Netzgeflüster: Frauen der Informatik II – Grace Hopper

Letzten Monat gab es die erste Ausgabe der Reihe ‚Frauen der Informatik‘, die sich Ada Lovelace widmete. Heute machen wir in der Geschichte einen gewaltigen Sprung zu der Frau, die den Begriff ‚Bug‘ für Computerfehler geprägt und den Compiler erfunden hat: Rear Admiral Grace Hopper

Grace Hopper and UNIVAC I. Image copyright is believed to belong to the Smithsonian Institution and/or  Jan Arkesteijn. Found on: wikipedia.org, link to Image Source
Grace Hopper and UNIVAC I. Image copyright is believed to belong to the Smithsonian Institution and/or Jan Arkesteijn. Found on: wikipedia.org, link to Image Source

1906 wurde Grace Brewster Murray geboren. Ihre Familie war zutiefst militärisch-patriotisch. 1930 absolvierte sie mit 24 Jahren das Mathematik- und Physik-Studium an der Yale University. Und das mit Auszeichnung. In dieser Zeit heiratete sie ihren Mann, einen Englischlehrer, und wurde Grace Brewster Murray Hopper. Sie selber unterrichtete Mathematik bis sie 1944 für zwei Jahre bei der Navy im Bereich der mathematischen, computergestützten Berechnung tätig war. Die Arbeit brachte sie mit dem ersten amerikanischen (universell programmierbaren) Computermodell zusammen, dem Relais-Rechner Mark I, an dem vorrangig ballistische Berechnungen durchgeführt wurden. Später arbeitete sie auch an dem Folgemodell Mark II. In der Zwischenzeit wurde Grace Navy Reservistin und lehnte sogar eine ihr angebotene Professur ab, um weiter für die Navy in Harvard zu arbeiten bis sie 1949 Senior-Mathematikerin der Eckert–Mauchly Computer Corporation wurde und am UNIVAC I arbeitete. Während Mark I und andere frühe Computermodelle noch mit Lochstreifen funktionierten und sich die Programmierung damit auf mühsame Konstruktion von Befehlen in Form von Einsen und Nullen beschränkte, hatte Grace die Idee, dass es sinnvoller wäre Programme aus menschenverständlichen Befehlen aufzubauen und den Computer diese selber in das Binärformat (Einsen und Nullen) umsetzen zu lassen. Zu diesem Zweck müsste es wiederum ein Programm bzw. eine Software geben, die diese Befehle umsetzt. Wer schon mal programmiert hat, weiß schon was jetzt kommt. Es ist die Geburtsstunde des Compilers.

Auf UNIVAC I lief somit Arithmetic Language version 0, kurz A-0, der von Grace Hopper entwickelte Compiler. Zwar entspricht es nicht mehr ganz der heutigen Definition eines Compilers, ist aber dennoch einer der ersten Ansätze der Umsetzung von Befehlen zu ausführbarem Code. Während der Arbeit am Mark II sorgte etwas für den Ausfall des Systems. Techniker fanden eine tote Motte, die wahrscheinlich zwischen die Relais gelangt war. Grace Hopper kennzeichnete den Fund des Käfers mit dem Satz „First actual case of bug being found.“ Das zielte darauf hinaus, dass bereits früher Knackpunkte und Probleme bei Berechnungen mit dem Begriff bezeichnet wurden. Ihr Scherz und ihre Anmerkungen sorgen dafür, dass heute noch Computerfehler, vorrangig bei Software, als bug bezeichnet werden. Das Prüfen des Programmablaufs auf Fehler heißt dementsprechend debugging. Und es sitzen jetzt in diesem Augenblick überall auf der Welt Programmierer, die sich wünschten, sie würden den bug auch finden 😉 .

Image copyright is believed to belong to the distributor, the publisher or the graphic artist. Found on: wikipedia.org, link to Image Source
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Während ihrer Zeit in der Firma wurde der Fachbereich der automatischen Programmierung geschaffen, den sie leitete und entwickelte mit ihrem Team die Programmiersprachen MATH-MATIC und FLOW-MATIC. Letztere war von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung der bekannten Programmiersprache COBOL (COmmon Business-Oriented Language), die sich großer Beliebtheit erfreute und sehr lange verwendet wurde. Eine Feature der Cobol-Libraries war, dass nur die letzten beiden Ziffern einer Jahreszahlverwendet wurden. Zum Jahrtausendwechsel befürchtete man folgerichtig, dass zahlreiche Programme, die in dieser Sprache geschrieben wurden oder auf COBOL-Systemen aufbauen, auf das Jahr 1900 statt 2000 schalten wurden. Der sogenannte Millennium-Bug resultierte daraus, dass das Team um die Entwickler und Grace niemals davon ausgegangen waren, dass ihre Programmiersprache solange verwendet werden würde und stattdessen durch andere abgelöst würde.

Die oftmals wegen all ihrer Leistungen als Amazing Grace bezeichnete Wissenschaftlerin verstarb 1992 im Dienstgrad des Rear Admiral (lower half) und erhielt im Laufe ihres Lebens über 90 Auszeichnungen. Von ihr stammen die Zitate

„The most dangerous phrase in the language is, ‚We’ve always done it this way.’“

und

„If in doubt – do it.“


Fernsehauftritt von Grace, mit stolzen 80 Jahren zu Gast bei Letterman. (Video stammt somit wahrscheinlich aus dem Jahr 1986.)


Ihre berühmte Erklärung zu Nanoseconds.

Quellen und Links zum Weiterlesen

Frauen der Informatik
Wikipedia (en)

Zu den bisherigen Artikeln

Ankündigung
Teil I : Ada Lovelace

Wie siehts aus? Kanntet ihr Grace Hopper? Bei all dem was sie geleistet hat, staune ich manchmal, dass sie nicht öfter erwähnt wird, wenn es um die Geschichte der Informatik geht.

Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen rund um IT, Forschung, Netzwelt, Internet und eben auch Gerüchten widme. 🙂

5 Antworten

  1. Nein, kannte sie nicht. Danke fürs Vorstellen 🙂 Sehr interessant …

  2. Ich kannte sie ehrlich gesagt nur von der Geschichte mit dem Bug und COBOL. Ich kenne COBOL nicht näher, aber ich finde es in dem Zusammenhang interessant, dass die Sprache – insbesondere für die Zeit ihrer Entstehung – als stark an die natürlichen Sprachen angelehnt gilt.

  3. Ich kannte die Dame nicht. Deine Reihe finde ich super interessant und ich finde es schön, dass du diese Frauen hier vorstellst.

  4. […] gegebenem Anlass unterbreche ich die aktuelle Artikelreihe ‚Frauen der Informatik‘ einmalig. Die Frauen kommen wieder – keine Frage. Aber im Januar habe ich einen Artikel gelesen, […]

  5. […] Teil I: Ada Lovelace Teil II: Grace Hopper Teil III: Hedy Lamarr Teil IV: Marissa Mayer Teil V: Jade Raymond Teil VI: Gertrude Blanch Teil […]

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