Am 08.06. von 18 bis 24 Uhr wurde die Innenstadt Freibergs ziemlich aufgemischt: das dritte Mal fand in Reihe die Nacht der Wissenschaft statt. Dass allerdings dieses Jahr als Veranstaltungsort nicht die Institute und Hörsäle herhalten mussten, war Premiere. Schlossplatz, Universitätshauptgebäude, die Burgstraße und ein paar Institute in Schloss-Nähe wurden eingespannt. Mein erster Gedanke war: gewagt, gewagt. Die Hälfte der Veranstaltungen unter freiem Himmel – das könnte ins Wasser fallen.
Allerdings war die Veranstaltung meiner Meinung nach vermutlich sogar die gelungenste Nacht der Wissenschaft bisher und hatte ein besonderes Flair, dadurch dass man da durchschlendert und Experimente beobachtet, wo man sonst zum Shoppen durchhechtet. Anlass für die kleine Umlagerung war das Jubiläum (850 Jahre Freiberg).
Wissenschaft im Herzen der Altstadt
Eine Freundin und ich haben zuerst umliegende Institute unsicher gemacht, insbesondere die für Glas-, Keramik- und Baustoffe. Den Kindern haben wir erstmal die Stifte weggenommen und selber die Bilder in der Junioruni ausgemalt 🙂 . Wie sagt man? Man ist nur so alt wie man sich fühlt.
Danach haben wir die Experimentiermeile auf dem Schlossplatz abgeklappert. Wir haben fast zuviel gesehen, um alles wiederzugeben. Das Programm und die Experimente waren relativ altersübergreifend. Manch ein Stand hat sich hauptsächlich auf Kinder ausgerichtet, ein anderer konzentrierte sich auf größere Experimente.
An jeder Ecke gab es irgendein Quiz auszufüllen oder an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Kinder konnten die Stationen ablaufen und sich Stempel und andere lustige Sachen anfertigen. (Und nicht nur die. Wir auch. XD)
Zu den wissenschaftlich interessantesten Themen zählten für mich die Draht-Konstrukte mit Formgedächtnis – wollte immer schon mal wissen wie das funktioniert. Außerdem der Stand mit der Keramik, der neben künstlichen Hüftgelenken und Stoßdämpfern allerhand zeigte. So auch den spätestens seit Big Bang Theory sehr beliebten Nerd-Spaß mit Lautsprecher und Speisestärke-Brühe. Die Chemiker zeigten Experimente die sehr alltagsnah waren wie die allseits bekannte elektrische Zitrone und das Filtrieren von Filzstiftfarbe, um zu schauen was da noch alles drin steckt. Außerdem wurden speziell für das 850-Jahr-Jubiläum 850 Kristalle gezüchtet und das Verfahren dementsprechend erklärt. Am Stand des Instituts für Informatik waren Geri und Indi in Action: die beiden NAOs – humanoide Roboter von Aldebaran Robotics. Die mussten sicherlich das eine oder andere Mal tanzen. 😀 Auch die Mathematik wurde vertreten mit allerhand optischen Täuschungen a la M.C.Escher und geometrischen Spielen und Konstrukten und einer Priese Codierung. Da hätte ich eien Weile bleiben können, bei den Mathematikern und Informatikern :).
Für das leibliche Wohl wurde natürlich an jeder Ecke gesorgt. Am einfallsreichsten war allerdings der Schnaps aus dem Reagenzglas mit Trockeneis bei den Chemikern. 😉 Und da zeigte sich wieder der Charme der Freiberger Uni. Man kipp gerade einen Pfefferminzlikör und hört eine bekannte Stimme hinter sich. Da steht der Prorektor Bildung und ordert sich ein anti-alkoholisches Reagenzgläschen mit Traubensaft. 🙂
Danach ging es für uns aufgrund des Wunschs einer einzigen Person (mir) zum 2. Freiberg Science Slam. Nachdem ich beim ersten Science Slam letztes Jahr selber teilgenommen habe (Foto), musste ich mich doch vergewissern wie sich die aktuellen Teilnehmer so schlagen.
