Javier Bardem war in letzter Zeit immer mal wieder Thema im Blog und in den Kommentaren und ich wollte schon lange mal eine Kategorie mit seinen Filmen füllen. Jetzt ist es endlich soweit. Das erste Mal habe ich ihn in ‚No Country For Old Men‚ gesehen. Ich: relativ unwissend. Über den Autor Comac McCarthy wusste ich zu diesem Zeitpunkt so gut wie nichts. Und über Javier Bardem nur, dass er für seine Rolle einen Oscar gewonnen hat. Seine (in diesem Film im wahrsten Sinne des Wortes) unheimliche Präsenz ist mir aber in Erinnerung geblieben und hat mich ziemlich umgehauen. Was soll das aber, dass amerikanische Filmmacher ihm immer so seltsame Looks aufzuzwingen (No Country For Old Men, Skyfall) oder viel zu oft die Rolle des heißblütigen Latino-Charmeurs auf den Leib schreiben (Vicky Cristina Barcelona, Eat Pray Love), müssen wir mal gemeinsam genauer erläutern … wahrscheinlich sind die alle bloß neidisch. 😉
Das Meer in mir (2004)
Der chilenische Regiesseur Alejandro Amenábar nahm sich in Das Meer in mir der wahren Lebengeschichte des aus Galicien (Spanien) stammenden Ramón Sampedros an. Und ich bin mir sicher, dass der eine oder andere von euch von dem Fall gehört hat. Ramón (gespielt von Javier Bardem) erlitt im Alter von 25 Jahren einen Badeunfall. Er sprang ins zu flache Wasser, schlug auf dem Boden auf und war in Folge dessen vom Hals abwärts gelähmt. Hätte man ihn nicht gerettet, wäre er ertrunken. Und noch viele Jahre später als Pflegefall sagt er ungeniert, dass er sich wünschen würde, man hätte ihn damals ertrinken lassen. Dass klingt schonungslos und schockiert. Zum Einen, weil der Gedanke so furchtbar erscheint, aber auch weil er viel über sein Innenleben aussagt und auch, weil man bestürzt ist, ob andere Querschnittsgelähmte diese Gedanken auch durchmachen? Sollte man ein Leben nicht schützen? Spricht da nicht nur die Verzweiflung aus ihm? Ramón ist dabei aber konsequent: er setzt sich für Sterbehilfe ein und sucht bei seinen Verwandten und dem Staat nach Verstädnis. Ihm stehen dabei verschiendene Personen zur Seite wie die Anwältin Julia (Belén Rueda) und die muntere Rosa (Lola Dueñas) die durch einen Fernsehbeitrag auf ihn aufmerksam wurde. Sie setzen sich für etwas ein, was auf gesunde Menschen kaum vorstellbar wirkt: Ramóns Wunsch nach dem Tod.
Das Meer in mir ist ein erschütternder Film voller poetischer Momente. Wie er sich vorstellt durch das Fenster hinaus in die Welt zu fliegen, werde ich wahrscheinlich nie vergessen. Durch die Sehnsucht Ramóns wird der Zuschauer wachgerüttelt was den Umgang mit Patienten unheilbarer Krankheiten angeht. Vor Allem aber auch aufmerksam für den Wert der Gesundheit und des eigenen Lebens gemacht. Ein Film in dem jemand mit allen Mitteln den eigenen Todeswunsch verteidigt, kann kaum lebensbejahend sein oder in manchen Situationen sogar humoristisch? Naja, mal abgesehen davon, dass der Film hauptsächlich rührend und erschütternd ist, kann dieser es jedenfalls.
(9/10)
Goyas Geister (2006)
Goyas Geister sind die Menschen, die Francisco de Goya (hier verkörpert durch Stellan Skarsgård) abbildet. Ihre Schicksale sind untrennbar mit dem Goyas verbunden und berühren ihn zutiefst. Kaum, dass er die schöne Kaufmannstochter Inés (Natalie Portman) in einem weiteren Portrait unsterblich gemacht hat, wird die junge Frau angeklagt sich dem Christentum abgewandt zu haben. Und das nur, weil sie in der Gaststätte die Nase über Schweinfleisch gerümpft hat und man ihr nicht glaubt, dass sie es lediglich nicht mag. In einer ‚peinlichen Befragung‘ wird sie durch das Inquisitionsgericht zu einem Geständnis gezwungen. Dass von diesen Foltermethoden wieder Gebrauch gemacht wird, hat vorrangig Pater Lorenzo Casamares (Javier Bardem) zu verantworten, von dem Goya kürzlich auch ein Portrait anfertigte. Der Maler lebt selbst gefährlich. Er zeigt in seinen Grafiken die Gräueltaten der Inquisition. Ihn rettet lediglich, dass er der Hofmaler ist. Und doch wird er von Inés‘ Vater gebeten ihn und Pater Lorenzo bekannt zu machen. Denn Inés ist nicht nach Hause gekommen und es ist nicht klar was mit ihr passiert ist.
