Fantastischer Film: Black Swan

Inhalt

Nina Sayers ist Teil eines New Yorker Ballett-Ensembles und schon lange ist es ihr Traum die Hauptrolle in Tschaikowskis Schwanensee zu erhalten. Als in der kommenden Saison das Stück neu aufgeführt und entstaubt werden soll, scheint ihre Chance gekommen zu sein. Der Direktor des Ensembles gibt ihr allerdings mehr als deutlich zu verstehen, dass sie nicht geeignet sei. Ihr unschuldiger und zebrechlicher Charakter ist perfekt für die Rolle des weißen Schwans. Aber nicht für die des schwarzen Schwans, der gefährlich und sinnlich erscheinen soll. Lust und Leidenschaft auszudrücken fällt der jungen Ballerina schwer. Sie glaubt an Perfektion und Technik und darauf ist auch ihr Privatleben ausgerichtet. Kein Loslassen, keine Beziehungen – nur Tanz. Umso tiefer fällt sie, als sie nicht erfolgreich ist. Das Gefühl der Doppelrolle nicht gewachsen zu sein zermürbt die zarte Nina. Bis sie schließlich in einer Auseinandersetzung mit dem Direktor doch noch Anzeichen von Impulsivität offenbart. Obwohl sie selbst nicht dran glaubt, bekommt sie die Rolle doch noch.

Ab diesem Moment jedoch überschlagen sich die Ereignisse. Ihr Körper weist Wunden auf, an die sie sich nicht erinnern kann. Und was ist mit der Verfolgerin die ihr fast aufs Haar gleicht? Spielt ihr Geist ihr einen Streich? Ist es die neue Ballerina, die vom Direktor in den höchsten Tönen gelobt wird? Die ehemalige Primaballerina, die sie als weißen und schwarzen Schwan abgelöst hat? Was reden die anderen Ensemblemitglieder über sie hinter ihrem Rücken? Sie darf keine Schwäche zeigen. Sie fühlt sich verfolgt und angegriffen. Die Anforderungen des Direktors, seine anzüglichen Aktionen – was ist Mittel zum Zweck, was ist wahr? Die Abhängigkeit von Ninas Mutter zu dem „lieben Mädchen“ schwankt zwischen Stolz und übertriebener Sorge und kostet Nina den letzten Rest Privatsphäre und Intimität. Das Gefühl alle warten nur darauf sie versagen zu sehen ist allgegenwärtig. Letztendlich wird offenbart, wovon die Bedrohung wirklich ausgeht.

Hintergrund

Der Regiesseur Darren Aronofsky bildet oftmals verschiedene Formen von Hoffnungslosigkeit ab. Drogensüchtige waren sein Motiv in Requiem For a Dream, eine dem Tod geweihte Frau und deren verzweifelter Ehemann in The Fountain oder auch der Titelheld in The Wrestler (um nur ein paar Beispiele zu nennen). Hierbei muss man nicht meiner Meinung sein. Anstelle von hoffnungslos könnte man auch von Menschen reden, die besessen sind. So wie Nina besessen von Perfektion ist in Black Swan im Jahr 2010. Grundverschiedene Schicksale und Hoffnungen. In jedem Beispiel steht der Mensch im Fokus.

Besonders interessant war für mich zu hören, dass Der Wrestler und Black Swan miteinander verbunden sind. Es war ursprünglich Aronofskys Gedanke die Beziehung zwischen einem Wrestler und einer Ballerina darzustellen. Bei dem Plan ist es nicht geblieben und es entstanden zwei verschiedene Filme, die aber schon alleine inhaltlich parallelen Aufweisen. Darren Aronofsky selber spricht von einem Diptychon – also zwei Werken mit verbundenen Motiven. (Wikipedia weiß wie immer eine ganze Menge zu dem Thema…) Ich lasse mich gerne hinreißen zu sagen, dass der Regiesseur eines der markantesten Beispiele des aktuellen Kinos ist. Wenige Regiesseure haben sich wie er eine Handschrift zugelegt, bestehend aus ganz bestimmten Verfahren und Einstellungen. Dazu zählen Bodymount (Kamera montiert am Köprer des Darstellers, filmt beispielsweise das Gesicht und läßt eine Einstellung entstehen, die man relativ selten sieht und die eine enorme Nähe zu der Figur erzeugt), die Hip-Hop-Montage (traumartige Sequenzen) oder das Verfolgen einer Figur auf dem Weg durch die Szene durch einen Anschnitt aus dem Hintergrund. Indem er all diese Sichtweisen offenbart, kreiert Aronofsky eine ganz besondere Form Geschichten zu erzählen. Gescheiterte Existenzen auf so vielen verschiedenen Ebenen und durch soviele verschiedene Gründe. Kaum einer kann die Zerrissenheit einer Ballerina so darstellen und zu einem Psychothriller formen wie Darren Aronofsky.

