat in dem ich meist angespornt durch Feiertage mehr Geduld und wirklich auch Lust auf  Filme mit monumentaler Spieldauer habe. 🙂 Zum Anderen liegt das Jahr 2022 nun hinter uns. Ein Jahr, das im Guten wie im Schlechten monumentale Ereignisse gesehen hat. Ansonsten definieren sich aber Monumentalfilme als solche, die in irgendeiner Form überdimensioniert sind. Beispielsweise zählen einige als Monumentalfilme wegen herausragender technischer Neuerungen oder wegen episch großer und schwer zu koordinierbaren Massenszenen. Ich stelle zudem die Behauptung auf, dass manche den Status zusätzlich wegen ihrer epischen Spieldauer haben. 😉 Also heute: sieben Filme, die man als „Monumentalfilm“ bezeichnen kann.

Ben Hur

Keine Liste über Monumentalfilme ohne Ben Hur!? Dabei galt der Film bereits zu seiner Veröffentlichung als sehr weit weg von den historischen Fakten. Ben Hur auf dem gleichnamigen Roman von Lew Wallace aus dem Jahr 1880, der bereits 1925 schon einmal verfilmt wurde. Auch diese hier von 1959 sollte nicht die letzte bleiben! Und damals MGM retten. Das hat geklappt, aber die Dreharbeiten waren auch enorm lang und teuer. Trotzdem oder gerade deswegen ist Ben Hur ein Filmklassiker. Er verfolgt das Schicksal des (fiktiven) jüdischen Fürsten Judah Ben-Hur (Charlton Heston) im Jahr 26 n. Chr. in Judäa. Dort trifft er seinen Freund Messala (Stephen Boyd) wieder, der ihm einst das Leben rettete und nun als römischer Tribun die Rebellion der Judäer gegen das Römische Reich niederschlagen will. Als es einen unglücklichen Unfall gibt, in den Ben Hurs Familie verwickelt ist, verbannt Messala Ben Hur zur Galeerenstrafe, d.h. der Zwangsarbeit unter Deck. Ben Hurs Mutter und Schwester lässt er wegsperren. Aber Ben Hur überlebt den zehrenden Dienst und kehrt von Rache getrieben zurück.

Irgendwann habe ich mal gelesen, dass Ben Hur als „Anti-Jesus“ bezeichnet wurde, da er auf Rache sinnt, statt auch noch die andere Wange hinzuhalten. Der Vergleich kommt nicht von ungefähr, denn die Jahreszahl offenbart, dass Judah Ben-Hur ein Zeitgenosse Jesu Christis ist. Außerdem beginnt der Film mit der Geburt Christis, den heiligen Drei Königen, Stern und Krippe (so mehr oder weniger). Ab und zu erscheint Jesus als eine Figur am Rand, deren Schicksal letzten Endes Ben Hur sehr bewegt. Wegen dieser christlichen Motive sagten gar Darsteller wie Burt Lancaster die Rolle des Ben Hur ab. Ob man die Motive nun gut oder schlecht findet, ist es faszinierend zu sehen wie Wyler und sein Team sich der Aufgabe gestellt haben Jesus Christus abzubilden ohne ihn abzubilden. Manches wirkt gelungener als anderes bei den verschiedenen Lösungen. Grundlegend bleibt dort auch das Motiv des Guten oder zumindest des Bystanders Ben Hur, an dem ein Exempel statuiert werden sollte – rechtfertigt das Rache?

Einerseits mag seine Rückkehr auf eine gewisse Weise glorreich sein, aber hat diese auch eine Wirkung oder ist nur zum Selbstzweck? Das muss man erstmal verstehen, denn der Film adressiert das nur zwischen den Zeilen. Will man Ben Hur einfach als glorreichen Helden sehen, dann findet man dafür genug Futter, worin auch mein Kritikpunkt liegt. Man muss die Botschaft sicherlich nicht einreiben und verbalisieren, aber Filme haben doch mehr Mittel. Auch wenn die Galeerenstrafe höchstwahrscheinlich zu der Zeit kein Konzept war und das Wagenrennen sehr weit weg von der Realität ist, spürt man das Monumentale im Monumentalfilm. Das Wagenrennen ist in der Tat rasant und sandig.