Ich bin wirklich kein Spezialist für spanische Geschichte und denke auch nicht, dass alles was der Film abbildet genauso passiert ist, aber dank Goyas Geister bin ich wahrscheinlich auch nicht dümmer geworden. Der Film spaltet sich in zwei Teile: zuerst lernen wir alle Hauptcharaktere während der Regentschaft von Königin María Luisa kennen, dann gibt es 15 Jahre später ein Wiedersehen mit ihnen zur Zeit von Napoléons Einmarsch. Dabei sind die Schicksale und Verwicklungen sehr berührend. Zu sehen wie sich Pater Lorenzo von einer Etappe seines Lebens zur nächsten flüchtet und dabei immer im eigenen Interesse handelt ist hierbei der Hauptaufreger – zumindest direkt nach den Zuständen und aufgezwungenen Ideologien im Land. Natalie Portman und Javier Bardem spielen meiner Meinung nach großartig, Stellan Skarsgård bleibt zu lange parteilos und blass. Sein Zwiespalt wird im zweiten Teil zwar nachgeholt, aber irgendwie etwas zu spät. Zugegeben – es geht ja auch um seine Geister und eigentlich nicht um ihn.
(7/10)
No Country for Old Men (2007)
Texas wird in diesem Film wahrscheinlich nicht von seiner besten Seite gezeigt: kein Land zum Altwerden. Llewelyn Moss (Josh Brolin) stößt in der Wüste auf den Schauplatz eines Drogendeals, der offensichtlich schief gelaufen ist. Was übrig geblieben ist: viele durchsiebte Leichen, ein schwer verwundeter Überlebender und ein Koffer voll Geld. Moss verschwindet mit dem Geld. Aber zwei Millionen Dollar werden mit Sicherheit vermisst und er will seine Frau nicht in Gefahr bringen. Damit beweist er einen guten Riecher, unterschätzt aber noch denjenigen der ihm auf den Fersen ist: der Auftragskillers Anton Chigurh (Javier Bardem) – professionelle Kaltblütigkeit in Person. Kann Sheriff Bell (Tommy Lee Jones) Moss und seine Frau retten?
Über den Realismus von No Country For Old Men kann kann man sich streiten. Chigurhs Tötungswerkzeug – ein per Luftdruck betriebenes Bolzenschussgerät – wirkt nicht unbedingt wie die ideale Waffe und man kann sich kaum vorstellen, dass ein Auftragskiller sich wirklich damit abschleppt. Dementsprechend ahnen die Leute aber auch nichts, denen er damit begegnet. Vielleicht also doch realistischer, als man zuerst annehmen könnte? Die Gleichgültigkeit mit der hier Gewalt ausgeübt wird, ist in jedem Fall schockierend und trägt zu der bitteren Grundstimmung des Films bei. Dass der Fokus bewusst sehr viel auf Chigurh gesetzt wird, trägt einen enormen Teil zu diesem Eindruck bei. Ich würde fast soweit gehen zu sagen, dass er der Star des Films ist und die ‚Guten‘ (von denes es nicht so viele gibt) zu Statisten degradiert werden. Wer mit Filmen nichts anfangen kann die negative Bilder zeichnen und nicht gerade vor Freude sprühen, sollte von dem hier lieber die Finger lassen. Denn die Gewalt und bittere Stimmung ist hier das Stilmittel.
(8/10)
Die Liebe in den Zeiten der Cholera (2007)
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Buch Gabriel García Márquez‘ aus dem Jahr 1985 und hat ganz schön Mühe die wunderbar ausgestaltete und bilderreiche Geschichte in einen 133 Minuten langen Spielfilm zu packen. Schauplatz ist Kolumbien Ende des 19. Jahrhunderts und die Liebe von der hier erzählt wird ist die von Florentino Ariza (Javier Bardem) zu Fermina Daza (Giovanna Mezzogiorno) – die so hitzig, fiebrig, peinigend und nervös ist, dass er mehrmals verdächtigt wird an der Cholera erkrankt zu sein. Er hat sie gesehen und sich sofort in sie verliebt. Sie stecken sich heimlich Briefe zu – mit viel Aufwand und Angst. Er macht ihr einen Antrag und sie nimmt ihn an. Als aber ihr Vater davon erfährt, schickt er sie weg mit dem Hintergedanken, dass sich die Liebe abkühlt und sie ihn letztendlich vergisst. Und so geschieht es tatsächlich. Florentinos Herz scheint gebrochen, vor Allem dann als er von ihrer Hochzeit mit dem angesehenen Arzt Dr. Juvenal Urbino (Benjamin Bratt) erfährt. Er wird von da an sein ganzes Leben lang darauf warten, dass sie ihn verläßt, der Doktor stirbt … oder was auch immer passieren muss und durchlebt viele turbulente Beziehungen immer in der Hoffnung auf diese eine Frau.
