Netzgeflüster: Magdeburger Dev Days 2024

Nachdem ich 2022 das erste Mal die Magdeburger Dev Days besuchte, wiederholte ich das dieses Jahr – und durfte auch auf die Bühne. 😀

Dev Days?

Die Magdeburger Dev Days sind eine Community Konferenz mit dem Schwerpunkt Informatik, die vor neun Jahren auf Eigeninitiative einiger Magdeburger IT-Fachkräfte gestartet wurde. Eine beachtliche Leistung wie die Konferenz seitdem gewachsen ist, sowohl was die Anzahl der Mitwirkenden, der Besucher:innen als auch der Konferenztage betrifft. Inzwischen umfassen die Dev Days vier Tage, zwei davon Workshop- und zwei Konferenztage. Vom 13.05. bis 16.05.24 wurden die Türen des AMO in Magdeburg wieder für die Dev Days geöffnet. Nicht ganz überraschend wurde Generative KI bzw. Generative AI das geflügelte Wort an diesen vier Maitagen.

Erster Konferenztag

Dieses Jahr war ich an beiden Konferenztagen anwesend. Das Wetter war klasse, die Allergien wurden getriggert, das Essen war gut und mein Kalender strotzte nur so vor spannenden Sessions. Viel zu viele davon parallel, sodass ich bei manchen bis 10 min. vorher komplett hin- und hergerissen war, welchem Vortrag ich dann wirklich lauschen würde.

Natürlich ging es los mit den Worten Michael Blumes, der die Dev Days ins Leben gerufen hat. 👏 Natürlich widmete sich bereits die Eröffnungs-Keynote AI. Im weiteren Tagesverlauf hörte ich u.a. einen Vortrag zu evolutionärer Architektur. Damit wir das gut sortieren können, gab es vorher einen kleinen Reminder was andere gängige Software-Architekturen ausmacht wie die hexadiagonale beispielsweise. Evolutionäre Architektur geht davon aus, dass man sich Fitness Functions herleitet und schaut wie gut das eigene System diese erfüllt, notwendigerweise stetig anpasst, usw. Erinnert nicht nur mich an Genetische Algorithmen, oder? 😀 Natürlich muss man dafür allerlei Metriken sammeln und Voraussetzungen schaffen. Ich denke an so manches Software Projekt zurück, an dem ich beteiligt war und was für Kämpfe man kämpfen musste, um eine vernünftige Protokollierung und Monitoring zu bekommen … . Aber gut: generell finde ich den Ansatz sehr spannend und hätte Bock drauf.

Danach gab es für mich noch einen Vortrag über Passkeys, die ja nun inzwischen als Authentifizierungs-(„Login“-)Alternative in vielen Diensten angeboten werden. Kurz umschrieben ist es ein Login ohne Passwort. Ich musste sie noch nicht anbinden und bin mir auch unschlüssig wie gangbar Passkeys bisher für die „nicht techie“-User:innen sind. Eine Herausforderung kann schon sein zu wissen auf welchem System man seinen Passkey abgelegt hat. Aber auch habe ich gelernt, dass Passkeys eigentlich nicht so neu sind – vielleicht muss noch etwas Zeit ins Land gehen, Menschen müssen das ausprobieren und an Lösungen mitentwickeln dank denen es intuitiver wird.

Am nachmittag ging es dann in den Vortrag zu Architektur-Unit-Tests mit ArchUnit. Sehr viel Architektur heute? Ja, in letzter Zeit arbeite ich aktiv dran mich in die Richtung Software-Architektin weiterzuentwickeln. Das geht eh nicht von heute auf morgen und ich sehe auch nicht, dass man dann nicht entwickelt. Architektur-Themen haben aber so schon einen anderen Stellenwert bei mir als vor fünf Jahren. Da ich öfter denke man sollte Architekturvorgaben in der Software abtesten, kam mir der Vortrag wie gerufen und war super informativ und nachvollziehbar. Am Abend ging es noch in einen Vortrag eines Kollegen, der über Barrierefreiheit mit dem Schwerpunkt UI/UX sprach.

