Netzgeflüster: Es muss mehr über das Energieproblem von Gen AI (KI) gesprochen werden

Immer, wenn ich mit dem typischen Fanboying:girling über Gen AI (Generativer Künstliche Intelligenz) konfrontiert werde, möchte ich nur seufzen. Dabei ist mir egal, ob jemand über ein Modell in Begeisterung verfällt (Llama), über einen KI-Algorithmus oder eine Funktion innerhalb einer beliebigen Software oder GenAI Softwarelösungen an sich (ChatGPT, Midjourney, etc.). Für mich ist und bleibt Gen AI einfach ein problematisch gehandhabter Auswuchs eines eigentlich sehr coolen Forschungszweigs. Darüber habe ich schon mal länglich hier geschrieben. Vor Allem aber finde ich es verwunderlich wie sehr Gen AI gehyped wird, aber niemand über den enormen Ressourcenbedarf spricht. Dafür wie krass der ist, habe ich mal ein paar Quellen mitgebracht.

„Wir haben mit n Leuten gesprochen und sie gefragt …“

Im Mai diesen Jahres hielt ich einen Vortrag auf einer Konferenz über Vor- und Nachteile von Gen AI und ethischen Umgang damit. Kam ich hinterher mit Leuten ins Gespräch, habe ich das gern genutzt um zwei Fragen zu stellen. Natürlich, ob die Leute Feedback für mich zu meinem Vortrag haben und ob sie etwas an den Inhalten überrascht hat bzw. sie etwas davon noch nicht wussten? Dass die Fachbesucher:innen einer IT-Konferenz die Grundlagen wissen, war schon klar. Tatsächlich war ich super gespannt, ob sie aber auch über den Bias und den Ressourcenbedarf Bescheid wissen. Richtig cool ist, dass einigen der Bias bewusst war und das auch als Schmerzpunkt verstanden wird. Am meisten wurde aber gesagt: „das mit dem Energie- und Ressourcenverbrauch wusste ich nicht“. Super spannend. Hier kommen die Fakten und ihre Quellen, die ich verwendet habe.

1 Modell = 5 Autos

„While many new AI systems are helping solve all sorts of real-world problems, creating and deploying each new system often requires a considerable amount of time and resources. […] If a dataset didn’t exist, you’d have to have people spend hundreds or thousands of hours finding and labelling appropriate images, text, or graphs […]. And training one large natural-language processing model, for example, has roughly the same carbon footprint as running five cars over their lifetime.“

Quelle: „What are foundation models?“, https://research.ibm.com/blog/what-are-foundation-models, zuletzt abgerufen am 10.11.2024

1 GPT = 130 Haushalte

Training a large language model like GPT-3, for example, is estimated to use just under 1,300 megawatt hours (MWh) of electricity; about as much power as consumed annually by 130 US homes

Quelle: „How much electricity does AI consume?“, https://www.theverge.com/24066646/ai-electricity-energy-watts-generative-consumption und genauer: https://arxiv.org/pdf/2211.02001, „ESTIMATING THE CARBON FOOTPRINT OF BLOOM, A 176B PARAMETER LANGUAGE MODEL “, Alexandra Sasha Luccioni, Sylvain Viguier, Anne-Laure Ligozat, beides zuletzt abgerufen am 10.11.2024

1% klingt nicht viel, doppelter Energiebedarf in big tech schon

„Between 2017 and 2021, the electricity used by Meta, Amazon, Microsoft, and Google[…], more than doubled [22]. According to the most recent figures available, global data centre electricity consumption has grown by 20-40% annually in recent years, reaching 1-1.3% of global
electricity demand and contributing 1% of energy-related greenhouse gas emissions in 2022 [21]. […]“

Quelle: https://arxiv.org/pdf/2311.16863 „Power Hungry Processing: Watts Driving the Cost of AI Deployment? “, Alexandra Sasha Luccioni, Yacine Jernite, Emma Strubell / Hugging Face, Canada/USA & Carnegie Mellon University, Allen Institute for AI, USA, zuletzt abgerufen am 10.11.2024

Eine 100-Wörter-Mail mit ChatGPT 4 verbraucht 500 ml Wasser

Die nachfolgende Quelle stammt erst aus dem Oktober 2024 und lag mir für meinen Vortrag noch nicht vor. Trotzdem finde ich die Zahl alarmierend. „Wie viel ist es dir wert dir den Text deiner Mail nicht selber überlegen zu müssen?“ … würde ich die Fanboys und Fangirls gern einmal fragen. Bei nächster Gelegenheit tue ich das.

