Tatsächlich konnte ich mich dieses Jahr lange gar nicht entscheiden wo die Reise hingehen soll. Die Auswahl war so groß … Amsterdam stand auf der Liste der Orte, die ich irgendwann mal sehen möchte und als ich gelesen habe, dass es dort das Van Gogh Museum mit der Mehrzahl seiner Arbeiten gibt, war die Entscheidung quasi gefallen. Nachdem ich euch meine Reise nach Hamburg im Frühjahr scheinbar schon vorenthalten habe, lasse ich euch diesmal teilhaben – vielleicht ist da was Wissenswertes für Film- und Kunstfans dabei.
Das wichtigste kurz und knapp
Mit dem Zug kommt man in wenigen Stunden sehr entspannt nach Amsterdam, kann direkt am Hauptbahnhof (Amsterdam Centraal) aussteigen und in wenigen Minuten in der Innenstadt und am Grachtengürtel landen. Die Amsterdamer Innenstadt beherbergt das Rotlicht- und Vergnügungsviertel. Da ist es bei weitem nicht so ruhig und romantisch wie man sich die Stadt von den traumhaften Bildern her vorstellt. Imbisse, Coffeeshops, Rotlichtviertel, Damen in Schaufenstern etc. Die Innenstadt ist von den Grachtengürteln umzäunt und je weiter man Richtung Grachten geht desto charmanter wird die Atmosphäre. Geschäftig sind die Leute trotzdem und verträumt umherwandeln ist eigentlich nur früh morgens und abends möglich. Aber dann ist es wirklich ruhig und charmant. Grachten, Antiquitätenläden, kleine nette Cafés. Apropos Cafés … warm wird in den Niederlanden v.A. abends gegessen, weswegen die meisten Gaststätten und Cafés erst ab 16 Uhr warme Küche anbieten. Wer sich selber verpflegen will und im Großstadtdschungel keinen Supermarkt findet, sollte nach Albert Heijn Ausschau halten – einer Supermarktkette.
Wasser ist in Amsterdam nie weit. Entweder in den Grachten oder am Ij, der Wasserweg der u.a. den Bahnof umgibt. Ist es ein Fluss? Ist es eine Meeresmündung? Man weiß es nicht. Gesprochen wie das „ij“ übrigens „ei“.
Wer der deutschen Sprache mächtig ist, erkennt im geschriebenen Wort meistens ganz gut die Bedeutung des Niederländischen. Beim gesprochenen Niederländisch habe ich nicht viel verstanden und leider auch nicht viel während meiner 5 Tage in Amsterdam gelernt. Viele verstehen uns und sprechen auch mal Deutsch, aber Achtung: nicht drauf verlassen und einfach drauflos deutscheln. Das würde jeden nerven und auch nicht nur gut aufgenommen.
Ein großer Tipp am Rande: wer einen Amsterdam-Tripp plant, sollte mal schauen, ob sich die Anschaffung der I amsterdam – Card rechnet. Die ist auf den ersten Blick nicht billig, ermöglicht aber freien Eintritt bei sehr vielen Sehenswürdigkeiten (Van-Gogh-Museum, Botanischer Garten, Artis Royal Zoo unvm) und freie Fahrt mit der Straßenbahn. (Beim Tram fahren beachten, dass es Türen gibt, an denen man nur einsteigt und welche an denen man nur aussteigt. Außerdem muss man an einer Art Summer ein- und auschecken, sonst werden die Tickets nach dem Verlassen der Bahn ungültig.) Der Clou bei der I amsterdam Karte: wenn man die Karte hat, ist das wie ein reserviertes Ticket. Man kann in den meisten Fällen an den Schlangen vor Museen etc. vorbeigehen und direkt zum Schalter für reservierte Tickets, so gings mir beispielsweise im Van-Gogh-Museum.
Museen, Museen, soviele Museen
Die größten Kunstmuseen sind Quasi in einem Viertel und sehr dicht beeinander. So beispielsweise das Rijksmuseum, welches eine große Sammlung mittelalterlicher, niederländischer Kunst sowie einen asiatischen Pavillon beherbergt. Rembrandts „Nachtwache“ (das eigentlich „Die Kompanie des Frans Banning Cocq“ heißt), sowie Vermeers „Milchmagd“ sind hier beherbergt. Die Schlangen sind dementsprechend lang und frühes Kommen sichert Zeitersparnis. Oder: auf dem Museumsvorplatz am „I amsterdam“-Schriftzug ein Ticket am Schalter kaufen. Da gibts nämlich auch welche, nicht nur in der langen Schlange am Museum!
Nur ein paar Meter weiter sind das Van-Gogh-Museum und das Stedelijk Museum, das vorrangig moderne Kunst enthält (und von dem ich euch nicht berichten kann, weil ich das ausgelassen habe). Im Van-Gogh-Museum befindet sich eine sehr große Sammlung aus dem einfachen Grund, dass der Mensch zu Lebzeiten praktisch kein Bild verkauft hat. Was ihn wohl u.a. auch in den Wahnsinn getrieben hat. Sein Schicksal geht mir sehr nahe und ich mag seine späteren Werke sehr. Auch den Umstand, dass er viel das einfache Volk gemalt hat. Und ich musste nicht nur einmal an die Doctor-Who Episode „Vincent und der Doctor“ (Link enthält Spoiler) denken, als ich dort durch die Hallen wandelte.
