Manga Manie: „The Tarot Café“ von Park Sang-sun

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„The Tarot Café“ – Worum gehts?

In ihrem Tarot Café legt Pamela den Menschen die Karten. Dann nach Mitternacht empfängt sie auch andere verwunschene, übernatürliche Besucher. Die erzählen ihr ihre Geschichten voller Vampire, bösartiger Prinzessinnen, Wölfe und anderen Geschöpfen der Nacht und erhoffen sich von Pamela einen Rat wie ihr Dilemma ausgehen wird und was sie tuen sollen. Pamela bleibt gelassen angesichts der Wesen, die sie aufsuchen. Sie hat auch eine Bedingung: sie möchte ein ganz bestimmtes Juwel als Bezahlung für ihre Weissagung. Denn nur, wenn sie diese zusammenträgt, erfüllt sich auch ihr persönliches Schicksal.

Hintergrund

Die Artikelreihe hier heißt zwar Manga Manie und dreht sich eigentlich um japanische Comics, bei The Tarot Café handelt es sich aber um einen Manhwa. Das ist die Bezeichnung für koreanische Comics. Natürlich hat die künstlerische Darstellung von Text und Bild in Korea, wie auch in den meisten anderen Ländern, so oder so eine lange Geschichte. Der Begriff Manhwa wurde aber v.A. auch dadurch geprägt, dass man sich von japanischen Zeichnern Techniken abschaute. Dazu zählt beispielsweise die Fokusierung auf Handlung und Bild – es ist hinlänglich bekannt, dass japanische Mangabände locker bis zu 200 Seiten haben und sich durchaus viel Zeit zum Erzählen der Geschichte nehmen im Gegensatz zum amerikanischen Model. Auch die in Schwarz-Weiß gehaltenen Seiten und das Verwenden von Rastern schwappte nach Korea über und Manga hatten einen gewissen Ruf – der Import japanischer Güter war nicht immer ausnahmslos erlaubt. So entwickelte sich eine eigenen Dynamik und ein manchmal sogar deutlich erkennbarer Stil, der sich vom Manga abgrenzen läßt. Die Manhwa, die ich gelesen habe, legten sehr großen Wert auf eine realitätsnahe Darstellung der Menschen und bewegten sich etwas von den großen Kulleraugen weg, die den japanischen Markt sehr dominieren. Überbordende Detailtreue ist auch ein Merkmal und The Tarot Café dafür ein gutes Beispiel. Sehr beliebt bei einer Vielzahl Manhwa sind auch die dem visual kei und gothica lolita style entliehenden betörenden androgynen Gestalten, oft insbesondere bei männlichen Charakteren.

Meinung

The Tarot Café fühlt sich wie ein Märchen ein, wie eine Parallel- und Schattenwelt zur „Echten“. Von der sehen wir in dem Manhwa nicht viel, das stört aber auch gar nicht. Park Sang-sun kreiert ihre Welt mit wenig Hintergründen oder stellt diese nur schemenhaften und verwaschen dar, während sie alle Aufmerksamkeit auf die Figuren und ihre Kleidung legt. Das sieht manchmal mehr wie ein Fashionmagazin als ein Comic aus. Extrem detailverliebte Frisuren, verwitterte Gestalten mit faszinierenden Gesichtern voller Falten, entgleiste Gesichtszüge und betörende Schönheiten – sie übertreibt es manchmal, aber es sieht anders und wirklich besonders aus. Und sie versteht ihr Handwerk. Zwar legt sie manchmal mehr wert auf entzückende oder coole Posen und Ganzkörperdarstellungen als auf raffinierte Posen und dynamische Szenen, aber es gibt viel in ihren Geschichten zu entdecken. Ihre überbordenden Darstellungen sind in Schwarz-Weiß-Kontrast gehalten ohne viel Rasterfolie zu benutzen, was dem Comic stellenweise einen Noir-Look gibt. Zudem handeln ihre bittersüßen Geschichten von unglücklicher Liebe, Ungerechtigkeit der sich gestellt werden muss, Verzweiflung, Schuld und Sünde. Stilecht werden die Erzählungen immer mal wieder mit Tarotkarten und deren Bedeutungen untermalt und die Charaktere stehen selbst Pate für Motive. Pamelas Vergangenheit nimmt früher oder später überhand. Das einzige was ich an dem Manhwa nicht gelungen finde ist, dass ihre Geschichte ab einem bestimmten Punkt das Geschehen total übernimmt und es nicht mehr um ihre besondere Kundschaft geht. Die schleichenden Offenbarungen und kleinen Andeutungen zu Beginn der in 7 Bänden abgeschlossenen Geschichte waren subtiler und lässiger. Andererseits ist Pamelas Geschichte ebenso bittersüß.

Wo lesen?

In Deutschland wurden etwa um 2006 herum Band 1-5 des Manhwa durch den Achterbahn Verlag veröffentlicht. Leider wurde die Veröffentlichung eingestellt und Fans, wie ich, hatten dann beispielsweise noch die Möglichkeit die fehlenden 2 Bände auf englisch zu erstehen, da die komplette Serie bei Tokyopop (US) erschien. Heute sind die Bände größtenteils vergriffen, aber noch gebraucht zu erstehen oder sogar neu in kleineren Geschäften. Wer die Geschichte natürlich lesen möchte, findet sicherlich auch Abhilfe in den weniger legalen Untiefen des www.

Manga sind ein wunderbares Medium, dass für jeden Geschichten parat hält und mehr kann als die gängigen Vorurteile behaupten. In dieser Kategorie stelle ich Manga vor, die stellvertretend für die Vielfalt der japanischen Comics stehen: Manga Manie ist an der Tagesordnung! 🙂

3 Antworten

  1. Mit Manhwa bin ich bisher nie so richtig warm geworden (mit einer Ausnahme, das war im Bereich Fantasy, aber ich komm ums Verrecken nicht mehr auf den Titel), und ich befürchte, dass auch dieser daran nichts ändern wird, zu zuckersüß scheinen mir Bild und Geschichte – was nicht wertend gemeint ist. Ok, das liest sich jetzt merkwürdig, aber irgendwie springt der Funke nicht über. Zumal ich gerade eh durch Taniguchi stilistisch auf einem anderen Dampfer bin. 😳

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Oh ja, Taniguchi ist ja schon super-realistisch, während in Manhwa schon gerne mal eins draufgelegt wird was überschwengliche Kostüme, Figuren und Kulissen betrifft.

      1. Definitiv! Taniguchi hat wirklich ein Händchen, zumal wenn er sich auch reinhängt, realistisch zu zeichnen, so wie in Gipfel der Götter. Da hat es mich teils gefröstelt beim Lesen, so gut sind die Zeichnungen! 😮
        Aber klar, das hängt dann auch immer von der Geschichte ab, Manhwa können dafür andere Dinge erzählen.

        PS: Irgendwie zickt wordpress herum, wenn ich bei dir über die Kommentare antworten mag.

        PPS: Sag mal, hast du dir heute frei genommen, um alle Kommentare zu beantworten, die liegengeblieben waren? :mrgreen: 😉 Find ich gut. 🙂

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