Wie kann man das komplette Leben dreier literarischer Figuren in einem 2-Stunden-Film verarbeiten? Noch dazu, wenn das Leben dieser Figuren so ausgeschmückt und voller liebevoller, lustiger und trauriger Details und Anekdoten steckt? Es gelingt nicht wirklich, finde ich. Ich weiß nicht wann es schlimmer oder besser ist: wenn man das Buch kennt oder nicht? Kennt man das Buch, weiß man wie zusammengespresst und gefaltet die Geschichte wirkt. Zahlreiche Details werden ausgelassen, die man im Buch doch so grandios fand. Florentino kommt nicht unbedingt wie der bedingungslos Liebende rüber und auch nicht wie der (heimliche) Schürzenjäger der er im Buch ist. Nur wenige seiner Liebschaften werden aufgegriffen. Da aber die Umsetzung genauso bunt und detailreich ist wie im Buch geschildert wurde, ist es immer noch ein guter Film.
(7/10)
Vicky Cristina Barcelona (2008)
Vielleicht wird sie irgendwann als Woody Allens europäische Phase bekannt so wie Picassos blaue Phase – die Zeit in der er einige Filme in Europa drehte und die Metropolen damit in einigen Fällen zu heimlichen Darstellern seiner Familie machte. Darunter unter anderem Scoop – der Knüller, Matchpoint, Midnight in Paris oder eben auch Vicky Cristina Barcelona. Der Film handelt von den grundverschiedenen Freundinnen Vicky (Rebecca Hall) und Cristina (Scarlett Johansson) die zusammen nach Barcelona reisen. Während Vicky bald heiratet und eine eher aufgeklärte und unromantische Vorstellung von Liebe und Beziehung hat, versteht Cristina darunter vor Allem Leidenschaft. Eines abends begegnen sie dem Maler Juan Antonio Gonzalo (Javier Bardem) oder besser gesagt: er begegnet ihnen und lädt sie zu sich ein. Ein bischen die Gegend zeigen. Und mehr. Charmant aber unmissverständlich – er will mit ihnen ins Bett. Und hat Cristina sofort am Haken. Während Vicky das noch für dreist hält, werden aber auch sie sich nahe kommen. Richtig schwierig wird es erst, als die Ex von Juan auftaucht: María Elena (Penélope Cruz). Eine Frau die man schlecht ignorieren kann und von der er nach wie vor besessen ist.
Im Prinzip erzählt der Film fast alle Formen und Komplikationen von Liebe die man sich so vorstellen kann … leidenschaftliche Beziehungen, komplizierte Dreiecksgeschichten, Affären, besessene bis kranke Beziehungen. Eigentlich alles bis auf unschuldiges daten. Dabei bleibt sich Woody Allen seinem ruhigen, dialoglastigen Stil treu und macht einen ganz kirre, weil man nach dem Film unbedingt nach Barcelona reisen will. Ob man nun dort einen Javier-Bardem-Verschnitt trifft oder nicht … . Ich finde zwar das Ende genial, allerdings kann so ein Film in dem es nur ein Tauziehen in Liebesdingen gibt, auch etwas öde werden. Trotz Javier. Oder für die Männer: trotz Scarlett und Penélope. Nebenbei dürfen wir es aber schön finden, dass sich Bardem und Cruz bei den Dreharbeiten lieben gelernt haben. Heute sind sie verheiratet und haben zwei Kinder. 🙂 Na bitte.