Ben Hur (OT: Ben-Hur), USA, 1959, William Wyler, 222 min, (7/10)

Sternchen-7


Lawrence of Arabia – official trailer – presented in 70mm, Park Circus, Youtube

Lawrence von Arabien

Könnte antiklimaktisch sein, weiß aber das Mittel richtig einzusetzen. Zu Beginn des Films werden wir Zeuge des Todes von T. E. Lawrence (Peter O’Toole), einem ehemaligen britischen Offizier. Nach dem Begräbnis versucht ein Reporter den Anwesenden ein paar Fakten und Zeilen über Lawrence abzuringen. Alle behaupten zwar irgendwie, dass sie ihn kennen, aber doch kann oder will keiner was bedeutungsvolles sagen. Vielleicht weil ihn nie wirklich jemand verstanden oder es versucht hat. Der Film mit wahrhaft epischer Spieldauer von fast vier Stunden entführt uns zum Anfang von Lawrence Geschichte. Als etwas subversiver und um die Ecke denkender Offizier wird er auf die arabischen Halbinsel versetzt und soll dort dem arabischen Prinzen Faisal (Alec Guinness) im Kampf gegen die türkische Invasion beistehen. Lawrence ist nicht hilflos, als sein Beduinen-Führer in der Wüste schnell das Zeitliche segnet, kämpft er sich bald alleine zu Faisal durch und überzeugt auch nach und nach seinen größten Kritiker Sherif Ali Ibn El Kharisch (Omar Sharif). Bald tauscht er die Uniform gegen das Gewand der Beduinen und beweist Sherif Ali, dass das Schicksal eben doch vielleicht noch nicht niedergeschrieben ist. Aber der Film wäre schnell zu Ende, wenn all das nicht teuer erkauft worden wäre.

Durch den aufgeweckten, riskanten und humorvollen Charakter Lawrences ist es leicht die sehr lange Exposition zu überstehen. Lawrence tut einiges, was sehr gewagt wirkt. Er verschenkt relativ schnell seine Waffe und reitet schutzlos durch die Wüste. Er schlägt wahnwitzige Dinge vor wie die Wüste Nefud zu durchqueren, um türkischen Truppen zuvorzukommen. Lawrence trotzt den ungeschriebenen Regeln der Wüste, wo ein Leben manchmal wenig wert ist und mischt die Karten neu. Denn für Lawrence ist jedes Leben viel wert. Der Film zeigt aber auch wie Lawrence an den Zielen mächtigerer Männer verbrennt. Während er auf die Unabhängigkeit der arabischen Staaten hofft, haben die Briten andere Pläne. Was dem Film weniger gut gelingt ist diese Phase des gebrochenen Lawrence abzubilden. Zu verschlossen ist seine Gedankenwelt ab diesem Zeitpunkt. Vom Schauspiel wie auch den Kulissen und Bildern aus der Wüste bin ich fasziniert. Ob man die Charaktere als stereotyp bezeichnen sollte, kann ich nicht beurteilen. Dazu würde es vielleicht helfen die Literaturvorlage Die sieben Säulen der Weisheit zu lesen, Lawrences Kriegsbericht, zusätzlich zu anderen Quellen. Der Film Lawrence von Arabien wirkt aber wie ein wahrhafter filmischer Kraftakt, dessen Wüstenbilder durstig machen und greifbar, was man sich unter einem Wüstenepos vorzustellen hat.

Lawrence von Arabien (OT: Lawrence of Arabia), UK, 1962, David Lean, 227 min (Neufassung), (8/10)

Sternchen-8

Cleopatra

Cleopatra ist eigentlich schon wegen der Produktionsgeschichte monumental. Und in mancherlei Hinsicht ein monumentaler Traum und Albtraum. Selten habe ich aber Filmgeschichte so gespürt wie bei Cleopatra und anderen Filmen in dieser Liste. Einer der Gründe für die Verzögerungen des Drehs und die Kostenexplosion, die das nach sich zog, waren Elizabeth Taylors Erkrankungen. Zeitungen berichteten gar von ihrem Tod. Eine Narbe, später im Film gut sichtbar, zeugt von einem Luftröhrenschnitt. Taylor spielt in dem Film die Ptolemäer-Königin Kleopatra VII., die versucht wieder auf den von ihrem Bruder besetzten Thron zu kommen. Dabei soll ihr niemand geringeres als Julius Caesar (Rex Harrison) helfen.

