Serien-Besprechung: „Bridgerton“ Season 2

Nachdem mich die erste Staffel von „Bridgerton“ auf den zweiten Blick doch noch sehr für sich einnahm, schaute ich direkt weiter. Ich brauchte auch zu dem Zeitpunkt dringend eine Komfortserie. Liefert das die zweite Staffel? Die Besprechung enthält Spoiler für Bridgerton Staffel 1.

Enemies to Lovers

Nachdem mit Daphne (Phoebe Dynevor) nun die älteste Tochter der Bridgertons aus dem Haus ist und vom Heiratsmarkt genommen wurde, fällt entsprechend viel Aufmerksamkeit der zweitältesten zu, Eloise (Claudia Jessie). Die findet den Heiratszirkus aber nach wie vor abgeschmackt und der soziale Zirkus macht sie nervös. Bei all dem kann sich aber inzwischen auch Anthony (Jonathan Bailey) als ältester Sohn der Bridgertons nicht mehr verstecken.

Er plant tatsächlich zu heiraten und hat ein Auge auf die freundliche und schöne Edwina Sharma (Charithra Chandran) geworfen. Zu dumm nur, dass er bei deren Schwester Kate (Simone Ashley) vorher so angeeckt ist, dass die kein gutes Haar an ihm lässt. Währenddessen muss sich die Familie Featherington mit ihrem neuen Familienoberhaupt abfinden, wobei Penelope (Nicola Coughlan) versucht nicht als Lady Whistledown aufzufliegen. Schließlich hat ihr niemand geringeres als Queen Charlotte (Golda Rosheuvel) den Kampf angesagt.

Bridgerton Season 2 Trailer | Rotten Tomatoes TV, Youtube

Bridgerton: An Anthony Story?

Anthonys Storyline war für mein Empfinden die uninteressanteste der ersten Staffel und er nicht gerade ein sympathischer Charakter. Auch kein unsympathischer, das mag sein. Warum er in seinen Weisen so feststeckt, beantwortet die zweite Staffel näherungsweise durch Rückblicke auf die schwere Zeit als er nach dem Tod seines Vaters als Stammhalter der Familie herhalten musste und das unvorbereitet, da zudem auch noch selber in Trauer. Es verhilft Anthony zu einem etwas mehrdimensionalerem Charakter. Darüber hinaus wird er auch, das lässt sich nichts abstreiten, zum Eye Candy und darf für den einen oder anderen Fanservice herhalten.

Ob man nun ein großer Anthony Fan ist oder nicht, seine Storyline ist ähnlich schön vertrackt wie die von Daphne und dem Duke (Regé-Jean Page) in der ersten Staffel. Ich habe es schon angedeutet: wir haben hier einen klaren Fall von Enemies to Lovers. Das ist kein Spoiler, denn der Trailer schreit es bereits von den Dächern, dass Anthony zwar meint Edwina den Hof machen zu müssen, er sich aber eigentlich zu Kate hingezogen fühlt und in ihr eher einen temperamentvollen Counterpart findet. Und wie findet die das? Nun, die Geschehnisse fangen natürlich mustergültig mit starker Abneigung an. Natürlich ist trotzdem noch offen, ob Glück garantiert ist.

So ganz will die Formel, die in der ersten Staffel noch funktionierte, aber nicht aufgehen. Die Funken zwischen Anthony und Kate mögen sprühen, das Vorgeplänkel erscheint doch sehr lang. Wie eine klassische zweite Staffel macht auch diese hier keine großen Sprünge. Und das trifft leider noch viel mehr auf die anderen Handlungsstränge zu. Immerhin gibt es mit Eloise, Kate, Penelope und Benedikt(!) (Luke Thompson) einige Charaktere, die ihr Glück (eigentlich) nicht von einem Partner bzw. einer Heirat abhängig machen wollen und selbst in die Hand nehmen.

Penelope ist schon in der ersten Staffel einer meiner Lieblingscharaktere geworden. Neben ihrem Witz und ihrer Cleverness ist sie offenbar eine smarte Geschäftsfrau – ohne dass es jemand weiß. Die Staffel lässt uns allerdings nur begrenzt daran teilhaben. Ich wüsste immer noch gern wie sie es geschafft hat ihr Business so lange unentdeckt am Leben zu halten und v.A. zu finanzieren. Das verraten wohl die Bücher, die Serie bisher leider nicht. Eloises Geschichte ist erwartungsgemäß vertrackt für einen Charakter in einer Romance-Serie, der keine Romance sucht. Man versucht hier ganz klar einen Kompromiss zwischen Romance und Empowerment. Und das leider auf die langweiligst denkbare Weise.

Hinzu kommt, dass die Staffel insgesamt weniger spicy ist als die erste. Sie platziert ihre Stärken (ob gewollt oder ungewollt) in anderen Motiven: Familie. Was hier richtig gut funktioniert ist die Beziehung zwischen den Sharma-Geschwistern, ist Lady Featheringtons schlussendliche Entscheidung für ihre Töchter, ist die (hier nicht ganz einfache) Freundschaft von Eloise und Penelope. Und das ist neben all dem Gemecker da oben eigentlich eine richtig schön.

All die Plastikblumen

Meine Kritik aus der ersten Staffel, Bridgerton sähe immer etwas zu bunt aus, kann ich streichen. Bridgerton erscheint mir gerade bunt genug in der zweiten Staffel. Vielleicht habe ich mich dran gewöhnt, vielleicht haben sie es gedrosselt – wahrscheinlich beides. Die zweite Staffel sieht in vielen Aspekten einfach besser aus. Längere Kamerafahrten, etwas glaubwürdigere CGI-Häuser, mehr Kulisse, etc. Auch in punkto Ideen wie das Leben der Regency High Society dargestellt werden soll ist Bridgerton besser geworden. Es gibt amüsant spitzfindige Dialoge während Pferderennen (warte, habe ich überhaupt ein Pferd gesehen?), Bootsfahrten im Teich und hitzige Ausritte. Jonathan Bailey gewinnt den Wet-Shirt-Contest und die Bälle sind mit noch mehr mit Blüten geschmückt. Mein Pech, dass ich so gut sehen konnte, dass es Plastikblumen sind. 🥲 Andererseits würde ich mir auch nicht wünschen, dass sie tausende Blumen nach dem Dreh wegschmeißen. Plastikblumen sind sinnbildlich für vieles an Bridgerton. Es ist künstlich, aber macht irgendwie Freude.

In Summe ist Staffel zwei leider nicht genauso erotisch und interessant wie die erste Staffel, verbindet aber ein paar lose Fäden und arbeitet die Charaktere aus. Sie eignet sich ungebrochen gut als Komfortserie und unterhält, scheint aber noch ein wenig auf der Suche zu sein, welche Akzente sie in Zukunft setzen soll. (7/10)

Sternchen-7

Übersicht der Reviews zu „Bridgerton“: Season 1 | Season 2 | Season 3 | Queen Charlotte: A Bridgerton Story

Header image uses a photo by Masako Ishida maco-nonch★R on Unsplash

„In Zukunft setzen soll.“ Naja. Staffel 3 und das Prequel „Queen Charlotte“ sind natürlich schon längst draußen. Letzteres habe ich sogar schon gesehen und habe nun nur noch die dritte Staffel vor mir bevor offenbar eine längere Pause ansteht. Die vierte soll kommen, aber aktuell wird von Ende 2025/Anfang 2026 geredet. Auch wenn ich die zweite Staffel nicht so spannend fand wie die erste, bleibe ich dran und gehöre dann zu denen, die gespannt auf die vierte warten. Du auch?

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