Dass ich ein großer Filmfan bin, ist kein Geheimnis.
Als Ende Februar die Oscars verliehen wurden und ich mit dem Gedanken spielte die Nacht durchzumachen, um live dabei zu sein, fragte mich meine Mutter, was daran so toll wäre und warum ich so dermaßen darauf versessen bin, mir das schnellstmöglich anzusehen?
Die Gründe sind ganz einfach und einige sehr profan. Man kennt einige der nominierten Filme. Meistens leider nicht alle, weil sie bis dato nicht in Deutschland anliefen. Für die Filme, die man kennt, fiebert man mit. Als Natalie Portman als beste Hauptdarstellerin für Black Swan, einen meiner Lieblingsfilme, nominiert war, hätte die Welt um mich herum einstürzen können, mein Blick wäre wie festgeklebt an der Mattscheibe bis endlich ihr Name gesagt würde.
Andere, die noch nicht im Kino waren, lernt man kennen und nimmt sich eventuell vor sie anzuschauen. Sicherlich ist es auch ein Teilziel der Veranstaltung „Lust auf mehr zu machen“. Mich störts nicht. Im Gegenteil: ich bin dankbar.
Zwei der für mich ausschlaggebensten Gründe sind eng miteinander verknüpft: Bei Filmpreisen wird immer das markanteste hervorgehoben. Die schauspielerischen oder szenischen Leistungen, die Qualität der Drehbücher und der Cinematografie und Kamera, die Kunst des Animierens und Gestaltung von Kostüm und Make-up unvm. In kurzen Einspielern werden die Filme und ihre hervorstechensten Szenen oder Merkmale gezeigt – ich liebe die Einspieler. Egal für welche Kategorie, der Detailreichtum, die Würdigung und Ehrung der Arbeit bescheren mir immer eine Gänsehaut. Mit welchen Gefühlen sitzen die Nominierten im Publikum? Wie mag es sein, wenn der eigene Name verkündet wird? Ist es gar eine Last oder ein Moment des größten Glücks oder beides?
Dass die eigene künstlerische Leistung erkannt und gewürdigt wird, ist der ausschlaggebende Grund für mich. Diese Momente faszinieren mich. Vermutlich weil ich mich selber auch ein wenig als Künstler sehe aber damit bisher eher keinen Blumentopf gewonnen habe, geschweigedenn „Würdigung“ erfahre. Das klingt bitter, was ich aber nicht bin. Es ist nur unglaublich zu sehen was diese Menschen geschafft haben: einen bedeutenden Schritt. Sie schaffen etwas, dass immer in Erinnerung bleiben wird und vielleicht Menschen oder Entscheidungen formt oder bereichert.
Das sind die Momente, die mich an Filmpreisen und Filmfestivals so anziehen: Octavia Spencer nimmt weinend und zitternd ihren Preis entgegen. Keiner von uns wird nachvollziehen können wie lang und mühsam dieser Weg für sie war und was es bedeuten kann eine Würdigung dieser Art zu empfangen. Bis vor einigen Jahrzehnten (Jahren?) war es evtl. noch undenkbar oder skandalös, wenn eine Schwarze diesen Preis verliehen bekommt.
Sicher, nicht jeder nimmt es so emotional auf. Manch einer hat vielleicht schon 2, 3 Preise mehr gewonnen und stellt sie nur zu den anderen in den Schrank.
Aber das obige Foto zeigt eines der Beispiele, in denen der Preis voll eingeschlagen hat und ich einfach nur eine Gänsehaut bekomme.
Natürlich sorgen Filmfestspiele und Preisverleihungen auch für den einen oder anderen bitter anmutenden Nebengeschmack.
Zum Einen kosten sie Geld. Da fehlt hier und da das Verständnis für dekadentes Aufrollen von roten Teppichen, Häppchen und Egos angesichts der Armut die sicherlich nur einige Straßen weiter präsent ist. Es ist auch nicht unbedingt mein Lieblingsaspekt.
