Szenen für die Ewigkeit: die Montage aus „Ghost in the Shell“ (1995)

Es gab dieses Jahr offensichtlich wieder einen Mangel an Szenen für die Ewigkeit. Die letzte Ausgabe erschien Weihnachten 2022. 🤔 Für 2024 will ich uns mehr davon gönnen. Für heute habe ich erstmal eine Szene rausgesucht, die das besinnliche in der Weihnachtszeit adressiert. Sie stammt aus dem Anime „Ghost in the Shell“ von 1995 – einem Cyberpunk-Klassiker. Sie handelt von Identität und diese in Frage zu stellen, was in einer überpopulierten, so anonymen und gleichzeitigen digitalen Welt wie der des Films leider sehr schnell geht. Trifft das auch auf unsere Gegenwart zu?

Ghost in the Shell montage sequence HD 1080p, tekknobabblr, Youtube

Major Motoko Kusanagi ist Spezialagentin der Sektion 9, die in der Zukunftsvision Masamune Shirows (Manga-Vorlage) und Mamoru Oshiis (Anime-Adaption) einen Hacker finden muss, den Puppet Master. Kusanagi selber ist als 100% biologischer Mensch geboren worden, war aber durch einen Unfall später auf einen kybernetischen Körper angewiesen. Oder anders gesagt: sie ist ein Cyborg, in den die Persönlichkeit und Erinnerungen der früheren Kusanagi transferiert wurden. Kann sie sich sicher sein, dass sie noch „Motoko Kusanagi“ ist? Auch wenn der Film das Thema v.A. auf metaphorischer Ebene behandelt, ist es der Kernaspekt von Ghost in the Shell: Identität.

Etwa bei Minute 1 der (ich behaupte mal) legendären Montage sieht sie während einer Schiffpassage eine Person, die ihr aufs Haar gleicht. Ist auch diese Person Motoko Kusanagi? Hat man sie kopiert und worin liegt noch ihr (Selbst)Wert, wenn Personen kopierbar sind? Sind sie sich in anderen Aspekten auch gleich? Gibt es ein Stück Standard-Programmierung, das ein Stück Motoko auslöscht? Was bedeutet es für sie beide, dass es Entitäten gibt, die genau gleich aussehen? Wie viele von ihnen gibt es noch? Und: hat sie das überhaupt wirklich gesehen? In all diesen unausgesprochenen Fragen ist Ghost in the Shell ein Genre-Vorreiter und Meisterwerk. Die gesamte Montage der von Zivilisation zerklüfteter Stadt drückt die Entfremdung vom Selbst aus.

Zu düster für die Vorweihnachtszeit? Ich finde nicht. Es sind so viele spannende Fragen, der diese Szene aufwirft und damit Kusanagis Wunde freilegt. Vieles davon wird im Laufe des Films wieder adressiert und führt zu dem unvermeidlichem Ende. Falls euch das aber doch zu philosophisch oder zu entrückend ist, findet ihr im Booleantskalender noch eine Menge andere, weihnachtlichere Artikel.

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