„Late Night with the Devil“ konnte man praktisch nicht aus dem Weg gehen. Wegen des Einsatzes von KI-generiertem Bildmaterial gab es einiges an Aufruhr – soll man den nun boykottieren oder nicht? Manche sagen ja, andere verstehen das Problem gar nicht. Viele konzentrierten sich auf den Inhalt, lobten den Film über den Klee. Auf dem Fantasy Filmfest 2024 wurde er erstmalig in Deutschland gezeigt. The buzz is real. Glücklicherweise folgte bald ein Kinostart, bei dem ich mir nun endlich selbst ein Bild machen konnte.
Late Night with the Devil folgt der Idee eines Found-Footage-Horrorfilms auf smarte Weise. Im Zentrum der Handlung steht eine Late Night Show der 70er Jahre namens Night Owls und deren Host Jack Delroy (David Dastmalchian). Delroy konkurriert mit anderen Late Night Shows und muss nach einigen Jahren Laufzeit inzwischen um Relevanz und Einschaltquoten bangen. Mit einer Halloween-Ausgabe und spezifisch dafür ausgewählten Gästen will er das Blatt wenden und dieses eine Mal die Einschaltquoten seiner Konkurrenz übertrumpfen. Der Clou: es soll eine Konversation mit dem Teufel geben. Etwas geht schief. Und zwar so gehörig schief, dass man uns zu Beginn von Late Night with the Devil wissen lässt, dass es sich hierbei um eine Dokumentation mit noch nie gezeigtem Behind-the-Scenes-Material vom Tag der Live-Übertragung handelt, die vielleicht neue Erkenntnisse über die unerklärbaren Ereignisse des Abends zu Tage fördert.
Der Film ist nun ein Zusammenschnitt aus der Live-Übertragung der (fiktiven) Show, in der tatsächlich einiges schwer erklärbares geschieht. Während der Werbepausen schienen die Kameras weiterzulaufen und man sieht, was Jack Delroy, die Crew und Gäste währenddessen besprechen. Eine der wenigen Schwächen des Films ist, dass diese Sequenzen kaum wertvolle Informationen vermitteln, die man sich nicht eh schon gedacht hat. Mir fällt tatsächlich nur ein Moment ein, der hier einen Unterschied macht. Um diese Behind-the-Scenes-Momente besser unterscheiden zu können, sind sie in Schwarzweiß gehalten, während die eigentliche Sendung ein angenehm in 70er Jahre Farben gehaltenes Flair vermittelt und mit leichter Körnung ausgestrahlt wird. Die Werbepausen-Blenden sind jeweils Standbilder, die Halloween-Motive oder welche der Show zeigen und offenbar auch diejenigen, von denen drei mittels KI generiert wurden wie man u.a. in Variety nachlesen kann.
Ich halte es für absolut unnötig, dass sie Generative KI verwendet haben. Offenkundig hat es das Kreativteam geschafft dem Film auf großartige Weise die Atmosphäre einer 70er Jahre Late Night Show zu vermitteln. Da hätten sie nicht den umstrittenen Einsatz von KI-Systemen für drei Bilder gebraucht. Aber ich lasse es auch wegen Geringfügigkeit nicht in die Bewertung einfließen.
Der Film lässt einen fast vergessen, dass er eine Pseudo-Dokumentation mit Found-Footage-Elementen ist. Zum Einen weil die Schwarzweißaufnahmen, die während der Werbepausen entstanden so wenig Signifikanz haben, zum Anderen weil wir lediglich am Anfang einen Einspieler erleben, der uns das Leben Jack Delroys zusammenfasst. Darin erfahren wir auch, dass er in der Öffentlichkeit sehr beliebt ist, dass er aber vielleicht auch Mitglied eines Kults ist, dem viele berühmte oder einflussreiche Männer angehören. Glaubt Delroy auf diese Weise seine Sendung zu retten? Und wie weit ist er bereit dafür zu gehen? Das ist am Ende die Frage und das zentrale Motiv des Films und das wird höllisch gut inszeniert.
Die Sendung eskaliert zunehmend mit den Auftritten jedes weiteren Gasts. Anfangs werden noch Zweifel über metaphysisches gestreut. Der Skeptiker (Ian Bliss) beharkt sich angenehm mit dem geladenen Medium (Fayssal Bazzi) und lädt uns dazu ein zu hinterfragen wo „Show“ aufhört und „Realität“ beginnt. Spätestens aber mit dem Auftritt der angeblich besessenen Lilly (Ingrid Torelli) entgleitet Delroy die Sendung und lädt Darsteller David Dastmalchian ein alles zu geben.
Man sieht David Dastmalchian oft in großen Filmproduktionen. Ich denke da sofort an Dune und The Dark Night. Dass wir ihn aber in Hauptrollen sehen, scheint eher eine Seltenheit zu sein. Man fragt sich warum. Dastmalchian trägt die volle Bandbreite des ambivalenten Late Night Hosts zur Schau. Den inneren Kampf um die Mittel, die er bereit ist einzusetzen wie auch das Bedauern um seinen Verlust und die eigene Relevanz im Showbusiness. Das sich Durchwinden, um seiner Crew die grausigen Details zu verheimlichen, andererseits Bemühungen gefällig zu sein. Gebt Dastmalchian mehr Hauptrollen! Das Ende des Films bringt Jack Delroy nah an den Zusammenbruch und beantwortet die Frage nach dem Preis für Ruhm auf schaurige und schockierende Weise.
Late Night with the Devil, Australien, 2023, Cameron & Colin Cairnes, 93 min, (8/10)
Wen übrigens interessiert welche Bilder KI-generiert sind, bekommt auf Reddit eine nachvollziehbare, aber nicht offiziell bestätigte Antwort. Habt ihr den Film gesehen oder hat dessen Ruf euch noch nicht erreicht? Oder nicht neugierig genug gemacht? Stört euch der Einsatz von KI-generiertem Material?
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