Joseph L. „Mank“ Mankiewicz arbeitete am Drehbuch mit und wurde inmitten der schwierigen Produktion als Regisseur eingesetzt. Historische Fakten und Debatten sind sicherlich nicht ohne diverse Interpretationen oder Ausschmückungen abgebildet, geben aber historisch wichtige Etappen wieder. Taylor ist als Kleopatra eine polarisierende Gestalt, die in jedem Fall herrschaftliche Aura verströmt. „I will not have love as my master“ – letzten Endes ist aber gerade das ein wichtiges Element der Handlung und Quelle aller tragischen Verwicklungen wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Sowohl was ihre Beziehung zu Caesar als auch zu Marcus Antonius (Richard Burton) betrifft.


Cleopatra (1963 ) Elizabeth Taylor Entrance into Rome Scene (HD), Astrotema, Youtube

Opulent sind sowohl die Seeschlacht gegen Ende als auch Cleopatras Auftritt in Rom, samt Festwagen, Tänzer:innen und farbenfroher Aufführung und Inszenierung. Was den Film selbst in der angedachten Langversion von vier Stunden selbst nicht transportiert ist der Abstieg Marcus Antonius‘. Selbst wenn es Erklärungen für die mangelnde On-Screen-Chemie zwischen Cleopatra und ihm gibt (im real life soll das wohl zwischen Taylor und Burton etwas anders gewesen sein), springt ab dort kein Funke mehr über. Ist es nun die Schuld des Films, dass die Produktionsgeschichte am Ende spannender ist? Das Make-up, damals preisverdächtig, wie auch die weißen Darstellenden würden wohl heute kulturelle Aneignung rufen, was ich auch so sehe, aber dem Film nicht zu Lasten lege.

Cleopatra, USA, 1963, Joseph L. Mankiewicz, 241 min, (8/10)

Sternchen-8

Ran

Ran bedeutet in der Lesart soviel wie Aufruhr und das beschreibt es sehr passend, was der alte Fürst Hidetora Ichimonji (Tatsuya Nakadai, hier in Maske kaum zu erkennen) auslöst, als er bekannt gibt, dass er sich zur Ruhe setzt. Er will seine Güter und eroberten Burgen an seine Söhne verteilen. Der älteste soll sein Nachfolger und das offizielle Familienoberhaupt werden. Er selbst möchte seinen Lebensabend zusammen mit den Söhnen auf deren Anwesen verbringen. Aber letzten Endes hat jeder der Söhne und so manche der Umstehenden eine ganz eigene Agenda. Ichimonjis gut und vorausschauend gemeinte Tat, sowie die Kriege und Ausbeutung die er in seiner Vergangenheit angezettelt hat, verfolgen ihn und stürzen ihn in eine tiefe Krise bis hin zum Wahnsinn. Das aus dem Gleichgewicht geratene Machtgefüge mündet in Krieg und Chaos.


RAN – New Trailer – Restored in Stunning 4K – In Cinemas April 1, StudiokanalUK, Youtube

Man sieht, dass hier ein Meister am Werk war. Zu Beginn des Films sitzen der Vater und die Söhne mit dem Gefolge auf einer satten, grünen Anhöhe. Die Farben in denen die Söhne gekleidet sind, sind die ihrer Wappen und Fahnen, die später das Kriegsfeld dominieren werden. Die einzigen anderen Farben werden das verwaschene Schwarz der Leichenberge und von Ruß und das leuchtende Rot von Blut sein. Kenner erinnert die Handlung vielleicht an etwas: Es ist Shakespeares King Lear, das Kurosawa sich vornahm und in das Japan des 16. Jahrhunderts versetzte. Der Film vereint viele Kostümfilm, Drama, Historienfilm (Jidai-geki) und auch Monumentalfilm. Denn, was wie ein Drama mit einer ordentlichen Prise Pathos und Ethos beginnt, mündet in einem sauber choreografierten Krieg in dem die Treue und das Ehrgefühl der Samurai in krassem Gegensatz zu den niederen Motiven ihrer Herren stehen. Einzig und allein Hidetora Ichimonjis Maske und die des blinden Tsurumaru wirken sehr kabuki-esque und entrückt. In Ichimonjis Fall unterstreicht es zumindest gekonnt seinen fortschreitenden Wahnsinn.

