Ist die letzte Ausgabe tatsächlich schon wieder so lange her!? In der Zwischenzeit gab es ja einige Veränderungen, privat. Jetzt mit Kind ist es mit dem Alltag durchaus vereinbarer Manga zu lesen als dicke Romane. Oder sagen wir mal: die sind eher zu schaffen. 😅 Gemeinsamer Nenner der heute besprochenen Manga ist, dass sie alle erste Bände sind. Gleichbedeutend mit: hier gibt es keine Spoiler.
„Insomniacs After School“ Bd. 1, Makoto Ojiro, Carlsen Manga
Wie das manchmal so ist: der Manga war plötzlich überall, ich wurde neugierig, blätterte rein und ja, Insomniacs After School gefällt mir sehr. Darin begegnen wir zwei Schüler:innen, die an Schlaflosigkeit leiden. Ganta ist bei seinen Mitschüler:innen nicht gerade beliebt wegen seiner oftmals schlechten Laune. Dass er Schlafstörungen hat, sagt er allerdings niemandem. Auf der Suche nach einem Rückzugsort zum Dösen, geht er in das alte Observatorium des Schulgebäudes und trifft dort zu seiner Überraschung Isaki. Sie hat dasselbe Problem und redet auch mit niemandem darüber. Ineinander finden sie wohl verwandte Seelen, schlagen sich die Nächte um die Ohren und nehmen das alte Observatorium ein. Zumindest bis sie entdeckt werden.

So eine richtige Pointe gibt es nicht und ja, ihr habt es schon erraten, es ist ein Slice of Life Manga. Ich bin mir selber unschlüssig darüber, was ich von dem Manga erwarte oder was hier passieren soll. Will ich, dass Ganta und Isaki ein Paar werden? Vielleicht, vielleicht nicht. Sollen sie „geheilt“ werden? Wäre ihnen zu wünschen. Wie so oft bei Slice of Life, gibt es keine große Pointe und vielleicht auch nicht dieses eine, offensichtliche Ziel. Kein Dämonenlord muss besiegt werden, etc. Aber Insomniacs After School hat einen angenehmen Humor. Trotz des potentiell schweren Themas Schlaflosigkeit versprüht es eine gewisse Leichtigkeit des Seins. Zudem ist das Artwork angenehm, schön und selbstsicher, wobei Mangaka Ojiro stets spannende Winkel sucht, aus denen er das Geschehen und die Charaktere betrachtet. Oftmals unterstreicht es auch die Situationskomik auf nonverbale Art sehr schön.
Die Reihe ist wohl abgeschlossen in 14 Bänden und ich weiß beim besten Willen nicht, ob ich über so viele Bände hinweg am Haken bleibe. Bis jetzt motiviert mich noch alles an dem Manga. Es ist übrigens inzwischen als Anime adaptiert worden, zu dem aber zumindest ich keinen Zugang habe. Damit ist die Entscheidung für mich leichter, welches Medium es sein soll.
„Shibatarian“ Bd. 1, Katsuya Iwamuro, Crunchyroll
Bei Horror bin ich schnell dabei. Shibatarian beginnt mit den Schülern Sato und Shibata. Sato findet Shibata vergraben, nur der Kopf guckt aus der Erde heraus. Scheinbar ein böser Scherz von Mitschülern Shibatas. Er gräbt ihn aus und beide freunden sich an. Sato wird im Laufe ihrer gemeinsamen Zeit äußern, dass er sich wünsche alle Menschen wären wie Shibata. Kurz darauf verschwindet Shibata aber. Viele Jahre später treffen sie sich wieder, aber Shibata wirkt verändert. Und er will in die Tat umsetzen, was er und Sato sich als Kinder erträumt haben. Ein Wunsch, der erschreckende Züge annimmt.
Shibatarians anfangs auffälligstes Merkmal ist wohl das recht kindliche und manchmal eher simpel wirkende Artwork und Charakterdesign. Wieviel davon Design Choice und wieviel Iwamuros natürlicher Zeichenstil ist, kann ich nicht beurteilen. Aber gerade in der Wahl dieses rudimentären und simplen Zeichenstils steckt ein Teil der Formel, die Shibatarian wohl überraschend bekannt gemacht hat. Denn wenn man Shibatas kindliches Gesicht in Kombination mit abartigem Body-Horror sieht, dann entsteht ein schräger Kontrast. Wahrscheinlich liegt darin der Selling Point der Reihe. Tatsächlich hat der Manga eine Prämisse, die mir ein wenig aus den The Ring-Romanen von Kōji Suzuki bekannt vorkommt und mich vielleicht gerade deswegen nicht so sehr mitgerissen hat. Darüber hinaus passt es für mich nicht wie sprunghaft sich die Handlung entwickelt und seine Twists nicht einzusetzen weiß. Zwar war es nicht mein Fall, aber Katsuya Iwamuros Shibatarian wird sicherlich eine Fangemeinde finden.

