Serienlandschaft: „The Handmaid’s Tale“ Season 5 Review

Mein Muttertags-Post? 😉 Nach der vierten Staffel „The Handmaid’s Tale“ musste ich mich erstmal sortieren und dachte gar nicht daran bald die fünfte zu gucken. Da war zum Einen der Wunsch, dass die Serie enden möge, um eine exzellente Serie zu bleiben. Sich nicht so wie andere in den Ruin hin zu verdünnen. Zum Anderen passierten dort einige kontroverse Dinge, bei denen ich mir lange nicht sicher war wie ich sie finde. Nun erschien im April die sechste und finale Staffel – das motiviert weiterzuschauen. Die Besprechung ist spoilerfrei für Staffel 5.

What goes around …

Nachdem sich June (Elisabeth Moss) und einige andere an Fred Waterford gerächt haben, steht sie ganz offensichtlich unter Schock und hat beträchtliche Probleme mit der Bewältigung ihrer (nachvollziehbaren) Wut. Vor Allem angesichts des Status als Lichtgestalt, die Serena (Yvonne Strahovski) sowieso schon für illusionierte Anhänger Gileads einnahm. Und jetzt kommt noch Anteilnahme und Mitleid dazu. Wenn sie nicht sogar als Wunder betrachtet wird, jetzt wo sie selber schwanger ist. Serena wiederum muss trotzdem für sich und ihren Sohn einen Platz in der Welt suchen – in Gilead, oder Kanada?

Währenddessen nehmen Commander Lawrence (Bradley Whitford) und Nick (Max Minghella) die Zeichen der Zeit als Anlass um in Gilead einiges anders zu machen – zumindest soweit ihr Einfluss reicht. Fraglich, ob die Revolutionsbestrebungen für Handmaids wie Janine (Madeline Brewer), die es nicht raus geschafft haben, noch rechtzeitig kommen.

O Canada

Wobei „es raus schaffen“ auch nicht mehr ist wie es mal war. June, Luke (O. T. Fagbenle) und ihre Freunde sehen sich in Kanada mit der geballten Unmut Einzelner in der Bevölkerung konfrontiert. Zum Einen sind es Befürworter:innen Gileads, andere wollen die amerikanischen Flüchtlinge am liebsten sofort abschieben. Wie schon immer bei The Handmaid’s Tale fühlt sich alles erschreckend realistisch und heutig an. Da hätte es den Hinweis gar nicht gebraucht, dass Russland, China und Nordkorea mit Gilead in Verbindung stehen. Die Rücksichtslosigkeit, der Hass und am Ende gar die Brutalität, die den Exil-Amerikaner:innen entgegenschlägt, beängstigt selbst beim Zuschauen, ist aber die konsequente Fortführung der Geschichte in unserer Gegenwart. Leider.

The Handmaid’s Tale: Season 5 | Trailer | Warner Bros. Entertainment, Youtube

Das war dennoch vielleicht nicht die offensichtlichste Entwicklung als noch die vierte Staffel über die Mattscheiben flimmerte. Viele waren sicherlich am ehesten gespannt, ob und wie Junes scheinbare Radikalisierung bzw. Rache fortschreitet und wie es mit der nun schwangeren Serena weitergeht. Zu June: das wird charmant gelöst, anders kann man es nicht sagen. Nämlich damit, dass sie sich auf andere Ziele besinnt, die mit einem pazifistischen Publikum sicherlich eher resonieren werden. Zu Serena: Der Trailer verrät, dass sie zurück nach Gilead geht, was nun die Frage aufwirft, ob sie 1. dort bleibt und 2. nun auch eine Handmaid sein muss? So als unverheiratete, gebärfähige Frau.

Auch das wird anders gelöst als ich es hier entwerfe – und das viel cleverer und trotzdem reich an Pointen und Parallelen zu June. Als ich das Buch las, konnte ich Serena Joy wohl von Allen am wenigstens nachvollziehen. Fand sie hassenswert wie sie als Frau einer anderen Frau so etwas antun kann. Es deutete sich schon an, dass die Serie sowohl mit June als auch Serena vielschichtige Frauenfiguren und Protagonistinnenrollen entwirft. Diese Staffel widmet sich in einem hohen Maße Serena und ich hatte nicht erwartet, dass ich das so spannend und am Ende gar nahbar empfinden würde.