Ran (OT: 乱, „Ran“), Japan/Frankreich, 1985, Akira Kurosawa, 160 min, (8/10)

Sternchen-8

Gladiator

Was muss man zu Gladiator sagen? Wer ist bisher an diesem Film vorbeigekommen? Ridley Scotts Monumentalfilm liefert eine Variante der Ereignisse, die den Untergang des Römischen Reiches nacherzählen. Vor Allem dessen brutale Verrohung verbunden mit einer epischen Vergeltungsgeschichte. In der ernennt der gebrechliche Kaiser Mark Aurel (bzw. Markus Aurelius, Richard Harris) den mutigen und aufrechten Feldherren Maximus (Russell Crowe) zu seinem Nachfolger und gibt ihm damit den Vorzug vor seinem Sohn Commodus (Joaquin Phoenix). Als Commodus das erfährt, bringt er seinen Vater um, lässt Maximus als Verschwörer festnehmen und dessen Familie umbringen. Lange Zeit später wird Commodus wieder die Gladiatorenkämpfe in Rom einführen. Niemand geringeres findet sich dort vor als der Sklave, nun Gladiator, Maximus.

Dabei wollte Maximus doch eigentlich nur nach Hause zu seiner Familie. Man merkt, dass Ridley Scott ein Fan von Ben Hur ist, so fühlt sich der Film gemessen an den Motiven doch fast wie ein Remake an. Sicherlich nicht in den Details, zumal Maximus ein Held ist, mit dem man leichter sympathisieren kann. Er will ein besseres Leben für die Menschen im Römischen Reich, er hat seine Familie auf schlimmstdenkbare Art verloren und eine tour de force erlitten. Rache? Wollte er nicht. Aber dann beginnt er einen Ausweg zu sehen. Einer der wohl ikonischsten Szenen der jüngeren Filmgeschichte wird wohl, wenn sich Maximus Commodus gegenüber zu erkennen gibt. Was Crowe und Phoenix da vorlegen ist ein Schauspielfest. Es gibt nur einen einzigen Haken an diesem Film: Das aus heutiger Sicht mittelmäßige CGI, das versucht das antike Rom greifbar zu machen und nicht mehr so wirkt wie es das sicherlich 2000 getan hat. Der Grad historischer Genauigkeit ist bei Weitem nicht viel besser als bei beispielsweise Ben Hur. Allerdings hat Scott auch nicht versucht eine Doku zu machen, weswegen es keinen Sinn ergibt das zu bemängeln. Alles andere macht Gladiator wahrhaft – monumental.

Gladiator, UK/USA, 2000, Ridley Scott, 171 min (Extended Edition), (9/10)

Sternchen-9


The Lord of the Rings: The Return of the King Official Trailer #1 – (2003) HD, Movieclips, Youtube

Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs

Natürlich kann ich hier nicht über Monumentalfilme schreiben, ohne Herr der Ringe zu erwähnen. 🙂 Im finalen Teil von Peter Jackson epischer Literaturadaption kommt es zu den unvermeidlichen Konfrontationen. Zuerst einmal aber einer notwendigen Erklärung, die dem folgendem Geschehen noch mehr Gewicht gibt. Wir erfahren in einer Rückblende von Gollum, der einst Sméagol (Andy Serkis) war und wie er dem Ring begegnete und dafür seinen Freund verriet. Danach setzt die Handlung an verschiedenen Orte ein, wo die nun noch mehr zersplitterten Gefährten auf jeweils eigene Weise versuchen Frodo zu schützen oder Sauron zu besiegen. Gandalf, der Weiße (Ian McKellen) und die anderen Gefährten wollen Minas Tirith vor einem Angriff Saurons und seiner Armee verteidigen. Mehrere Schlüsselfiguren und Kräfte spielen dabei eine Rolle, aber einige Allianzen wackeln. Derweil schlagen sich Frodo (Elijah Wood), Sam (Sean Astin) und Gollum zu dritt durch, wobei letzterer Intrigen spinnt. Wird es letzten Endes gelingen den Ring zu zerstören, oder wird Frodo einknicken und wie einst Sméagol seinen Freund verraten? Und wieviele Verluste müssen die Gefährten zum Bezwingen Saurons erleiden?