Zum anderen kommt die Ehrung an manchen Stellen auch wieder zu kurz. Cinematografie, Research, Kamera und viele weitere Kategorien verschwinden immer etwas in der Nische, wohingegen Preise wie „Beste/r Hauptdarsteller/in“, „Bester Film“ oder auch „Beste Regie“ zelebriert werden. Natürlich sind die Hauptdarsteller und der Regiesseur tragende Figuren, die einen Film formen. Der technische Aspekt, die Knochenarbeit, darf aber nicht vergessen werden. Beispielsweise werden im Zuge der Forschung für den Film sehr oft Techniken entwickelt, die zukunftsweisend sind. Pixar ist ein außerordentliches Beispiel dafür. Bei den Oscars 2012 ist es nicht das erste Mal passiert, dass die Preisträger selber über die Kategorie Witze machen und andeuten, dass alle auf die „wichtigeren“ Kategorien warten.
Daher empfinde ich richtigen Ärger, wenn ich höre, dass die Musik eingespielt und die Rede gekürzt wird, das Mikro heruntergefahren wird oder andere Späße.
Allgemein hat auch jeder Filmpreis seine eigenen Charakterzüge, Highlights und Nachteile – passend zum Start der Filmfestspiele in Cannes in dieser Woche, hier ein kleiner Rückblick auf das letzte Filmpreis- und Filmfestspieljahr aus meiner Sicht. (Denn Prognosen soll man lassen, wenn man zu wenige der Filme kennt ;)) Keine vollständige Liste aber eine Liste meiner Eindrücke.
Europäischer Filmpreis 2011
Am 3.12.2011 fand die 24. Verleihung des Europäischen Filmpreises statt. 2011 habe ich mir das erste Mal diesen Filmpreis angesehen und empfand ihn doch sehr viel individueller und intimer als die Oscars. Die Academy Awards wirken immer wie ein unerreichbar fernes Monument. Beim europäischen Filmpreis hingegen ist auch mal eine deutsche Produktion nominiert und man sieht all die bekannten Darsteller der Nachbarländer, die man in amerikanischen Produktionen fast nie zu Gesicht bekommt (was Vor- und Nachteil sein kann).
Außerdem ist die Verleihung wesentlich persönlicher, so gab es beispielsweise Paten für jede Kategorie. Es wurden mehrere Sprachen gesprochen und Anke Engelke hat eine sensationelle Show geliefert. Auftakt war ihr Zeitlupen-Auftritt im Brautkleid à la Melancholia – nur einer von vielen ironisch/sarkastischen aber vor allem zum Brüllen komischen und manchmal auch kritischen Auftritten. Großartig!
Letztendlich habe ich als Einsteigerin durch einen ihrer Auftritte auch mitbekommen, dass der Europäische Filmpreis ein Problem mit der Beteiligung hat und tatsächlich war der Saal relativ überschaubar. Einige Preisträger waren auch gar nicht da.
Beispielsweise Lars von Trier, der nach dem Vorfall bei den Filmfestspielen von Cannes scheinbar aus seiner Abwesenheit auch noch ein Statement gemacht hat. Den Preis für den besten Film ließ er von seiner Frau entgegen nehmen, die berichtete, er hätte ihr gesagt, sie solle besser nur winken (frei zitiert).
Nichtsdesto trotz war es eine wesentlich natürlichere Veranstaltung. Nominierte werden zugelassen, die sehr individuell, mutig und edgy sind. Frei von Popcorn-Kino und immergleicher Dramaturgie. Mich hat der Europäische Filmpreis gewonnen, auch wenn mir die geringe Anzahl deutscher Nomminierter ebenfalls aufgefallen ist (siehe Links zum Thema).
Mehr darüber: bei der Augsburger Allgemeinen und bei der FAZ.
Lassen wir noch etwas Platz für Mädchengedanken…
also ich mochte Anke Engelkes Kleid sehr. Im Gegensatz zur Zeitung Jolie ;).
84th Academy Awards (Oscars 2012)
Am 26.02.2012 war es wieder soweit: der rote Teppich wurde ausgerollt für die Oscars 2012.
Nachdem ich den Europäischen Filmpreis sah, stehe ich den Academy Awards noch etwas kritischer gegenüber als vorher und beäuge die Laudatio oder Dankesrede etwas aufmerksamer.
Nichts desto trotz hat mich das eine oder andere an der Veranstaltung doch sehr überrascht, zumeist in einem positiven Sinn.
Das erste Mal wurde der Preis für den besten fremdsprachigen Film verliehen und als Sandra Bullock auf das Mikrofon zuschritt, ahnte ich schon, dass wie sie bestimmt deutsch sprechen hören. Und so war es auch, nur kündigte sie es als „Mandarin mit deutschem Akzent an“. 😉 Sehr schön.