Speakerin

Irgendwann mittendrin war ich selber dran. 🎤 Wie schon in meinem Rückblick geschrieben wurde ich vorher sehr viel darauf angesprochen, dass ich auf der großen Bühne bin – ob ich das wüsste? Ob ich nervös bin? Wenn man das so oft hört, dann könnte es definitiv nervös machen. Tatsächlich war meine größere Sorge im Vorfeld, dass ich wieder zum Datum fit bin und Stimme habe. Leider war ich nämlich bis eine Woche vor den Dev Days krank. Aber es ging nochmal alles gut und ich konnte meinen Vortrag halten.

Es war nicht das erste Mal, dass ich als Speakerin auftrete und es war auch tatsächlich nicht(!) mein bisher größtes Publikum. Tatsächlich war es aber die größte Bühne und das erste Mal, dass ich nur vor IT-Fachpersonal gesprochen habe. Zu sagen ich wäre nicht aufgeregt gewesen in der letzten halben Stunde vor dem Vortrag wäre eine Lüge. 😉 Was mir die Nervosität genommen hat, war eine Technikpanne. Der externe Bildschirm auf dem die Vortragenden auf der Bühne ihre Folien sehen, ging nicht. Das Technikteam war aber super flink und freundlich, hat das Problem in Nullkommanichts gelöst. Ich war danach ebenso gelöst, denn … was sollte jetzt schon noch passieren?

Ich hielt einen Vortrag über den ethischen Umgang mit KI. Besonderes Augenmerk lag herfür erstmal auf der Unart von uns Menschen Metaphern jede Menge Macht zu geben und KI im allgemeinen viel zu viel Kompetenz zuzuschreiben. Außerdem habe ich anhand einiger Beispiele versucht zu skizzieren wo die Probleme im Umgang mit vorrangig generativer KI liegen – Urheberrechtsverletzungen, Verletzungen von Personenrechten, Halluzinationen, Auswirkungen auf die Umwelt, usw. Danach ging es an mögliche Lösungen.

Obwohl vieles davon eher theoretischer Natur war, habe ich versucht mit zeitgeistigen Beispielen aufzulockern. Im Vorfeld hat mich das auch etwas in Konflikt mit mir selber gebracht. 🤔 Als Frau in der IT, die in den 2000ern den Entschluss fasste Informatik zu studieren, habe ich wohl ein altes Trauma geerbt. Oft denke ich, dass ich „die Ehre der IT-Frauen“ retten muss und lieber ein möglichst technisches Thema mit viel Code hätte wählen sollen. Aber dann wiederum lag mir das Thema so am Herzen. Und vielleicht habe ich gelernt, dass man sich als Frau in der IT entweder gar nicht mehr beweisen muss oder auf vielfältige Art beweisen kann. Habt ihr mal die Gelegenheit Speaker:in zu werden und fühlt euch mit dem Gedanken einigermaßen komfortabel: macht es! Es hat Spaß gemacht, es war spannend, es entstanden interessante Gespräche, man lernt Leute kennen und ich erhielt Feedback, von dem ich wahrscheinlich noch einige Monate gute Laune bekomme. 🌞

Zweiter Konferenztag

Nachdem ich mich von dem vielen Input des ersten Tages (und meinem eigenen Auftritt) erholt hatte, ging es am zweiten Tag direkt spannend weiter mit Nest.js. Nest.js vs Next.js – ich höre von beiden inzwischen viel und habe sie bis dahin immer verwechselt. Im Vortrag über Nest.js habe ich nun gelernt, dass man damit saubere, schmale auf Node.js basierende Backends schreiben kann. Scheinbar eignet es sich sehr gut, wenn man beispielsweise kleinere REST-Schnittstellen anbieten muss. Übereinkommend mit dem Vortragenden würde ich es aber vielleicht nicht für meine dickste high scalable Business Application mit Riesen-Datenbankmigration verwenden. Passenderweise gab es am selben Tag einen Vortrag über Next.js, bei dem ich gelernt habe beide abzugrenzen. Zumal Next.js auch ein React-Framework ist.