Wenn im letzten Teil der Trilogie alle Konflikte auf ihren Höhepunkt zulaufen, ist das einfach nur episch. Bei der beeindruckenden Laufzeit von >200 Minuten (je nach Fassung) hat man den Eindruck es hätte noch einen viertel Teil geben müssen, allerdings hätten andernfalls vielleicht auch all die Geschehnisse nicht die Wirkung entfaltet wie sie es hier am Ende der Reise nun tun. Der letzte Teil der Reise ist reich an besonderen Momenten, Wendungen und Höhepunkten der jeweiligen Charakterentwicklungen. Ich denke da nur an das was nach „durch keines Mannes Hand getötet werden kann“ kommt oder die letzten Zeilen, die denen im Buch entsprechen. Zwar mögen manche der computergenerierten Szenen besser gealtert sein als andere, aber das immer noch hohe Niveau der monumentalen Massenszenen, die schiere Schwierigkeit soviele Charaktere und ihrere individuellen Reisen zu vereinen und die Dramatik verfehlen nicht ihre Wirkung. Dankbarerweise bleibt auch noch gebührend viel Zeit für das Ende nach dem Ende.

Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs (OT: The Lord of the Rings:
The Return of the King), USA/Neuseeland, 2003, Peter Jackson, 252 min, (10/10)

Sternchen-10

RRR

In mein Letterboxd wurde es oftmals gespült, in Podcasts habe ich Leute über RRR reden hören und in der Bloglandschaft wurde es auch empfohlen. Dem kann man sich kaum entziehen. 🙂 RRR steht für Rise Roar Revolt und zeigt das (fiktive) Aufeinandertreffen zweier Freiheitskämpfer im Jahr 1920 und deren Auflehnung gegen die britische Kolonioalmacht und deren brutale Praktiken. Dabei könnte ihr Vorgehen und anfängliches Ziel kaum unterschiedlicher sein. Während Komaram Bheem (N. T. Rama Rao Jr.) vorrangig ein aus seinem Dorf entführtes Mädchen zurückholen will, versucht Alluri Sitarama Raju (Ram Charan) als Polizist unter Kolonialadministration das System von innen heraus zu unterwandern. Schnell werden sie Freunde, realisieren aber erst nach und nach, dass sie sich vielleicht eines Tages als Feinde gegenüber stehen.

RRR gab mir Anlass meine Sehgewohnheiten zu hinterfragen. Anfangs hielt ich es in dem Film für schlechten Stil, dass so ausgesprochen viel Gebrauch von Zeitlupen gemacht wird, um alles sehr dramatisch wirken zu lassen. Andere Szenen werden in höherer Geschwindigkeit abgespielt, Tänze und Actionsequenzen beispielsweise. Aber letzten Endes sind das eben Stilmittel, die kennzeichnend für Bollywood oder indisches Kino im allgemeinen sind, die ich eine ganze Weile einfach nicht geschaut habe. Sehgewohnheiten geben keinen schlechten oder guten Stil vor.