Dass der Oscar als bedeutenster Filmpreis der Welt angesehen wird, ist manchmal etwas verstörend. Natürlich sehe ich mir die Oscars und amerikanische Produktionen sehr gerne an. Viel treffender ist es doch aber zu sagen es ist der hochdotierteste und bekannteste Filmpreis und hat Maßstäbe bezüglich Pomp, Prunk und Ruf gelegt. Allerdings ist er hauptsächlich erreichbar für Beteiligte an amerikanischen Produktionen. Es ist kein internationaler Preis, selbst wenn sich die Academy immer um einen „internationelen Touch“ bemüht. Manchmal weiß man nicht, ob man das nicht als bewusst eingeflochtene Legitmitation betrachten soll. Mit der neuen Kategorie haben sie allerdings einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Außerdem schön zu sehen, dass die französische Produktion The Artist so eingeschlagen hat. Scheinbar hat das Thema Geschichte des Films sehr bewegt, denn auch Martin Scorseses Hugo war mehrfach nominiert.
Insgesamt wurden einige Filme und Leistungen nominiert und auch Preisträger, die etwas für Stirnrunzeln gesorgt haben. Auch bei mir, denn diesmal lag der Zeitpunkt günstig und ich konnte einige Filme vor der Veranstaltung sehen und mir aktiv eine Meinung bilden.
Die Nominierung von Rooney Mara als Beste Hauptdarstellerin (Lisbeth Salander im US-Remake des skandinavischen Films Verblendung) war für mich ein großer Kritikpunkt. Vermutlich bin ich einfach nicht in der Lage, es objektiv zu betrachten. Natürlich war ihre Leistung sehr gut aber es ist und bleibt nun Mal so, dass die Lisbeth schon früher verkörpert wurde. Noomi Rapace spielte im Original eine polarisierende Persönlichkeit. Sie hat das Grauen was Lisbeth durchleben musste noch fühlbarer dargestellt und wurde nicht für einen Oscar nominiert. Stattdessen wurde ein US-Remake gemacht. What for? Mehr als sinnlos.
Außerdem waren einige meiner Meinung nach eher schwache Filme dabei wie zum Beispiel The Descendants und Brautalarm.
Manche Leute betrachten es als einen Gewinn, dass eine Komödie für Oscars nominiert wurde. Das kam nun wirklich nicht oft vor in den letzten Jahren. Aber insbesondere bei dieser Frauenvariante von Hangover hätte ich eigentlich keine Nominierung erwartet. Von der Presse wurden auch The Help und The Artist mit sehr gemischten Gefühlen aufgenommen. Ich kann gar nicht die Liste an Blogartikel aufzählen, die sich über die diesjährige Wahl aufgeregt haben. Aufgefallen sind auch die sehr amerikanischen Themen (Extrem laut und unglaublich nah, The Help) im krassen Gegensatz zu der Anzahl ausländischer Nominierungen in diesem Jahr. Wobei „amerikanische Themen“ letztendlich im Kern Aussagen liefern, die selbstverständlich uns alle betreffen.
Eine der größten Überraschungen dürfte der älteste Preisträger der Oscar-Geschichte sein: Christopher Plummer gewinnt im Alter von 82 Jahren den Award für den besten Nebendarsteller.
„You are only two years older than me darling – where have you been all my life?“
(Christopher Plummer zu seiner Oscar-Trophäe)
Ich komme nicht umhin mich zu fragen, welche Gedanken er gegenüber der Preisverleihung hat.
Wenn kleine Produktionen und vorher unbekanntere Namen zu Preisträgern werden, ist es für mich immer noch einer der schönsten Momente wie im Falle von Octavia Spencer, s.o. Oder wie im Falle von Christopher Plummer, der vielleicht gar nicht mehr mit einer Trophäe gerechnet hat!?
Etwas, das ich der Oscarverleihung auch hoch anrechne ist die Ehrung verstorbener Preisträger, Nominierter bzw. mit dem Kino verknüpfter Personen.
Somit ist der Oscar eine fast monumentale Veranstaltung aber ich empfinde es doch als sinnvoll, diese auch wachsam und mit etwas Kritik im Hinterkopf zu betrachten.
Deutscher Filmpreis
Erst vor einigen Wochen, am 27.04.2012, wurden wieder die Lolas verliehen. Den deutschen Filmpreis habe ich über die Jahre nur sporadisch verfolgt. Der Grund dafür: ich bin kein großer Fan des deutschen Films.