Hype*

*Ja, oben sprach ich von gehyped. Inzwischen hat sich das natürlich einigermaßen abgekühlt im Vergleich zu von vor ein bis zwei Jahren. Damals schossen die Startups aus dem Boden. Davon dürften bereits einige bankrott sein, wurden von Wettbewerben überholt oder eingekauft. In KI wird oder wurde so viel investiert, dass es nur eine Frage der Zeit ist bis diese Blase platzt, weil das Investment nicht zurückkommt. Trotzdem leiden Branchen und damit verbunden viele Menschen darunter. Ich rechne sehr stark damit, dass nicht nur die kreativen Berufe, Übersetzungsarbeit, etc., sondern auch viele an die wir jetzt nicht denken darunter leiden werden. Auch IT-Fachkräfte und Softwareentwickler:innen. Nicht weil (wie es viele zuerst erwartet haben) diese von KI ersetzt werden, sondern weil viele der KI-Startups einbrechen. Aber trotzdem befinden wir uns schon noch in einer Art Hype-Phase, denn es braucht bis Gen AI in der Gesellschaft ankommt. Dass aber dem ganzen die Luft ausgeht, ist auch zu erwarten. Wie seht ihr das? Und war euch das Energieproblem von GenAI klar?

Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen aus IT, Forschung, Netzwelt und Internet widme genauso wie Spaß rund um die Arbeit mit Bits und Bytes. 🙂

6 Antworten

  1. Irre. Ich fürchte, die wenigsten wissen, wie krass das ist. Ich wusste, dass es ein Problem ist, aber nicht welchen Ausmaßes.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Das ist ja im Grunde nur eine Erweiterung des sowieso bestehenden Energieproblems durch Digitalisierung. Gott bewahre, ich bin Softwareentwicklerin und Digitalisierungs-Fan, solange das in sinnvoller Weise geschieht. Aber Cloud und Server-Farmen sind sowieso Energiefresser. Da kommt der vermeintliche KI-Boom auch nur oben drauf. Da der aber so rasant ansteigt, ist das echt problematisch. Alles andere ist irgendwie kalkulierbar, hochrechenbar geworden.

  2. Das Thema hatten wir heute erst wieder – ich stehe den ganzen Auswüchsen äußerst kritisch gegenüber. Das ging schon los, als in unserem Konzern das Schweinchen „papierloses Büro“ durchs globale Dorf getrieben wurde. Was waren alle stolz wie Bolle, weil wir ja dadurch so viel Papier einsparen und damit viel für die Umwelt tun.

    Dass aber auch die ganzen Resourcen, die wir für die Digitalisierung benötigen, nicht einfach aus der leeren Luft gezaubert werden, sondern die ganzen Materialien für Speicherplätze und Hardware und was alles noch dranhängt, irgendwo gewonnen werden können, daran dachten sie alle nicht. Und schon gar nicht, dass auch diese Resourcen irgendwann erschöpft sind…

    Und das war nur ein Bruchteil. Würde ich jetzt einen Artikel über meine sämtlichen Einwände schreiben, säße ich mit Garantie morgen immer noch daran.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ja, das stimmt wohl. Was Cloud-Lösungen an Energie fressen ist ein Faktor, der hier noch nicht mal zum Tragen kommt. Das irre ist eben nur, was für eine Materialschlacht bspw. das Training der KI-Modelle im Vergleich dazu verbraucht. Es ist halt eigentlich leider alles nicht so „klug“ wie es immer im Werbetext klingt und das machen sich so wenige bewusst. Es ist einfach eine unfassbare Masse, Quantität statt Qualität.

  3. Danke für den Beitrag! Leider wird dieser Aspekt tatsächlich fast überall ausgeblendet bzw. nur von Personen oder Medien thematisiert, die sich generell mit Nachhaltigkeit und Klima beschäftigen. Mir war dadurch schon bewusst, dass Gen AI exorbitante Ressourcen verschlingt, die Werte jetzt aber mal mit Vergleichen aufzuzeigen, schafft noch mal mehr Transparenz. Ich hab mir deinen Beitrag jedenfalls dauerhaft in Pocket gespeichert und werde die ein oder andere Info daraus auch im Job gebrauchen können.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Das freut mich! Wir können uns nur immer weiter den Mund fusselig reden und hinterfragen, ob es die Faulheit diesen einen Text zu schreiben jetzt wirklich wert war. Ich finde jedenfalls, dass die Spielereien die Kosten nicht aufwiegen und Gen AI immer noch etwas absurd, auch wenn die Fähigkeiten „scheinbar“ steigen.

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