(6/10)
Biutiful (2010)
Der Mexikaner Alejandro González Iñárritu hat mit dem zweifach für einen Oscar nominierten Film Biutiful ein beklemmendes und verstörendes Drama geschaffen. Uxbal (Javier Bardem) ist auf sich alleine gestellt und versucht seine zwei Kinder durchzubringen. Seine Frau und die Mutter der Beiden ist alkoholkrank und manisch-depressiv – er hält sie von den Kindern fern. Seinen Lebensunterhalt verdient er in dem er den Verkauf gefälschter Markenware organisiert oder von seiner Fähigkeit Gebrauch macht die Toten zu sehen und mit ihnen zu sprechen. Sein Leben ist so schon kläglich und am Rande des Existenzminimums, als er zu allem Übel auch noch Blut im Urin bemerkt. Nach der Untersuchung wird ihm mitgeteilt, dass er Prostatakrebs im fortgeschrittenen Stadium hat. Eine Behandlung kann er zwar eingehen, die Ärzte geben ihm aber so oder so nur noch wenige Monate zu leben. Er versucht so gut wie möglich für seine Kindern zu sorgen. Soll er seine Frau zu sich zurück holen? Wie kann er noch schnell mehr Geld beiseite legen? Uxbal trifft viele folgenschwere Entscheidungen. Selbst als er versucht etwas richtig zu machen, endet es in Leid.
Um ehrlich zu sein: es ist ein Film bei dem es hart ist ihn zu mögen. Uxbal scheint die einzige Person zu sein die man auch nur ansatzweise verstehen und mögen kann. Der Film hat einen düster-depressiven und pessimistischen Grundton und zeichnet ein zutiefst profit-orientiertes und widerwärtiges Bild von der Gesellschaft und man kann die wenigen Charaktere die man mag eigentlich nur bemitleiden. Die Aneinanderreihung von Unglück macht Biutiful zu einem schonungslos realistischen Film mit einer schwer zu verdauenden esoterischen Note, die für den einen oder anderen sicher kaum in das Bild passt.
(7/10)
Eat Pray Love (2010)
Liz (Julia Roberts) hat zwar einen tollen Job und ist verheiratet, aber sie ist nicht glücklich. Von dem Gedanken angetrieben ihr Leben zu verändern, wird es nicht wirklich besser. Der Scheidungskrieg zehrt an ihr, Selbstzweifel und Ängste plagen sie, ihre Affäre ist auch nicht unbedingt die Erfüllung und nach einem steinigen Jahr nimmt sie sich eine Auszeit. Sie will 3 Länder bereisen, die mit „I“ beginnen und dort zu sich selbst finden. In Italien will sie Lebenslust und gutes Essen kennen lernen (Eat), in Indien will sie meditieren (PRAY) und in Indonesien ihre Reise abschließen und zu der Erkenntnis kommen, die ihr Leben verändert.
Bei diesem Film verstehe ich nicht so wirklich wie die Protagonistin die Sache mit der Selbstfindung angeht. Immerhin ist sie so ehrlich festzustellen, dass zum Beispiel das Schweigen und Meditieren im Ashram nicht ihr Ding ist und sie genervt ist. Andererseits … scheint sie sich wirklich nicht mal ansatzweise selber zu kennen, wenn sie das nicht vorher wusste. Zwar spielt Julia Robert die Rolle der Liz wirklich lebhaft, Javier Bardem ist ein Traum in dem Film und die Schauplätze sind wunderbar, aber irgendwie sieht das für mich einfach nur nach first world problems aus. Sorry.
(6/10)
Javier Bardem hat ein ziemlich markantes Äußeres mit seinen strengen Gesichtszügen. Und er kann die verdammt gut einsetzen, um uns im einen Moment zu Tode zu erschrecken und uns im nächsten Moment charmant um den Finger zu wickeln. Für Regiesseure ist er scheinbar die perfekte Modelliermasse. Seine Präsenz auf der Leinwand ist groß und er kann uns als Fiesling sehr überzeugend dazu bringen ihn zu hassen und wenn er den Charmeur spielt, ganz schnell dazu bringen zu seufzen. Er ist sehr facettenreich. Schauen wir uns mal meine Liste an ist aber Fazit: bisher habe ich eher seine neueren Filme gesehen. Wird Zeit, dass ich das mal ändere und mich ein paar Filme anschaue, die vor 2000 entstanden sind.
In welchem Film seid ihr ihm zuerst begegnet und was ist eure liebste seiner Rollen? Findet ihr auch, dass es ein Verbrechen ist, wenn man ihm den Dreitagebart wegnimmt? Und davon mal abgesehen … habt ihr Eat Pray Love gelesen? Ich nämlich nicht. Wie fandet ihr das Buch?
„7ème art“ (Sprich: septième art) heißt „siebte Kunst“. Gemäß der Klassifikation der Künste handelt es sich hierbei um das Kino. In dieser Kategorie meines Blogs widme ich mich also Filmen – evtl. dehne ich den Begriff dabei etwas. Regulär stelle ich zwischen dem 1. und 5. jeden Monats jeweils 7 Filme in kurzen Reviews vor.
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