Falls ihr euch fragt: Ja, es gibt zwei, drei Einlagen in dem Film, in denen geweint, getanzt und gegen CGI-Tiger gekämpft wird. Der Rest ist vorrangig drama- und actionlastig. Obwohl manches in dem Film hemmungslos übertrieben ist und vor Pathos trieft (Bheem erschlägt irgendwann Leute in dem er ein Motorrad rumwirbelt ^^), macht es auch irgendwie Spaß und dient dem Heldenmythos, der hier erzählt wird. Zwar ist vieles fiktionalisiert, aber die Helden sind angelehnt an real existierende Personen. Die Freundschaft zwischen Raj und Bheem macht sowieso Spaß. Was aber trotzdem ein Touch too much ist: wie extra bösartig nochmal Scott Buxton (Ray Stevenson) und seine Frau Catherine (Alison Doody) dargestellt werden mussten. Das CGI finde ich leider wenig gelungen. Wer sich nun fragt, warum es in meiner Monumentalfilmliste gelandet ist: weil der Film durchaus versteht Gefühle, Beziehungen und Zusammenhänge monumental abzubilden.

RRR, Indien, 2022, S. S. Rajamouli, 187 min, (7/10)

Sternchen-7


RRR Trailer (Telugu) – NTR, Ram Charan, Ajay Devgn, Alia Bhatt | SS Rajamouli | 25th March 2022, DVV Entertainment, Youtube

Übrigens halte ich mich ja für einen geduldigen Menschen, aber selbst ich habe die längsten der Filme (Cleopatra, Ben Hur, usw.) nicht in einer Sitzung geschaut sondern wie eine Serie – an aufeinanderfolgenden Abenden jeweils ca. ein- bis eineinhalb Stunden. War wie Serie gucken. 🙂 Oder diesen langen Beiträg in mehreren Sitzungen zu lesen. ^^ Übrigens sorgt dieses Schauen von „Filmen, die älter sind als ich“ dazu, dass ich einigen Schauspiel-, Regie-, usw.-Größen das erste Mal bewusst begegnet bin. So wie Charlton Heston … . Welche der oben genannten Filme haltet ihr nicht für monumental? Welche kennt ihr? Welche würdet ihr als Monumental-Must-See bezeichnen? Welche habt ihr in einem Rutsch überstanden!?

„7ème art“ (Sprich: septième art) heißt „siebte Kunst“. Gemäß der Klassifikation der Künste handelt es sich hierbei um das Kino. In dieser Kategorie meines Blogs widme ich mich also Filmen – evtl. dehne ich den Begriff dabei etwas. Regulär stelle ich zwischen dem 1. und 5. jeden Monats jeweils 7 Filme in kurzen Reviews vor.

12 Antworten

  1. RRR steht auch noch auf meiner Liste – aber die Laufzeit hat mich bisher abgeschreckt. Und Herr der Ringe hätte ich in dieser Schublade nicht vermutet.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ja die Laufzeit kann einen bei all den Filmen abschrecken, befürchte ich. Monumental scheint selten ohne monumentale Spielfilmlänge zu funktionieren. Normalerweise bin ich kein Fan davon einen Film zu unterbrechen, weil ich denke, dass da leicht die Wirkung verloren geht. Aber bei solchen 3h aufwärts Dingern, war es dann doch (für mich) ganz gut die z.B. an zwei Abenden nacheinander zu schauen. Vielleicht hilft dir das ja bei RRR?

      Warum hättest du HdR hier nicht vermutet? Es hat Massenszenen, mit denen Weta kurzzeitig mal in die Geschichte einging. Die Bücher galten (abgesehen vom Zeichentrick) als unverfilmbar und die Anzahl der Charaktere ist enorm. Kostüme, Kulissen etc. betreffend gab es mindestens zehn Jahre lang im Film nichts vergleichbar „großes“. Ich denke das kann man schon monumental nennen.

      1. Wahrscheinlich ist es falsch, aber ich hatte Monumentalfilme bisher immer mit einem historischen Bezug verknüpft. Laut Wikipedia ist das aber anscheinend tatsächlich kein Kriterium für dieses Genre.

        1. Avatar von Miss Booleana
          Miss Booleana

          Mein Irrtum war, dass ich immer dachte Monumentalfilme sind nur welche mit so Mega-Massenszenen wie Schlachtfeldszenen. Ist wohl aber auch nicht zwingend so. Wobei ich schon etwas nachdenken musste, welcher Film beispielsweise große technische Neuerungen mit sich brachte. Musste da viel an „Avatar“ denken. Aber trotz des neuen Films hatte ich gerade keine Lust den nochmal zu schauen.

