Inoffiziell ist im Blog „polnische Woche“. Etwas später kann man hier über sieben Filme einer polnischen Regisseurin lesen und heute über ein Buch, das wenn auch nicht von einem polnischen Autor/einer polnischen Autorin ist, immerhin in Polen spielt.
Hans-Haiko Seifert „Joanna“
Das Buch handelt von Georg, der um 1979/1980 aus seinem „schlafenden Land“, der DDR, zum Studieren nach Polen geht. Dort fuchst er sich mehr und mehr in die Sprache rein, begegnet nahezu mythischen Figuren auf dem Schwarzmarkt, braut Bier mit überraschenden Methoden und steuert in „67 Erzählungen“ auf einen historischen Sommer Polens zu, wobei in seinem Leben auch bald die titelgebende Joanna eine tragende Rolle einnehmen wird. Das Buch hat mich schlicht etwas auf dem falschen Fuß erwischt. Durch den im Klappentext erwähnten Umbruch, ging ich davon aus, dass das Geschehen im Buch auf die Wende zusteuert. Viel mehr ist es aber die so wie ich das deute als Polnischer August bekannte Streikbewegung rund um Solidarność und Lech Wałęsa. Zwar war mir letzterer ein Begriff, aber es war etwas schwierig für mich mitzuhalten und das Buch hätte mich mehr an die Hand nehmen müssen, damit ich weniger „???“ fühle. Anfangs hat es meine Verwirrung verstärkt nicht genau zu wissen, wann Georg träumt, ob er ein zuverlässiger Erzähler ist und warum so viele Ladys auf den etwas verplant wirkenden Georg abfahren. Für die ersten beiden Aspekte bekommt man aber sehr bald ein Gefühl und letzteres nahm ich einfach hin. Darüber hinaus fängt das Buch aber studentisches Leben sehr schön ein und gibt einen Einblick in das Leben in Polen zur Zeit des Ostblocks. Polnische Verse, Vokabeln und Namen; die Lebensmittelknappheit, das Gefeilsche und Geschmuggel, Chopin, die Liebe zu polnischem Essen zeichnen aber ein Bild, das stimmig wirkt und mir einmal mehr klar gemacht hat: ich weiß einfach erschreckend wenig über unser Nachbarland und das Buch hat mich dazu inspiriert das zu ändern.
Besprochene Ausgabe: ISBN 978-3-95908-666-0, Thelem Verlag
„Was wusste ich von Düsseldorf. Der Rhein. Heine. Keine Ahnung. Düsseldorf war so weit weg wie Paris, London, New York, Tokyo. Alles gleich weit entfernt für mich. Oder der Mond.“
p. 21 „Joanna“

Header image/photo credit: Janko Ferlič
Böse Zungen (=ich) behaupten ja, dass ich hier bei „in einem Absatz“ nur Bücher bespreche, die ich nicht mag. Das ist keinesfalls so wie die Besprechung hoffentlich zeigt. 😉 Manchmal kann eben selbst ich mich kurzfassen oder es ist vorteilhaft, wenn man eher weniger als zu viel verrät. Wobei ich die Definition „Absatz“ hier dieses Mal auch sehr gedehnt habe, ich weiß. Das Buch wurde übrigens unserem Buchclub vorgeschlagen, gelesen und besprochen. Dort wurde auch fallen gelassen, dass die Webseite des Autors einige sehr schöne Hintergrundinfos beinhaltet, dank derer ich mir die Schauplätze tatsächlich noch viel besser vorstellen konnte. Hier geht es zu allen anderen Literarischen Fundstücken.
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