Fantastischer Film: Die Haut, in der ich wohne

Inhalt

In der Villa des Chirurgen Robert Ledgard lebt vollkommen isoliert und abgeschnitten von der Außenwelt eine junge Frau namens Vera. Die Umstände unter denen sie lebt sind gut: sie wird von der Haushälterin Marilia mit Lebensmitteln versorgt und allem, was sie sonst benötigt. Yoga, Gymnastik, Lesen und das Herstellen von kleinen Skulpturen bestimmen ihren Alltag. Sie trägt eine Art Stütz- und Schutzanzug, als ob sie eine OP hinter sich hätte und es erweckt den Anschein, als ob sie ihre Situation freiwillig gewählt hätte. Vielleicht macht sie eine Luxus-Reha?

Wenn sie plötzlich stapelweise Kleider aus ihrem Schrank nimmt und in Fetzen schneidet, wird klar: hier stimmt etwas nicht. Noch zwiegespaltener ist die Beziehung zu dem Hausherrn Dr. Ledgard. Beide bewegen sich zwischen Abhängigkeit, Anziehung und gegenseitigem Abstoßen beider Parteien. Nach und nach erfährt man, dass der Chirurg an der künstlichen Herstellung einer robusten Haut interessiert ist, um beispielsweise Opfer von starken Verbrennungen ein neues Leben zu ermöglichen. Den Bewunderern und Kritikern bleibt verborgen, dass er im Geheimen am Objekt forscht. Nicht wie angegeben an Laborratten, sondern an Vera.

Als die Haushälterin Marilia Besuch von ihrem brutalen verstoßenen Sohn bekommt und dieser Vera entdeckt und sich an ihr vergehen will, nehmen die Dinge ihren Lauf. Es wird eine Ereigniskette losgetreten beginnend mit Ledgard, der Vera von dem Eindringling befreit und ihn erschießt und damit endet, dass das Rätsel um alle Zusammenhänge folgenschwer offenbart wird.

Hintergrund

Pedro Almodóvar ist bekannt für das Aufgreifen vielschichtiger zwischenmenschlicher Beziehungen und die oftmals kontroversen Wendungen. Auch in La piel que habito (Originaltitel) muss man beides nicht vermissen.

Die Beziehung zwischen Vera und Ledgard gibt mehr als ein Mal Rätsel auf: ist sie dort freiwillig oder unfreiwillig? Wie steht sie Ledgard gegenüber? Und wie steht er ihr gegenüber? Während des Films lächzt man danach zu erfahren, was das unausgesprochene Geheimnis ist bis es im vorletzten Abschnitt des Films zur Auflösung kommt, die einen nur schockiert zurückläßt.

Vorlage für dieses außerordentliche Werk ist der Roman Mygale (u.a. auch Tarantula) von Thierry Jonquet. Der Film selber ist aufgeteilt in mehrere Abschnitte. Zuerst bewegt man sich in der Gegenwart und versucht hinter das Geheimnis von Vera und Ledgard zu kommen. Darauf folgen Abschnitte der Vergangenheit aus der Sicht von u.A. Ledgard selber und letztendlich befindet man sich wieder in der Gegenwart und erlebt die Auflösung.

Meinung

Die Haut, in der ich wohne beschäftigt sich mit großen Themen wie der Identität und Schuld. Hierbei verwischen die Grenzen stark. Der Zuschauer wird auf dem Weg zur Auflösung in einen Strudel der Zusammenhänge und Missverständnisse gerissen. Als das Rätsel der Beziehung zwischen Ledgard und Vera gelüftet wird, trifft es einen hart. Insbesondere weil man von Anfang an vor des Rätsels Lösung stand und es diesem Film wirklich gelingt einen nichts erraten zu lassen und langsam immer näher zur Auflösung führt. Was das Thema Schuld betrifft, so möchte man werten aber es ist fast unmöglich. Täter sind hier gleichzeitig Opfer und Opfer gleichzeitig Täter. Insbesondere Antonio Banderas als Dr. Ledgard ist beängstigend und schafft es, dass man gleichzeitig mit ihm leidet. Ja sogar für ihn hofft.

Die Haut, in der ich wohne ist ein Melodram Schrägstrich Thriller, der mitreißend und schockierend ist und fundamentale Fragen aufruft. Dazu muss man allerdings den etwas schleppenden Anfang und die begeisterungshemmende Ahnungslosigkeit überdauern. Auch die Rolle der Haushälterin wurde nicht ganz ausgebaut. Ihre Bedeutung könnte vielversprechend sein, wird aber in nur wenigen Minuten und Sequenzen abgetan. Nichts halbes und nichts ganzes.

Hat man diese kleinen Schwächen aber ausgestanden, wird man Zeuge einer Wendung, die man nicht hat kommen sehen. So etwas ist schwer zu konstruieren in Zeiten der der immergleichen Hollywood-Spannungsbögen. Mit dem Ergebnis, dass der Zuschauer im Konflikt mit sich selbst zurück zurückgelassen wird. Dieser Film hat mich noch eine Weile beschäftigt und das schaffen nicht viele.

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