Ich gehöre zu diesen wundervollen Träumern, die Manga zeichnen und ihr Werk einmal in der Buchhandlungen stehen sehen wollen. Ca. 5 Jahre lang (vielleicht etwas weniger? Vielleicht etwas mehr?) habe ich das mit meinem Herzblut-Projek ‚Morphin‘ versucht. Wie gut das geklappt hat, was bei mir dabei alles kurioses, tolles und schlechtes passiert ist – das ist für mich persönlich eine ganz besondere Geschichte und eine schöne Art den 150. Artikel zu feiern, denke ich.
Wie wird man Mangazeichner in Deutschland?
„Ich möchte Mangazeichnerin werden“ – so meine Wort als Teenie. Die Welt der japanischen Comics ist für mich immer traumhaft und vielschichtig gewesen. Es gibt ungelogen für jeden eine Story, ein Manga-Genre und eine Zielgruppe. Die Erzählgewalt kann viel größer sein, als die meisten Leute es sich vorstellen. Und ich wollte mit meinen Geschichten und Zeichnungen dazu beitragen. Es schien möglich zu sein. Der Boom in der Anfangszeit der 2000er Jahre brachte plötzlich deutsche Manga-Zeichner wie Christina Plaka oder Robert Labs hervor. Meistens wurden sie vor Allem durch das Gewinnen von Manga-Zeichenwettbewerben wie Manga-Talente (ein Wettbewerb der Leipziger Buchmesse, den es seit 2013 nicht mehr gibt) bekannt und wurden von den deutschen Verlagen veröffentlicht die sich auf Jugendliteratur, Comics, Garphic Novels und eben auch Manga spezialisierten. Mir war klar, dass ich das auch so probieren würde. In meinem Teenie-Eifer habe ich an Wettbewerben teilgenommen und bin schon vor 10 Jahren zu Mappensichtungen auf den Messen gegangen. Ich habe eine Visitenkarte bekommen und mich mit meinem Projekt beworben und wurde abgelehnt. Danach habe ich es nicht so schnell wieder probiert, weil mir ein Projekt fehlte, an dem ich lange festhalten könnte. Aller Geschichten wurde ich leider schon nach wenigen Monaten überdrüssig. Meine Eltern waren über meinen ernstgemeinten Berufswunsch auch nicht glücklich – das führte mehr als einmal zum Disput. Jahre später begann ich im Informatikunterricht zu merken: „Das ist auch mein Ding … .“ Warum sollte ich nicht etwas sicheres machen, das mich genauso glücklich macht und nebenher mein Ding mit Manga? Das erschien mir viel vernünftiger, außerdem war Manga in den letzten Jahren tatsächlich nur mein Hobby. Es gab auch keine Geschichte, die ich hätte weiterverfolgen können.
Mein Plan
Während meines Abijahrgangs habe ich immer wieder an der Story um den Antiquitätenladen und seine mysteriösen Bewohner gesessen und das Projekt ‚Morphin‘ getauft. Ich war davon so überzeugt und hatte es so ins Herz geschlossen, dass für mich klar war, damit würde ich mich bewerben. Und da ich im tiefsten Herzen Guerilla-mäßig drauf bin, wollte ich nicht aufhören bis dieser Manga veröffentlich würde. Um sowas wie Reputation zu erlangen und mich bei den vielen guten Zeichnern da draußen etwas zu behaupten, wollte ich an der oldschool-Variante festhalten und immer mal wieder an Zeichenwettbewerben teilnehmen. Wenn Buchmesse ist, würde ich zu Mappensichtungen gehen und mir konstruktive Kritik holen und wenn die Meinungen gut sind und ich es meinem Projekt zutraue – dann sende ich die Mappe ein.
Was mir bewusst war
Man überschätzt sich – natürlich ist man von seinem Zeichenstil überzeugt. Schließlich sieht man zu jedem Zeitpunkt wie stark die Verbesserungen sind und wie sehr man sich weiterentwickelt hat. Aber die Gefahr ist groß, dass man den Blick dafür verliert, dass man eben trotz all der eigenen Entwicklung wahrscheinlich noch nicht so gut ist wie Takeshi Obata.
Eine weitere menschliche Schwäche ist der Gedanke „Aber als der deutsche Zeichner xyz angefangen hat war er auch nicht besser als ich“. Mhm. Das stimmt sogar in einigen Fällen, denke ich. Und ich verfalle dieser Schwäche auch in regelmäßigen Abständen. Aber wir müssen uns bewusst werden, dass das heutzutage nur noch eine Ausrede ist, weil es mitlerweile so verdammt viele gibt die auf sehr hohem Niveau Manga zeichnen und da wird es eben nicht einfacher Anklang zu finden. Da spielen nämlich noch eine Menge anderer Faktoren mit: wie ist die Geschichte? Wie gut bediene ich bestimmte Zielgruppen? Und noch viel wichtiger: wie gut kann ich unter Druck und Kritik zeichnen? unvm.
Was mir nicht bewusst war
Mein Plan zu studieren und nebenbei mein Manga-Ding durchzuziehen war ja auch nicht neu … genau dasselbe haben deutsche Zeichner auch getan, die veröffentlicht wurden. Was mir aber nicht bewusst war ist, dass die Entwicklung meiner zeichnerischen Fertigkeiten von da an sehr viel langsamer von statten gehen wird. Menschen die ihrer Kunst die volle Aufmerksamkeit und 100% ihres Herzblutes schenken, würden mir irgendwann meilenweit voraus sein.