Am Nachmittag ging es weiter mit den Prinzipien guten Software-Designs namens SOLID, von denen mir einige schon bekannt waren und ich daher nicht so viel Neues gelernt habe. Etwas in die irre geführt hat mich, dass der Vortrag als Advanced eingestuft wurde. Advanced war aber sicherlich wie konsequent der Vortragende so viel Input in so wenig Zeit unter einen Hut gebracht hat. Chapeau! Auch seinen Ansatz zur Gamification mochte ich. Ähnlich erging es mir beim Vortrag über Pre-Training von LLMs um domänenspezifische Wissensbasen zu schaffen – das was vermittelt wurde, war mir nicht neu. Es waren auch am zweiten Konferenztag spannende Themen, aber mein Händchen bei der Auswahl und ob diese gut zu meinen Bedürfnissen passen war unglücklich.

Am Ende: Besuchenden-Rekord und ein Fazit

Natürlich sind die Dev Days eine Konferenz „Von Entwickelnden für Entwickelnde“ und daher ist die Atmosphäre entspannt und es herrscht nicht der Anspruch, dass jeder Vortrag etwas „noch nie dagewesenes zeigen“ muss. Das Programm erschien mir trotzdem bunter und relevanter als in den letzten Jahren. Es war auch mal wieder Platz für etwas mehr Java, dafür etwas weniger Mobile Entwicklung. Frontend- und .NET-Themen waren gefühlt immer stark vertreten. Generative KI wurde in einigen Vorträgen gedroppt, selbst wenn das nicht Gegenstand des Vortrags war, was ich als etwas unnötig erachte. Neben den vielen interessanten Vorträge wie man beispielsweise mit Copilot entwickelt oder KI integriert, war ich aber überrascht zu sehen, dass unter den Impulsvorträgen so wenige KI-kritische waren. Die Auseinandersetzung damit könnte noch tiefer sein – oder man verzichtet eben auf das droppen vermeintlich hipper Themen.

Die Organisation war top. Mein Feedback von vor 2 Jahren war, dass es schön wäre, wenn man sich besser durch den Veranstaltungsort navigieren könnte. Das wird inzwischen anders gelöst und hat sehr gut funktioniert. Essen und Verpflegung ließ keine Wünsche offen. Es wurde sehr daran gefeilt die Essensvorlieben (fleischlich, vegetarisch, vegan) zu bedienen und das hat denke ich gut geklappt. Die Mittagspause im Biergarten hinter dem AMO gab es auch wieder und die Räume waren alle stets gut gelüftet. 👍 Ein rundum gutes Paket, ich komme gern wieder. Am Ende konnten die Magdeburger Dev Days mit 820 Teilnehmenden verdient einen Besucher:innen-Rekord erzielen. Zu meiner Freude sah ich wieder viele bekannte Gesichter. Community-Konferenz, hach. 😊

devdaysmagdeburg @ Instagram

Webseite der Dev Days

Hattet ihr bereits die Gelegenheit die Dev Days zu besuchen? Ich bin gespannt, wo die nächsten stattfinden. Immer mal wieder überlegt die Stadt das AMO stillzulegen, weil Modernisierungen wohl sehr kostenintensiv sind. In Laufweite gibt es auch die inzwischen sanierte Hyparschale und die Stadthalle, die gerade erneuert wird. Beides in Elbnähe. Ob wir uns nächstes Mal wieder in den gewohnten Sälen des AMO treffen oder stattdessen weiter an der Elbe wiederfinden? So oder so feiern die Dev Days nächstes Jahr ihr Zehnjähriges!

Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen aus IT, Forschung, Netzwelt und Internet widme genauso wie Spaß rund um die Arbeit mit Bits und Bytes. 🙂

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