Zu erklären woran das liegt würde den Rahmen des Artikels sprengen. In wenigen Worten: ich denke unsere schweren Stoffe sind zu schwer und unsere seichten Komödien à la Till Schweiger sind viel zu seicht. Auf jeden Fall waren ausgesprochen viele Preisträger dabei, die ich nur unterstützen kann wie im Falle der Produktionen „Halt auf freier Strecke“, „Die Unsichtbare“ oder „Anonymus“.
Meine persönlichen Höhepunkte waren die Verleihungen des Ehrenpreises für herausragende Verdienste um den deutschen Film an Michael Ballhaus und dass Michael „Bully“ Herbig den (neu geschaffenen) Bernd-Eichinger-Preis verliehen bekam. Noch besser: dass er davon nichts wusste. Als die Laudatio angestimmt wurde mit eben den Worten, dass der Preisträger nichts ahne und langsam beschrieben wurde, um wen es geht, war das doch eine große Überraschung und meine Gedanken sahen in etwa so aus „Bully? Nein…Bully? Nein…. . Oder doch? BULLY?“
Ich denke, dass der deutsche Filmpreis wichtig ist, allerdings hinterlassen die Verleihungen bei mir immer ein seltsames Gefühl, das ich schwer formulieren kann. Abgeklärtheit trifft es am besten. Nicht jeder kann den Preis scheinbar als Würdigung auffassen und als Außenstehende frage ich mich nur „warum?“ und werde darauf sicherlich nicht so leicht eine Antwort erhalten. Wie die (deutsche) Filmindustrie funktioniert weiß ich nicht, ich bin nur Bewunderer aber warum über dem deutschen Filmpreis stellenweise eine so schwere düstere Wolke liegt, kann man nur vermuten. Weil es dem deutschen Film nicht gut geht? Würde mich nicht ärgern, wenn es mir jemand erklärt.
Meine Kritikpunkte gelten in diesem Jahr auch anderen Merkmalen: die Moderation empfand ich als etwas zu locker. Sinnloser kam mir hingegen die Anspielung vor, dass illegale Downloads dem deutschen Film schaden würden. Das wird sich kaum durch so eine Fingerzeig-Laudatio beheben lassen. Und ich befürchte fast, dass die Zielgruppe, die dadurch angesprochen werden soll, nicht den deutschen Filmpreis anschaut.
Was mir zu meinem Glück fehlt ist die Filmfestspiele in Cannes mal besuchen zu dürfen und in Zukunft würde ich in meinen Rückblick gerne die BAFTAS (den British Academy Film Award) einbeziehen können. Im Jahr 2012 fand die Verleihung am 12.02. statt.
Was ich mir regelmäßig auch jedes Jahr anschaue sind die MTV Movie Awards.
Dieses Jahr finden sie am 3.06. statt aber eine Berichterstattung kann ich mir sparen, das weiß ich jetzt schon.
Früher war ich ein großer Fan, weil es sich um einen Publikumspreis handelt. Natürlich werden die Nominierten von MTV Executives festgelegt aber zumindest hat man die Wahl, was bei anderen Preisverleihungen nie der Fall ist. Der ironische Ton und die Persiflage auf verschiedene Filmerfolge fand ich immer großartig. Dass man das alles nicht zu ernst nimmt aber trotzdem in der Lage ist zu würdigen war immer ein perfekter Mix und ich habe vor Lachen manchmal am Boden gelegen, seit einigen Jahren sehe ich die MTV Movie Awards eher als Opfer des Hypes und von exzessiven Teenie-Voting-Aktionen. Die Twilight-Filme sind nun weiß Gott keine Meisterleistung und das Auftreten der „Helden“ wirkte auf mich immer zu „gewöhnt an den Erfolg“ und leicht süffisant. An und für sich ist es ja der Grundgedanke der MTV Movie Awards die Produktionen zu ehren, die die Masse und insbesondere die junge Leute bewegen aber tut mir leid, mich erreicht dieses Getue nicht mehr. Es nimmt einem die Spannung, wenn man schon erahnt, dass die Twilight-Reihe jeden Preis gewinnt, für den sie nominiert ist.
Nein danke.
Da gibt es andere Filmpreise meiner Wahl. Allen voran der europäische.
Schreibe einen Kommentar