Dahingehend war ich eher etwas enttäuscht. Die Atmosphäre im Hörsaal wirkte letztes Jahr besser. Die Bühne im Hof des Akademiehauptgebäudes/der Mathe-Institute hatte automatisch eher Konzert-Charakter und alles wirkte improvisiert. Außerdem weiß ich bis heute nicht, warum die Veranstaltung viel später als angekündigt anfing. Ich kenne einige der Leute, die an der Organisation und Technik beteiligt waren und bin mir sicher, dass sie alle ihr Bestes gegeben haben. Gerade deswegen ist es schade, dass die Atmosphäre trotz aller Bemühungen nicht an das Erlebnis im letzten Jahr rankam.
Die Teilnehmer selber haben sich alle sehr viel Mühe gegeben und hatten tatsächlich unterschiedliche Vortragsarten. Eine Teilnehmerin gestaltete ihren Beitrag als eine Art Talkshow, ein anderer machte einen netten Vergleich der europäischen Staaten und deren Staatsoberhäupter mit einer WG und selbst Schrödingers Katze hatte einen Auftritt.
Auffällig war jedoch, dass der augenzwinkernde Comedy-Faktor auf der Strecke geblieben ist und der eine oder andere Vortrag etwas zu spezifisch geworden ist. Dabei soll ja jeder das wissenschaftliche Thema verstehen kann – wissenschaftliche Formulierungen sind also fehl am Platz. Daher wirkte alles etwas zu unlocker und der eine oder andere Besucher hat zu schnell abgeschalten, weil das Verständnis für das Thema fehlte. Dahingehend fand ich meine Mitstreiter aus dem vergangenen Jahr eigentlich stärker. Die Kreativität und Andersartigkeit der Beiträge in diesem Jahr war aber wirklich einfallsreich.
Sehr gut war auch die Moderation und die Neuinterpretation von „Ruhm und Ehre“ als „Rum und Ähre“ für den 2. und 3. Platz. 😉
Schon nach dem Science Slam hatten wir ein Tränchen im Auge. Ich zum einen, weil es diesmal eine Urkunde für die Teilnahme gab und letztes Jahr noch nicht :(. An dem anderen Auge hatten wir beide ein Tränchen, weil man gar nicht alle Veranstaltungen besuchen konnte und sich zwangsläufig entscheiden musste. So verpassten wir die Konzerte im Schloss und die Modenschau mit Trachten und Kostümen aus aller Welt.
Nach dem Science Slam besuchten wir das Medienzentrum und machten eine Führung mit. Ja – ich bin eine stetige Kundin von unserem Medienzentrum (bei dem scheinbar auch die Dresdner Kollegen gerne drucken lassen) aber dass hinter den Türen Anlagen stehen, die eine ganze Wand füllen, war mir auch neu und sehr beeindruckend. Da wir leider auch den Vortrag von Prof. Wegert über die Schönheit komplexer Formeln (Klick) verpasst haben, war ich echt froh, als ich mir dort Poster mit den bunten Projektionen mitnehmen durfte. Geek-Spaß.
Letztendlich war noch Zeit für einen späten Besuch bei den Fremdsprachenständen bis es dann letztendlich zurück zum Schlossplatz ging und somit zur abschließenden Laser/Lichtshow. Die fing ziemlich cool an mit Bildern von Flußläufen die sich ihren Weg bahnen, Lava die erstarrt und Kristallen und Mineralien. Dazu gab es einige philosophische Texte – das hatte etwas von episch. Danach wurde es allerdings schwierig, meinen persönlichen Geschmack hat der Rest nicht getroffen. Artikel a l Bild-Zeitung kündeten von Klimaerwärmung, keinem Vertrauen in die Wissenschaft und bedenklichen politischen Entwicklungen. Anschließend wurde etwas Werbung für die Uni gemacht und das mit musikalischer Untermalung von … Silbermond. Schade, aber zumindest der Anfang war richtig gut.
Alles in allem war die Nacht der Wissenschaft eine super Veranstaltung und die 6 Stunden, die ich dort rumgelaufen bin, waren ziemlich schnell rum. Tolle Veranstaltung, nächstes Jahr gerne wieder. 😀
Meine eigenen Fotos sind nicht der Oberknaller, insbesondere die in der Nacht aufgenommenen. Daher hier ein Link zu einer schönen Galerie unserer Uni: klick
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