Chronologie
‚Morphin‘ wird irgendwann jetzt 5 Jahre alt. In diesen Jahren war ich regelmäßig zu Mappensichtungen. Und egal ob die Meinungen gut oder eher nicht so gut waren, habe ich einige Monate später meine Projektvorstellung eingeschickt. Die Mappensichtungen habe ich einfach so oft wahrgenommen wie es sich ergeben hat. Die Einsendungen waren etwa im Rhythmus von 1,5 Jahren. Das ginge natürlich noch öfter, aber man will das Feedback ja erstmal umsetzen und sich verbessern. Was hilft es mir, wenn ich ein altes Kapitel einsende? Schließlich geht es ja nicht darum wie man Verlagen am besten auf den Keks geht. 😉 Mappensichtungen kann ich jedem ans Herz legen – sehr wichtig ins Gespräch zu kommen und vor Ort Meinungen und Reaktionen zu erfahren. Außerdem beißen die Verlagsangehörigen ja nicht :). Die Meinungen wurden bei mir immer positiver bis hin zu sehr guten Erlebnissen. Das Einsenden der Projekte hingegen hat mich bisher selten glücklich gemacht.
Teilerfolge und Enttäuschungen
Das Einsenden des Projekts ist immer wieder mit vielen Hoffnungen verbunden und kann schnell sehr enttäuschend sein. Meine Erlebnisse sind sehr durchwachsen: mal gut, mal schlecht. Die enttäuschendsten Briefe waren für mich die, in denen kein Feedback gegeben wurde. „Danke aber nein und tschüß.“ Einmal hat sich meines Erachtens nach ein Redakteur sogar sehr verrannt in seinem Brief und mir erklärt, dass man sich nicht bei ihnen ‚als Mangazeichner bewirbt‘, sondern gefälligst eine ‚Projektvorstellung‘ macht. Man stelle schließlich keine Zeichner ein. Es ging um nichts anderes im Anschreiben, dabei hatte ich die Phrase nur im Betreff verwendet und ansonsten eine aus meiner Sicht noch heute akkurate Vorstellung geschickt. Naja. Es hat wohl jeder mal einen schlechten Tag, was? Nur für mich sind diese Einsendungen wichtig. Klar, es gab auch gute Erlebnisse, in denen mir ganz genau erklärt wurde, was die Verlagsangehörigen schätzen, wovon sie sich mehr wünschen und was ich ändern sollte.
Aber einmal bin ich der Veröffentlichung sehr nah gekommen. Eine Teilzusage: Man wollte tatsächlich meine Geschichte aber nicht meine Zeichnungen. Mein Storyboard und meine Geschichte würde an einen anderen Zeichner delegiert werden. Ja – solche Teamstrukturen kennt man ja aber das war für mich ein Schlag ins Gesicht. Das Zeichnen ist meine Leidenschaft, nicht vordergründig das Entwickeln der Story. Auf dieses Angebot habe ich nie reagiert. Im Gegenteil: jetzt hatte ich plötzlich Angst vor Plagiaten. Aber das ist ein anderes Thema.
Warum hast du es denn nie anders probiert?
‚Anders‘ hieße beispielsweise: Self-Publishing, Print On Demand bzw. Book On Demand (BOD) oder auch Webcomic. Fällt alles flach. Für Self-Publishing fehlt mir das Geld, für Kickstarker-Projekte u.ä. habe ich einfach nicht genug Publikum. Bei Book on Demand zögere ich noch, weil ich die Rechte an meiner Geschichte abgebe und vom Webcomic habe ich bisher abgesehen, weil ich Angst vor Plagiaten habe. (Übrigens wurde ich schon plagiiert, aber nur was einzelne Bilder und einzelne Mangaseiten betrifft – ich bin also ein gebranntes Kind.) Aber ratet mal, was das erste wäre, was ich tun würde, wenn ich ein regelmäßiges, sicheres Einkommen habe? Self-Publishing oder BOD.
Fazit
Traurig aber war … es hat bisher nicht geklappt. In den letzten Monaten habe ich oft darüber nachgedacht, dass ich mich wahrscheinlich viel stärker und viel besser weiterentwickelt hätte, wenn ich nicht 90% meiner Aufmerksamkeit meinem Studium und meinen Nebenjobs gewidmet hätte. Aber warum rumheulen? Ich habe alles nach bestem Gewissen getan. Deswegen kann ich nicht wirklich bitter sein. Langsam entwachse ich meinem Projekt ‚Morphin‘ außerdem. Ich muss mich fragen wie lange ich daran noch arbeiten werde? In den nächsten Monaten steht die Masterarbeit im Vordergrund. Wenn ich dann einen Job habe, spielt der Manga wahrscheinlich noch mehr 2. Geige als jetzt schon. Außerdem verliere ich tatsächlich langsam die Lust daran mein Projekt einzusenden. Zuletzt habe ich nicht mal mehr auf allen Einsendungen eine Antwort bekommen. Das ist nicht mehr eine Frage meines Durchhaltevermögens, sondern auch ein bischen die Erkenntnis, dass ich mich und meinen Manga zu sehr mag, um so weiterzumachen. Ich möchte, dass er gesehen wird. Daher wird es einen Webcomic geben. Das geschieht leider nicht von heute auf morgen und ich habe nach wie vor Angst vor Plagiaten aber ich denke, dass ist ein guter Schritt.
Was ist eure Meinung dazu? Was hättet ihr an meiner Stelle anders gemacht? Habt ihr ähnliche Erfahrungen? Was war euer größter Traum und habt ihr ihn verfolgt?
Schreibe einen Kommentar