Ansonsten bietet Amsterdam aber für jeden Geschmack etwas. Diamantenmuseum, Alkoholmuseum, Taschenmuseum (niederl.: „Tassenmuseum“, nicht verwechseln 😉 ) , Foltermuseum – auch das sehr vielseitige Tropenmuseum, dass ich aber nicht ausschließlich in Top-Zustand vorgefunden habe, aber sehr sympathischen Mitarbeitern. Von den anderen genannten war ich nur im Diamantenmuseum, was ganz nett ist, wenn man mal etwas weniger anstrengendes machen möchte als in ein riesig großes Kunstmuseum zu gehen. Sehr empfehlen kann ich den botanischen Garten (De Hortus), der eine wunderbare grüne Oase ist, in dem u.a. auch Gewächshäuser sind, in denen ein Urwald simuliert wird.
Eine andere Form der Sehenswürdigkeit ist wohl das Anne-Frank-Haus in der Prinzengracht, das u.a. Anne und ihrer Familie als Unterschlupf diente. Hier kann man am eigenen Leib erfahren wie sich Anne gefühlt haben muss, in ihren Kammern umhergehen und die Geschichte der Familie von Flucht nach Amsterdam bis nach ihrem Tod anhand von Fotos, Tagebuchauszügen und Videos nachvollziehen. Ein Ort an dem man eher still gedenkt und in sich geht. Wie hat Otto Frank gesagt: „Um die Zukunft aufzubauen, muss man die Vergangenheit kennen“. Hier lohnt es sich mal ganz zeitig aufzustehen und vor der regulären Öffnungszeit da zu sein. Ich war 15 Minuten vorher da, musste aber knapp über eine Stunde im Regen warten. Und: Buggies sind verboten, genauso wie sehr große Rucksäcke. Wer einen Rucksack hat muss diesen vorm Bauch tragen. Wegen Taschendieben? Um die anderen Leute nicht damit zu behindern? Wer weiß. Da das nicht angenehm ist, empfehle ich nur eine kleine Tasche mitzunehmen.
Amsterdam für Filmfans
Auf meiner Reise bin ich über ein, zwei Sehenswürdigkeiten gestolpert, die besonders Filmfanherzen (und Architekturliebhaber) erfreuen werden. Von beiden wusste ich vorher nicht, bin aber während der Reisevorbereitung darauf gestoßen und wusste: da musst du hin. Zum Einen stattete ich dem Kino Pathé Tuschinski einen Besuch ab. Das Gebäude wurde von dem Besitzer mehrerer Kinos Abraham Icek Tuschinski in Auftrag gegeben und 1921 fertig gestellt. Das Bauwerk sieht aus wie eine Crimson-Peak-esque Variante des Jugendstils. Art Déco gemischt mit Neugotik? In jedem Fall ein Gebäude mit Wiedererkennungswert, außen wie innen. Ich empfehle einen Besuch, zumal ausländische Filme im Original mit Untertiteln laufen. Einige der Säle gehören aber zu einem Anbau und sind modern. Sich im Gebäude selbst etwas umzusehen, lohnt sich sehr. Als ich gerade dort unterwegs war, lief die Titelmusik von Twin Peaks – sehr passend. Und ich hatte die Gelegenheit einige Monate vor Deutschlandstart Mr. Holmes zu schauen. Es macht mich sehr froh zu sehen, dass man dieses großartige Gebäude erhalten hat, sogar mit dem ursprünglichen Zweck! Das erhält auch das Andenken an Tuschinski aufrecht, der Opfer des Holocaust wurde.
Ein anderer Anlaufpunkt ist das Filmmuseum Eye, das gegenüber des Bahnhofs auf der anderen Seite des Ij liegt (na? Wortspiel verstanden? 😉 ). Das Eye bietet eine bunte Auswahl an Kinofilmen. Während meines Aufenthaltes lief gefühlt die gesamte Woody-Allen-Filmografie, wahrscheinlich zur Feier von Irrational Man. Außerdem finden dort Ausstellungen statt und es gibt das sogenannte Panorama. Eine immer geöffnete Ausstellung (freier Eintritt), die sich charmant mit der technischen Entwicklung des Films auseinandersetzt, bei der man u.a. einen Green Screen ausprobieren kann und in einem 360° Filmerlebnis verschiedenes über Film erfährt und sich zu jedem der dargebotenen Themen („Slapstick“, „Movie Stars“, „Magie“, …) Filmschnipsel anzeigen lassen kann. Ein herrlicher Spielplatz. Und wer errät wohl welchen Filmschnipsel ich mir unten erlaubt habe zu fotografieren?
Andere Sehenswürdigkeiten
Natürlich hat Amsterdam noch zig weitere Sehenswürdigkeiten zu bieten. Beispielsweise einen Besuch im Vondelpark, einer der grünen Lungen der Stadt. Oder man schaut sich den buddhistischen Tempel an, das Rembrandthaus, das Rotlicht- und Vergnügungsviertel, Madame Tussauds, den Amsterdam Dungeon, die Kirchen Oude Kerk und Westerkerk (neben dem Anne-Frank-Haus). Abends ist richtig gut was los, wer also die Anstrengungen des Tages abschütteln will, bekommt bestimmt Gelegenheit dazu. Die obligatorische Grachtenfahrt sollte auch drin sein 😉
Schön war’s in Amsterdam. Aber voller als ich erwartet hätte – Amsterdam ist von allem ein bisschen. Wart ihr schon Mal in Amsterdam? Wenn ja, habt ihr die Touristenströme auch also so unangenehm empfunden? Ich muss sagen, dass mich die Selfie-Kultur schon ziemlich nervt. Wenn im Anne-Frank-Haus Facebook wichtiger ist, dann läuft irgendwas schief. Aber Amsterdam hat schon ein ganz spezielles Flair. Irgendwo zwischen Geschichte, Romantik und Moderne. Falls ihr noch nicht da wart, würdet ihr hin? Und welche Anlaufstelle würde bei euch ganz oben auf der Liste stehen? Sagt jetzt nicht Coffeeshop 😉
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