Der gesamten Crew ist bei diesem Film enormer Respekt zu zollen. Professionelles Ballett zu filmen (Tanzdoubles!) ist eine technische Herausforderung, genauso wie die Darstellung und das Training der Schauspieler. Beispielsweise wird Nina Sayers verkörpert von Natalie Portman, Lily (Ninas Konkurrentin) von Mila Kunis und der Direktor durch Vincent Cassel. Alle beleben ihre Figuren und kreieren perfekt die zarte Ballerina oder die Konkurrentin die für alles steht, was Nina verneint oder den impulsiven, harschen und anzüglichen Ensemble-Leiter. Und obwohl sie so eine stereotypes vorhersehbares Bild darstellen, ist keine der Figuren unglaubwürdig oder oberflächlich. Nathalie Portman hat für ihre vielschichtige Darstellung sogar den Oscar für die beste Hauptdarstellerin erhalten – meiner Meinung nach vollkommen zu Recht. Es gibt selten Charaktere die man bemitleidet, bewundert, für die man hofft und deren Untergang doch so schleichend immer greifbarer wird wie der des lieben Mädchens.

Ein Motiv, das mir nicht aus dem Kopf geht ist Ninas Aufeinandertreffen mit der ehemaligen Primabellerina Beth. Sie ist diejenige, der Nina nacheifert, die sie im Stillen bewundert und letztendlich ablöst. Beths Werdegang und Verzweiflung über ihre Ablösung zeigt sich in einer vulgären, destruktiven und wütenden Haltung. Sie ist eine gescheiterte Existenz. Allerdings offenbart sie auch, dass sie einmal die Prinzessin des Direktors war so wie Nina von ihm in Zukunft auch genannt werden wird. Es ist eine sich selbst erfüllende Prophezeiung in die Nina offen hinein rennt, obwohl sie den Ausgang bereits kennt. Es ist kein Zufall, dass Nina später sich selbst anstelle von Beth im Krankenhaus sieht – eine Halluzination. (Und wie so oft in dem Film muss man sich auch an dieser Stelle fragen: Ist es eine Halluzination?)

Meinung

Im Gegensatz zu der schweren Kost des letzten Monats präsentiere ich dieses Mal … erneut schwere Kost. 😉

Viele Leute aus meinem Bekanntenkreis haben sich von dem Thema Ballett abschrecken lassen und dem Stempel Psychothriller weniger Beachtung geschenkt. Der Film ist aber wie ein Sog. Er beginnt mit Schilderungen der Hoffnungen und des Alltags einer Ballerina und zieht einen hinab in einen Albtraum. Und das dank fantastischer Darsteller und wirklichen Könner-Handwerks seitens der Crew.

Black Swan offenbart verschiedene Motive. Darunter Hingabe, die oftmals bei Künstlern in (Selbst)Aufgabe ausufert. Der Grad ist sehr schmal. Im Falle von Nina ist es die Perfektion, nach der sie strebt und immer mit guter Technik definiert hat. Dass das leider nicht alles ist, muss sie schmerzlich erfahren. Als sie beginnt sich auszuleben, weckt sie eine Seite an ihr die bedrohlich für sie und die Menschen um sie herum sein kann. Ein Drang nach Freiheit und Identität, der zu lange unterdrückt wurde. Mit viel Fokus auf die Biogrophie der Person, Dramatik, Blut und psychologischen Elementen wird ein Film kreiert, der offenbart wieviel Tragödie potentiell in jedem steckt, der sich einer Sache mit Haut und Haar verschreibt und sich durch sie definiert. Ein Beispiel wie Leidenschaft Leiden schafft.

Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆

4 Antworten

    1. Danke fürs Rebloggen 🙂

  1. […] Lieblingsfilm ist Black Swan von Darren Aronofsky. Mich fasziniert an dem Film wie die Elemente Drama und Horror verschmelzen. […]

  2. […] Das Leben der Anderen 2. Chihiros Reise ins Zauberland 3. Ziemlich beste Freunde 4. Black Swan 5. Millennium Actress 6. Vergiss mein nicht 7. Die fabelhafte Welt der Amélie 8. Oldboy 9. Pans […]

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