Heute wird es tierisch. Tusch! 🥁 Die Handlung beider hier besprochener Hörbücher wird maßgeblich durch Tiere in Gang gesetzt. In „Der Pfau“ erklärt sich wohl von selbst welches Tier hier eine illustre Runde von Menschen in Aufregung versetzt. Währenddessen handelt „Trophäe“ von Großwildjagd und „Entwicklungshilfe gone wrong“. Spoilerfrei.
Isabel Bogdan „Der Pfau“ 🦚
In Isabel Bogdans 2016 veröffentlichtem Roman sorgt ein Pfau für Unruhe. Der lebt auf dem Anwesen von Lord und Lady McIntosh in Schottland und reagiert aggressiv auf die Farbe Blau. Als eine Gruppe Banker dort für einen Teambuilding-Workshop anreist, dreht der Pfau durch und wird bald schon tot aufgefunden. War es der Gärtner? 😉 Niemand der Anwesenden, egal ob Lord & Lady, deren Angestellten, die Gruppe Banker, kennt die ganze Geschichte und jeder meint etwas verstecken zu müssen.
Das Hörbuch aus dem argon Verlag wird von Christoph Maria Herbst gelesen und das mit genau der richtigen Tonalität, um das Buch nie zu komödiantisch, nie zu abgehoben klingen zu lassen: neutral mit einem Hauch Süffisanz. Das ist hier entscheidend, denn Isabel Bogdans Geschichte ist spätestens mit Auftreten der Banker von recht stereotypischen Charakteren bevölkert, die wiederum Vorurteile gegen andere hegen und pflegen. Mit einer anderen Atmosphäre gelesen, könnte das schnell in Klamauk abrutschen, was es nie tut. Anfangs hatte das Hörbuch es trotzdem recht schwer bei mir, weil ich das alles doch sehr gediegen nicht besonders spannend fand und die Charaktere nicht so recht mochte – noch weniger, dass sie wie solche Abziehbilder wirken. Die kontrollsüchtige Chefin, die desinteressierten Banker, etc. Gegen Ende wird aber klar, dass die Stärke des Buchs darin liegt, dass das große Missverständnis um den toten Pfau sehr einfach aufzulösen wäre. Es hätten nur mal alle miteinander reden müssen. Entgegen ihrer Annahmen über ihre Mitmenschen.
Gaea Schoeters „Trophäe“ 🦏
Ich hätte die Chance gehabt Gaea Schoeters auf der Leipziger Buchmesse 2024 zu sehen und habe sie nicht ergriffen. Tatsächlich machte ich einen Bogen um das Buch. Über einen Großwildjäger lese ich nicht, war mein Gedanke. Erst als ein guter Freund das Buch empfohlen hat, war ich bereit über den Tellerrand meiner Vorurteile zu schauen. In dem Roman heißt der Protagonist tatsächlich Hunter, welche Ironie. Und er ist sich dessen vollkommen bewusst. Er ist reich und er will die Big Five voll machen. Dafür fehlt ihm in seiner Trophäensammlung nur noch ein Nashorn. Das ganze läuft nicht nach Plan, Hunter muss ohne Trophäe nach Hause. Aber muss er? Ein Geschäftspartner erzählt ihm von den Big Six. Aber kann und will Hunter wirklich einen Menschen erschießen?
Das ist leider der Handlung in dem Buch sehr weit voraus gegriffen, aber das tut auch der Klappentext. Über recht lange Passagen geht es erstmal um Hunters Jagd auf das Nashorn. In kurzen Passagen erfahren wir, was ihn dazu bewegt. Wie Großwildjagd überhaupt funktioniert. Es ist keine Sekunde langweilig. Zum Einen, weil sich Hunter seiner privilegierten Position und des Rufs von Großwildjagd durchaus bewusst ist. Zum Anderen, weil Gaea Schoeters das ganze so greifbar und spannend schreibt. Dabei spielt die Identität Afrikas, der Menschen, des Kontinents, der Kultur, der Natur im Verhältnis zu „Eingereisten“ wie ihm stets eine Rolle. Ich kann Großwildjagd immer noch für ein Hobby von superreichen Arschlöchern halten. Ich kann immer noch sagen, dass ich nie zum Zeitvertreib oder als Sport ein Tier erschießen würde. Aber trotzdem muss ich eingestehen, dass mir das Buch den Thrill greifbar gemacht hat. Und ich komme damit klar, dass dies in der rein fiktionalen Ebene stattfindet. Aber ja, irgendwer jagt wahrscheinlich gerade jetzt in Afrika trotzdem Nashörner.
Dass dahinter ein ganzer Geschäftszweig steckt, verwundert niemanden. Aber hier wird der erklärt und zudem noch mit einer kruden Sicht auf den Begriff Entwicklungshilfe in Zusammenhang gesetzt. Die belgische Autorin Gaea Schoeters hat eine präzise Schreibweise, ein spannendes und relevantes Thema mit dichter Atmosphäre zu Papier gebracht. Mir gefiel wie Hunters moralische Grenzen ausgetestet werden. Trophäe hat zuweilen fast einen schwarzen Humor und am Ende eine bittere Pointe. Wohl eins der (Hör)Bücher, die mir dieses Jahr bisher am besten gefallen haben. Gelesen wird es von Johann von Bülow, der Hunter die notwendige Nonchalance, aber auch den Schrecken verleiht. Erschienen ist es in argon edition.
Ja, unterschiedlicher könnten die Bücher wohl kaum sein. „Der Pfau“ wurde zu seinem Erscheinen ja viel gelobt, aber ich konnte tatsächlich nicht so viel damit anfangen. Auch wenn es mir am Ende besser gefallen hat. „Trophäe“ hat mich wie man vielleicht rausliest, echt umgehauen. Habt ihr Bezug zum Thema Jagd? Oder Teambuilding-Workshops? 😉 Kennt ihr die Bücher vielleicht?
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