“Do you have an irony deficiency?”

… ist ein Kommentar von Lawrence gegenüber Serena, die sich sehr wohl der Ironie ihrer neuen Situation als werdende Mutter bewusst wird, die nun versucht ihr Kind zu schützen. Obwohl sie früher einer anderen Frau das Kind stehlen wollte. Überhaupt ist Mutterschaft erneut ein sehr nahbar erzähltes Thema. Es ist eine der wenigen Serien, die sich „traut“ eine stillende Mutter oder gar eine Geburt zu zeigen. Das gehört zum Leben – es sollte alles kein so großes Thema sein!?

Dabei gerät ausgerechnet eine wichtige Sache aus dem Blickfeld. Das Problem unter dem die Weltbevölkerung leidet: Unfruchtbarkeit. Es stimmt, dass man in der Serie wenige Kinder sieht und ja, es tauchen wieder einige Paare auf, die beteuern es oft ohne Erfolg versucht zu haben. Trotzdem stellt die Serie dem gegenüber doch überraschend viele Frauen Gileads, die eben doch schwanger geworden sind. Serena wird das an einer Stelle mit der „reinen Luft“ und dem „klaren Wasser“ Gileads erklären. Trotzdem wirkt es so, als ob die Serienschöpfer den Kern des Problems weiträumig umrunden, meiden und lieber nicht zu sehr über das nachdenken wollen, was eigentlich Auslöser all der Ereignisse ist. Seit fünf Staffeln.

Eine Leerstelle spürt man auch bei Alexis Bledels Rolle der Emily, die durch Abwesenheit glänzt und nur vielleicht wiederkehren wird. Auch für andere prominente Rollen wie Samira Wileys Moira hätte ich mir eine etwas bedeutungsvollere Rolle gewünscht. Sehr gespannt bin ich weiterhin auf die Entwicklung von Ann Dowds Darstellung der Aunt Lydia, einer sehr spannenden Figur. Die Vermeidungshaltung des Themas Geburtenrückgang, der Aufhängers und dünnen Storylines einiger ehemaliger Hauptfiguren kann nur sehr wenig an der insgesamt starken Staffel rütteln. Womit man sich schon länger abfinden muss ist, dass die Serie das Buch weiterdenkt, nicht 1:1 abbildet. Auch nicht Atwoods Folgeroman The Testaments. Anders als ich in meiner Post-Staffel-Vier-Müdigkeit annahm ist die fünfte aber eine erneut ausgezeichnete Staffel, die gerade jetzt etwas mehr weh tut als sonst.

Sternchen-9

Zur Diskussion möchte ich mal stellen, ob die Staffel Junes Radikalisierung hätte weiterstricken sollen? Sie ist nun einen etwas anderen Weg gegangen, der aber gefälliger ist. Wäre aber Junes Radikalisierung und sich immer mehr nach oben schraubende Wut nicht vielleicht sogar realistischer gewesen? Ich bin gespannt auf eure Meinung. Wie hat euch die fünfte Staffel gefallen und mit welchen Hoffnungen seid ihr in die sechste Staffel gestartet?

Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).

2 Antworten

  1. Erneut: Sehe ich genauso. Diese Staffel hat mir auch wieder besser gefallen, ich war enttäuscht über Emily Abwesenheit (konnte es außerdem nicht fassen, dass sie zurück nach Gilead gegangen ist) und bin besonders gespannt auf Aunt Lydia. Ach ja, und auf Nicks Schicksal…

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ja schade, oder? Dass ihnen da nichts besseres für Emily eingefallen ist? Andererseits hätte ich es wiederum schlechter gefunden, wenn sie gar nicht erwähnen, was aus so einem prominenten Charakter in der Serie geworden ist.
      Bin gespannt auf die sechste und letzte Staffel, aber werde wohl noch warten bis alle Episoden draußen sind.

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