Möchtest du irgendetwas über den Germanwings-Flug 4U9525 wissen, musst du nur den Fernseher anmachen. Ich garantiere dir, dass die Nachrichtensender unablässig über den Absturz der Maschine berichten, die am 24.03. in Barcelona startete und auf dem Weg nach Düsseldorf war. Sie werden darüber sprechen, dass die Maschine in Frankreich abstürzte, in den Alpen zerschellte, 150 Menschen gestorben sind, davon 75 Deutsche. Darunter eine Horde Teenager und ihre zwei Lehrerinnen aus einer Schule in Nordrhein-Westfalen. Sie werden dir Bilder von den winzig kleinen Trümmerteilen zeigen, die überall verstreut liegen.
Versteht mich nicht falsch: Ich finde es wichtig die Nachrichten zu schauen. Sonst weiß man nicht was in der Welt los ist. Ich gucke die Nachrichten jeden Tag. Aber meistens eher als notwendiges übel und nicht, weil ich es gern tue. Weil ich den Eindruck habe, dass die Menschen denken, dass die Menschen nur schlechtes hören wollen. Nein, will ich nicht. Erzählt mir mal was Gutes. Aber vielleicht stimmt es? Vielleicht wollen die meisten Menschen vorrangig schlechtes hören. Vielleicht bewegt v.A. das die Gemüter. Ist das so?
Als vor ein paar Tagen bekannt wurde, was sich im Cockpit zugetragen hat, schlug die Stimmung noch einmal ins fassungslose um. Die Ermittler mutmaßten, dass der Copilot den Piloten ausgesperrt und die Maschine mit Absicht gegen die Berge steuerte. Ein erweiterter Selbstmord: er soll sich und 149 weitere in den Tod gerissen haben. Wohnungen werden durchsucht, Menschen aus seinem Umfeld befragt. Ganz andere Typen bauen Facebookseiten, in deren Info steht „Das ist die Facebookseite des Monsters XYZ, der 149 Menschenleben auf dem Gewissen hat“. Oder „Das ist die Facebookseite des Horror-Piloten XYZ“. Dann gibt es die zig Experten, die befragt werden. Zu Depression, Burnout, zu Amok-Piloten, zu Flugzeugtechnik und Kabinentüren. Es ist ein Affentanz, um eine Mitte in der tiefe Trauer steht. Es ist schon schlimm genug. Man möchte nie nie nie einen geliebten Menschen auf diese (naja oder eine andere) Weise verlieren. Aber wenn du die Nachrichten anschaltest, dann bist du erledigt. Und wenn du Angehöriger, des mutmaßlichen „Horror-Piloten“ bist, dann geht der richtige Horror los. Auch seine Familie hat einen Menschen verloren. Und an all die Experten: woher wisst ihr mit Sicherheit, dass er keinen Schlaganfall hatte, nachdem er die Tür verriegelt hatte, um nicht gestört zu werden? Woher wisst ihr mit Sicherheit, dass er sich töten und soviele mitnehmen wollte? Und ja, natürlich finde ich es furchtbar, wenn mein Glaube dann doch noch zerstört wird und klar ist, dass das wirklich seine Intention war. Natürlich frage ich mich dann: was hat diesen Menschen dazu bewegt? Welches tiefsitzende Gefühl muss das gewesen sein? Was ist ihm widerfahren? Und wie hat es sich für die Menschen angefühlt, als sie realisierten, dass der Pilot von außen an die Tür hämmert und etwas nicht in Ordnung ist. Oder als sie realisierten, dass sie sich im Sinkflug befinden und was passieren wird. Blanke Panik, dunkle Frustration, Bitterkeit. So sinnlos, diese Tode. Oder auch die von den Medien allzu gern aufgeworfene Frage: was wäre passiert, wenn sich der Pilot entschieden hätte auf Toilette zu gehen, als sie über einer Stadt flogen?
Es wird mir ein Rätsel bleiben. Amok-Pilot, Experten, Facebookseiten-Eröffner. Das einzige was ich nachvollziehen kann ist die Trauer und die Frage: wenn es wirklich ist ist wie alle sagen, was ging in dem Kopf des Copiloten vor? Das größte Rätsel ist immer noch der Mensch.
Was sind eure Gedanken dazu?
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