Die letzten Wochen und Monate waren ziemlich verrückt.
Früher habe ich jede Menge darüber nachgedacht wie das wohl sein wird, den Bachelor zu machen und wie sich das wohl anfühlt eine Bachelorarbeit zu schreiben. Aber all diese Gedanken wurden vom Studium mehr und mehr verdrängt. Eigentlich ist die Formulierung nicht ganz richtig: das Studium hat genauso viel Zeit gekostet wie sonst auch. Nur die Nebenbedingungen wurden anders. Was die Fächer betrifft, so haben mir diese eigentlich von Jahr zu Jahr besser gefallen. Das wäre vermutlich eine gute Werbung für meine Universität. 🙂
In diesem, meinem 6. Semester war das große Schlagwort Bachelorarbeit. Allerdings hatten die oben genannten Gedanken („so fühlt sich das also an eine Bachelorarbeit zu schreiben“) wenig Raum und Luft sich zu entfalten. Es gab nämlich noch weitere Schlagworte wie „Klausur mit dem Sprachkurs schreiben“ (ich darf einen Japanisch-Sprachkurs abhalten und bei dem ist es auch üblich, dass eine Klausur geschrieben wird), „diverse regelmäßige Hausaufgaben“, „Gruppenarbeiten“, „PHP-Projekt“ und zu guter letzt der „Science Slam“. Bis dann hin zu den Prüfungen und dem Papierkrieg: Anmelden der Bachelorarbeit, Immatrikulationsantrag, und und und.
Den Science Slam habe ich beispielsweise als eine Herausforderung gesehen – es war der erste der in Freiberg veranstaltet werden sollte im Zuge der Nacht der Wissenschaft. Da ich gerade an der Bachelorarbeit saß, schien mir das ziemlich passend und mit dem Thema kann man doch einen Saal begeistern. Als ich dann aber viel zu spät mit der Vorbereitung des ganzen angefangen habe, hätte ich mich verfluchen können und das noch mehr, als ich sah wieviele Leute in diesen Saal strömten.
Das war nur eins der Highlights des vor ein paar Tagen vergangenen Semesters. Das akribische Erarbeiten der Japanisch-Klausur und das Kontrollieren der ersten Arbeit, die ich mir ausdenken musste war im Juni eine große Nummer für mich und jetzt wirkt es auf mich, als würde es unendlich weit zurück liegen. Genauso der Science Slam. Wochen nervöser Aufreibung und nun fühlt es sich an, als wäre es zu einer Zeit geschehen als Menschen noch Märchen waren, aus Büchern geschrieben von Kaninchen. (Na? Wer kennt das Zitat?)
Die Bachelorarbeit jedoch zieht sich durch das ganze wie ein roter Faden. Schon vor Beginn des Semesters habe ich daran programmiert und während dem Semester daran gearbeitet und letztendlich daran geschrieben. Sie war meine Begleiterin und ich habe mir manchmal den Kopf wegen ihr zerbrochen. Oftmals habe ich keinen Plan gehabt wie es weiter gehen soll, damit ich zu Ergebnissen komme – das fühlte sich stellenweise sehr nach Forschen an. Und dann ganz unvermittelt beim Sit-Ups machen oder Zähne putzen kamen mir plötzlich Einfälle. Und obwohl ich wusste, dass ich zu spät zur Vorlesung oder ins Café kommen würde, habe ich diese noch schnell aufgeschrieben. Alles in allem hat mich der „Low-Cost Ansatz zur Klassifikation von Hirnströmen mittels Künstlicher Neuronaler Netze“ sehr auf Trab gehalten, war dabei aber immer sehr angenehm. Nur zum Schluss wurde mein Zeitplan dünn wie Seidenpapier, ohne dass ich daran etwas hätte ändern können. Und dann ganz plötzlich sehe ich mich im Medienzentrum stehen und meine Exemplare abholen. Als ich sie später alle weggeschafft hatte, war noch keine Zeit zu realisieren. Die Wohnung sah unmöglich aus. Alles lag voll mit Büchern und wissenschaftlichen Papers, Notizzettel klebten überall. Erst später wurde mir bewusst, dass das dem erwarteten Bild ein wenig entspricht. Als ich all die Spuren beseitigt und mich mal richtig ausgeschlafen hatte, habe ich gemerkt: sie ist weg. Und während ich früher in Überlegungen geschwelgt habe wie das wohl ist und wie ich dann wohl bin und über was ich wohl schreibe und wie sich das wohl anfühlt und ob man dann „forscht“, habe ich gar nicht gemerkt wie vorbeigeht, worauf ich solange gewartet habe.
Ich habe meine sieben Sachen gepackt und bin nach Hause, ich habe gefeiert, angefangen für meine Prüfungen zu lernen – ich habe viel gemacht aber immer wieder habe ich mal für 5 Minuten am Schreibtisch gesessen und aus dem Fenster geguckt. Nur aus dem Fenster gesehen, neben mir das schwarz gebundene Buch mit den silbernen Lettern auf dem Deckel und ich habe nur gedacht „Jetzt ist es vorbei“. Haltet mich verrückt aber es ist wie wenn der Freund mit einem Schluss macht. Irgendwas geht zu Ende.
Und jetzt sitze ich wieder hier und habe in einem (wie ich finde) ziemlich gewaltigen Kraftakt alle Prüfungen meines letzten Semesters hintereinander gemacht und habe jetzt gerade mal eine Woche frei. Es ist seltsam. Jede Minute könnte gerade jemand in der Verwaltung in die Tasten hauen und mein Studium beenden. (Na gut…heute vllt. nicht, es ist Sonntag.) Und es geht mir wieder genauso. Laut meinem Zweitkorrektor habe ich auch eine Note die zum Freuen ist. Und ja, ich war das auch schon feiern mit einigen Freunden aber was soll ich sagen? „Freust du dich denn gar nicht?“ fragen die, die mich richtig gut kennen. Ja, doch. Aber ich bin auch traurig. Ich habe mich so auf mein Studium gefreut und jetzt ist es zu Ende und es ging verdammt schnell und es war gewaltig viel los.
Und es ist der absolute Widerspruch aber es kommt mir vor als wäre es ein ganzes Jahrhundert her, dass ich in der Neuen Mensa stand und dort meinen Studentenausweis abholen musste und die ersten Leute kennen gelernt habe. Welche, die ich immer noch kenne. Oder im Regen vorm Mathehörsaal stand mit lauter anderen Mathe- und Informatikstudenten. Jeder Dozent, der dort ein paar Worte zu uns sagen sollte, trudelte nach und nach ein. Aber keiner hatte den Schlüssel mit. 🙂 Das sind nur einige von den Geschichten, die ich neulich schon über ein paar Cocktails gelehnt mit den anderen ausgetauscht habe.
Miss Booleana ist heute Miss Melancholie. Aber nur, weil’s so schön war.
Aber hey, jede Minute könnte auch jemand in der Verwaltung in die Tasten hauen und mich einschreiben. Das heißt…heute nicht, weil heute ist Sonntag.
Ich hab eine Woche frei und dann gehts weiter. Und jetzt habe ich noch Zeit für die Gedanken. Und das muss genossen werden. 😀
Schreibe einen Kommentar