  2. Ich finde es großartig, dass Du HdR hier aufgenommen hast und konsequent ist es auch, denn gerade der letzte Teil ist ja wirklich monumental.

    ‚Ben Hur‘ kann ich mittlerweile echt nicht mehr sehen, damit wurde ich regelmäßig vor Ferien im Religionsunterricht der Mittelstufe ‚gequält‘ 🙂

    ‚Lawrence‘ und ‚Cleopatra‘ habe ich ganz sicher gesehen, kann mich aber nicht mehr so wirklich daran erinnern.

    ‚Gladiator‘ hätte mir besser gefallen, wenn er ein anderes Ende gehabt hätte. ich bin und bleibe eben ein Happy-End-Junkie 😉

    Die anderen Filme kenne ich nicht, fand es aber ineressant, darüber zu lesen, vielen Dank dafür.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Danke, finde ich auch! Es sagt ja niemand, dass es immer nur Kriegsfilme oder Historienepen sein müssen, die monumental sind. Außerdem hat HdR der Fantasy in der Filmbranche denke ich einen enormen Dienst erwiesen.
      Ich hatte auch darüber nachgedacht Star Wars als Vertreter von Sci-Fi zu erwähnen, aber HdR ist mir sogar in besserer Erinnerung.

      Echt!? Die haben euch Ben Hur gezeigt!? Krass. Weil ich finde, dass es jetzt gar nicht so DER Bibelfilm ist, oder? Hätte da jetzt irgendwie eher „Die zehn Gebote“ oder sowas erwartet.

      Ja … „Gladiator“ schickt die Charaktere durch eine ganz schöne Tour de Force …

      1. Ja, eigentlich wäre ‚Die 10 Gebote‘ für den Religionsunterricht sinnvoller gewesen. Zumal wir ganz oft hauptsächlich das Treiben rund um das Wagenrennen schauen ‚durften‘. Aber vielleicht gabs in meiner Schule damals auch nur diese eine VHS 😉

        1. Avatar von Miss Booleana
          Miss Booleana

          Oder ’ne Lehrkaft, der:die den Film so super fand! 😀

          1. Das waren dann gleich mehrere 🙂 was das Ganze noch schräger macht!

  3. Avatar von BoomHoschi
    BoomHoschi

    Von deiner Liste habe ich bis auf „RAN“ und „RRR“ alle gesehen und muß sagen „Lawrence von Arabien“ hat sich am meisten in mein Hirn gebrannt. Dadurch wurde ich ein kleiner Peter O*Toole -Fan und mir viel direkt ein weiterer Monumentalfilm mit ihm ein, den Du aber schon an anderer Stelle erwähnt hattest, nämlich „Der letzte Kaiser“(großartig).
    Die ganzen Monumentalen-Sandalenfilme (wie z.B. auch Spartacus) habe ich in meiner Jugend geschaut und war damals echt begeistert. Heute schrecken sie mich aber eher ab und haben oft, unfreiwillig, eher was lustiges an sich.
    Bin eher für die Monumentalfilme aus anderen Genres, wie z.B. The Godfather I-III, There Will Be Blood, Gandhi (ganz groß, der kleine Ben Kingsley), Schindlers Liste oder Avatar (war wohl der letzte Monumentalfilm den ich im Kino gesehen habe, als erweiterte Fassung).

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Da hast du ja ein gutes Gedächtnis 🙂 In der Tat – O’Toole hat finde ich auch in „Der letzte Kaiser“ eine sehr spannende Rolle.
      Unfreiwillig lustig kann ich mir vorstellen. Ich hatte da so ähnliche Gedanken bei dem recht überschwänglichen Make-up in Cleopatra und naja, man muss so hinnehmen, dass damals noch niemand über Whitewashing nachgedacht hat.

      Spartacus ist ja auch noch eine filmische Lücke von mir … vielleicht dann im nächsten Winter, wo ich genug Geduld für solche langen Filme habe. ^^ Über „Avatar“ habe ich nachgedacht und auch darüber, dass als Auffrischung zu sehen und den neuen im Kino gleich nachzuschieben. Aber ich konnte mich dazu irgendwie nicht motivieren.

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