„Fool Night“ Bd. 1, Kasumi Yasuda, Carlsen Manga
Das Szenario von Fool Night ist außergewöhnlich. Darin herrscht auf der Erde Sauerstoffknappheit, nachdem der Planet kein Sonnenlicht mehr erhält und keine Pflanzen wachsen. Allerdings wurde ein Prozess namens Transfloration entwickelt. Der verwandelt Menschen in Pflanzen, die den Umständen trotzen und die Erde als bewohnbar erhalten. Um das Ganze ethisch vertretbar zu machen, werden nur schwerkranke, freiwillige Personen transfloriert. Das will auch der Hauptcharakter Toshiro. Allerdings weniger um der Allgemeinheit zu dienen, sondern um seinen prekären Lebensumständen zu entfliehen und die Vorteile Transflorierter zu genießen. Allerdings bekommt Toshiro eine erstaunliche Fähigkeit, die alles was man bisher über Transfloration wusste, auf den Kopf stellt.
Fool Night ist (bisher) meine Manga-Überraschung des Jahres. Der Manga erscheint mir klug, gewitzt und interessant. Aber die Mischung muss man abkönnen und über das eine oder andere hinwegsehen. Man nehme nur die Ausgangssituation, die sehr künstlich wirkt. Da heißt es, dass die Erde von Dunkelheit umgeben ist – warum? Untersucht das jemand? Keine Ahnung. Vielleicht verraten das Folgebände, der erste jedenfalls nicht. Man muss es einfach hinnehmen. Dafür hat Fool Night definitiv eine unverbraucht spannende Idee. Zudem ist es voller beeindruckender Bilder, die pointenreich sind. Kaum schlägt man den Manga auf, sieht man die Überreste von Menschen, die in Pflanzen aufgegangen sind. Sterblichkeit und Schönheit in einem surrealen Schwarzweißgemälde. Denn ja: Bodyhorror muss man hierfür abkönnen.


Der Zeichenstil Kasumi Yasudas ist ungewöhnlich und verzichtet auf Manga-Stereotype. Soll heißen: es gibt keine großen Kulleraugen. Oftmals ist die Mimik etwas grob und undeutlich, das Charakterdesign wirkt flapsig, vermittelt aber trotzdem Gefühlslage und Situation der Personen. Es passiert viel gleichzeitig und man muss sich erstmal etwas an den Detailreichtum der Panels gewöhnen. Die Gedankenspiele in Fool Night sind aber enorm interessant. So tritt im ersten Band beispielsweise eine Musikerin auf, die den Pflanze gewordenen Menschen lange nach ihrer Transformation Gefühle abringt. In dem Manga gibt es noch jede Menge Spielraum für weitere Entdeckungen zwischen Mensch, Pflanze und allem dazwischen.
Oha. Eigentlich wollte ich doch tendenziell eher Reihen zu Ende lesen statt neue anzufangen. Tja, das hat wohl nicht geklappt. Wie man denke ich herauslesen kann, bin ich schwer begeistert von „Fool Night“ und „Insomniacs After School“ und werde „Shibatarian“ nicht weiterlesen. Kennt ihr die besprochenen Manga?

In „angelesen“ sammle ich die Eindrücke von Buchreihen, die ich lese. D.h. insbesondere von Manga und Comics, die ich noch nicht abgeschlossen habe und deswegen nur als Teil eines Ganzen betrachten kann. Wer andere Literatur sucht und die Meinung zu abgeschlossenen Reihen, findet die in ausgelesen, einer weiteren Rubrik hier im Blog. 🙂
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