Vor einigen Wochen war Apple im langen Patentstreit gegen Samsung in den USA das erste Mal erfolgreich – ein Prozess, der von vielen Kritikern beider Parteien akribisch verfolgt wird. Die nächsten Etappen sind Entscheidungen über die Aufhebung des Verkaufsverbots des Samsung Tablet Galaxy Tab 10.1 im September und im Dezember ein von mir kritisch beäugter Prozess bzgl. Samsung Smartphones. Wer es von meinem Titel her noch nicht ahnt: ich stehe nicht auf Apples Seite. Das ist kein Hass-Post, sondern ist mir eher ein Anliegen sich nicht von der Attraktivität des Begriffs Statussymbol blenden zu lassen. Kritik an Lifestyle-Blindheit.
Liest man die Kritik- und Anklagepunkte, kommt es einem nicht selten vor wie Kindergarten und sieht an anderer Stelle wieder nachvollziehbar aus.
So liest man beispielsweise in der CT, dass Apple Samsung vorwirft gegen ein Patent bzgl. des Designs eines elektronischen Gerätes verstoßen zu haben. Nämlich gegen (Zitat Artikel): ein rechteckiges, flaches Gerät mit abgerundeten Ecken, dessen Bildschirm die gesamte Vorderfront bedeckt (bezogen auf das Galaxy Tab). Demzufolge könnte Apple theoretisch den halben Elektronik-Handheld-Markt verklagen, genauso wie Hersteller digitaler Bilderrahmen. Tun sie aber nicht. Man muss nur eins und eins zusammen zählen und kein Wirtschaftsmogul sein, um zu verstehen, dass das Problem Samsungs Erfolg ist. HTC belagert die Spitzenpositionen ebenfalls schon länger, es hätte den Konzern ebenso schnell treffen können. Ein Zugeständnis muss man machen: Apple hat den Begriff des Smartphone tatsächlich maßgeblich mitgestaltet und einige Technologien und Ideen wirksam zusammen getragen. Neu erfunden haben sie dabei nichts – siehe den Begriff Smartphine (ja die gab es schon vorher) und Siri. Die Firma, welche Siri entwickelte wurde augekauft – einfach geschluckt und das Produkt weiterentwickelt. Das tut Apple schon seit Firmenbestehen – siehe Computermaus. Apple ist also kein Kind von Traurigkeit – macht sich aber immerhin damit nicht strafbar, wenn alles immer fein aufgekauft wird. Smartphones und Tablets gab es schon vorher aber Apple erkennt Trends und trifft den Nerv der Zeit. In der Vergangenheit gab es oft Erfindungen und genauso oft recht schnell Konkurrenten auf dem Markt. Selten hat man sich dagegen durchgesetzt, wenn plötzliche ähnliche Geräte oder Programme auf dem Markt sind. Manchmal wäre es angebracht gewesen und ausgerechnet jetzt ist es Apple, der seine Konkurrenten los werden will.
Leider beschäftigen sich wenige Leute mit den Ursprüngen und Hintergründen. Die Naivität mit der die breite Masse an die Produkte rantritt und denkt, ein iPhone wäre der Gipfel der künstlichen Schöpfung, läßt immer wieder schräge Kommentare entstehen. So auch das ständige Benutzen des Wortes iPhone synonym zu Smartphone. Auch schon mal erlebt?
Beispiel aus einer Vorlesung:
„Sie können sich das ja jederzeit mit ihrem iPhone anschauen.“ Nein. Mit meinem Smartphone.
Apple wäre der erste Konzern, der sich bei Patent- und Designstreitigkeiten wehrt, zumindest seitdem ich mich Informatikstudent schimpfe. Aber aufgrund all der oben genannten Gründe vermutlich derjenige, der es am wenigsten nötig hat. Das Aufkommen der Desktop-PCs bietet da viel mehr Potential für Telenovela-Dramen und Patentschlachten. Die angeblichen verletzten Patente ufern auch gerne mal aus: Apple verklagt Mutter-Kind-Cafe wegen Apfellogo. Stattdessen sollte Apple es vielleicht mal mit Spenden probieren – gemeinnützige Zwecke sind bisher nicht so ganz ihr Ding gewesen. Oder Forschung? Das sollte einem Unternehmen auch wichtig sein. Aber andere können das besser. Eigentlich schade, wenn man bedenkt, auf was für einem Geldberg der Konzern sitzt. Vielleicht sollten das mal alle Leute überdenken, die unter fast jeden Beitrag bei golem oder gizmodo erstmal Hasstiraden gegen Windows, Linux, Android usw. schreiben.
Oder diese Personen könnten mal darüber nachdenken unter welchen Bedingungen ihre heiß geliebten iPhones und iPads produziert werden – zum Beispiel von Studenten, die gezwungen werden ihr Studium zu unterbrechen, damit das iPhone5 fertig wird. Gibt man Foxconn mal in einer beliebigen Suchmaschine ein, erlebt man sein blaues Wunder angesichts der öffentlich bekannten und offensichtlich schlichtweg einfach akzeptierten Zustände. Sicher, wir können nicht wissen wie es in anderen Manufakturen aussieht – aber ich bin ganz stark überzeugt davon, wir hätten es erfahren, als Apple die ersten zwanzig mal deswegen sein Fett weg bekommen hat.
Das waren meine größten Kritikpunkte. Natürlich kann ich es nicht bestreiten wie gut Apple die Erfordernisse unseres online-Alltags immer wieder erkannt hat und neue Sparten schuf. Aber auch hier liegt einer der letzten Punkte, die ich ansprechen möchte: Präteritum. Schuf. Womit sich Apple zur Zeit schmückt ist, das Retina-Display aufs MacBook zu bringen und sein Vorzeige-Gerät leichter und leichter zu machen. Und das garantiert nicht im Interesse des Users: eine eingeklebte Batterie kann man so schlecht wechseln… . Die meisten Leute wissen vermutlich einfach nur nicht was in ihrem Statussymbol drin ist. Womit es einiges mit Personenkult gemeinsam hat. Um Steve Jobs rankte sich schließlich eben ein solcher blinder Personenkult.
Ansonsten gibt es immer wieder Berichte über Apple-Fernsehen und neuerdings über das Apple-Radio. Der Markt der mobilen Geräte scheint etwas ausgelutscht und man sucht nach neuen Marktlücken. Apple wird auch hier Dinge zusammenfügen, massentauglich machen und mit mehr Lifestyle-Charakter und hochwertigen Interfaces oder Materialien bestücken. Produkte und Konzepte die schon vorher existierten aber nicht optimiert waren und die Ansprüche der Gegenwart nicht so stimmig trafen wie auch damals beim ersten Smartphone oder ersten Tablet.
Was aber auffällt: die Dichte der Neuerungen nimmt ab. Wie es jedem Unternehmen geht, dass auf Statussymbole setzt, könnten sie einen tiefen Fall erleben. Apple-Produkte werden von der breiten Masse wegen einer intuitiven Bedienung gekauft. Anfangs. Mitlerweile werden sie gekauft, weil viele Leute denken sie müssten das haben was ihre Freunde haben. Ohne Verstand teilweise, wenn ich die langen Schlangen sehe. Das beliebte Beispiel. Ich verkaufe mein altes iPhone, damit ich mir gleich das neue holen kann. Das ist Konsumkritik. Und ganz nebenbei ein Trend ist temporär. Und an alle Trendsetter: hoffentlich fühlt ihr euch gut dabei.
The things you own, they end up owning you. (Fight Club)
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