Netzgeflüster: „Serial“ Podcast Review

Ich höre schon länger Podcasts, habe aber nie so richtig Angriffsfläche für eine Review gehabt, weil die meisten weiter und weiter und weitergehen. Schon vor einer Ewigkeit habe ich ‚Serial‘ gehört. Auslöser dafür war, dass mal eine Umsetzung als Serie im Gespräch war. Da ich von ‚Serial‘ bis dahin noch gar nichts gehört hatte, wurde ich neugierig und habe den Podcast in einem Rutsch von Anfang bis Ende durchgesuchtet. Weil immer ein anderes Thema, eine Blogparade oder ein Tag scheinbar mehr drängte, habe ich es fast vergessen zu reviewen. Aber heute solls soweit sein.

Die großen Ws: wer, wie, wann, was, wo.

Der englischsprachige Podcast ist in 12 Episoden abgeschlossen und ist ein Ableger oder Spinoff eines anderen bekannten, amerikanischen Radioprogramms namens This American Life. Serial handelt vom Mordfall der 18-jährigen Schülerin Hae Min Lee in Baltimore, Maryland aus dem Jahr 1999. Ihr Ex-Freund Adnan Syed wurde verhaftet und später schuldig gesprochen, beteuert aber seine Unschuld. Das Team hinter Serial, namentlich die Journalistinnen Sarah Koenig, Julie Snyder und Andere, nehmen sich des Falls an und produzierten den im Oktober 2014 erschienenen Podcast. Der besteht aus Koenigs Erläuterungen, Interviews u.a. mit Adnan und Personen aus seinem und Hae Min Lees Umfeld und wirbt zu Recht mit der Bezeichnung true crime, denn es handelt sich dabei um einen echten Fall und echte Menschen. Wer also nach Adnan Syed im Internet sucht, spoilert sich unweigerlich selber. Auf der offiziellen Webseite kann man den vollständigen Podcast hören. Nach dem Erfolg der ersten Staffel wurde für Herbst 2015 eine zweite angekündigt, sowie eine dritte für Frühjahr 2016 (Quelle: variety.com.)

Machart

Verglichen mit anderen Podcasts klingt Serial anfangs etwas nüchtern, macht aber schnell neugierig. Sarah Koenig erläutert wie mühsam es ist den Mordfall nach 15 Jahren aufzurollen. Insbesondere, wenn die meisten Leute sich schon nach einer Woche nicht mehr erinnern können, was sie wann eigentlich gemacht haben. Im Folgenden schildert Koenig das Vorgehen in einzelnen Etappen. Die Webseite auf der man den Podcast auch hören kann, liefert zu jeder Episode eine mal mehr und mal weniger gründliche Auflistung von Orten oder Vorgängen, die einem helfen selber mitzudenken und das Geschehen und die Ermittlung nachzuvollziehen. In den Episoden bekommt man viele v.A. am Telefon geführte Interviews zu hören. Die sind im Gegensatz zum Rest des Podcasts akustisch manchmal schlecht zu verstehen, sorgen aber dafür, dass es sich real anfühlt. Wenn wir Aufnahmen aus Gesprächen mit Adnan aus dem Gefängnis hören oder akustische Schnipsel aus dem Gerichtssaal, dann entwickelt es mit dem Wissen, dass es ein wahrer Fall ist, eine erstaunliche Sogwirkung. Insbesondere wenn Widersprüche aufgedeckt werden, die dafür sorgen, dass man sich plötzlich verdammt hilflos fühlt und sich fragen muss „Kann das jedem von uns passieren? Ist er undschuldig?“. So nüchtern Serial anfangs klingt, wenn man das erste Mal reinhört, umso mehr fühlt man sich später wie Sarah Koenig. Man fühlt sich involviert, entwickelt Theorien und Meinungen, man will endlich die Wahrheit wissen und sitzt letztendlich zwischen den Stühlen.

Erfolgskonzept?

Als ich von Serial das erste Mal hörte, wusste ich bereits wie das ganze ausgehen würde und das hatte etwas deprimierendes. Ich denke gern mit, fühle mich wie ein Detektiv, entwickle Theorien und Ideen und und und. Wenn man mir das Ende vorweg nimmt, nimmt man mir das und das macht mich meistens ärgerlich. Trotzdem war mein Interesse ungebrochen, ich habe mit dem Podcast angefangen und habe erst notgedrungen aufgehört, als die Staffel sowieso zu Ende war und Nachschub nicht in Sicht. Verrate ich euch also auch das Ende? Ich lasse es. Macht euch selbst ein Bild. Aber erwartet hier kein mit Soundeffekten ausstaffiertes Hörbuch. Es ist mehr eine Erzählung der Fakten, die auch mal mit akustisch kränkelnden Aufnahmen zu kämpfen hat und nicht bei jeder Episode viele neue Erkenntnisse liefert oder euch Details auf dem Silbertablett (namentlich Serials Webseite) serviert. Serial ist nicht schick, aber spannend und gut gemacht und deswegen ein großer Tipp.

Habt ihr bereits von ‚Serial‘ gehört und wartet auch schon gespannt auf die 2. Staffel? Hört ihr allgemein Podcasts? Wenn ja, welche? Ich habe immer noch keinen richtigen Ersatz für Serial gefunden, ich nehme gern Tipps entgegen.

Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen rund um IT, Forschung, Netzwelt, Internet und eben auch Gerüchten widme. 🙂

4 Antworten

  1. Diesen Podcast kenne ich (noch) nicht. Klingt aber sehr gut! Meine Lieblingspodcasts sind alle hier versammelt. Meist dreht es sich um Filme und Serien, doch auch ein paar Retrogeschichten sind dabei. Aber bestimmt ganz anders als Serial… 😉

  2. […] worden von der zehnteiligen Doku. Was zu erwarten war, schließlich hat mich bereits der Podcast Serial sehr mitgerissen. Die Prämisse ist ähnlich. Es geht um einen Kriminalfall, der verhandelt wurde, […]

  3. […] ich mit dem gesprochenen Medium anfangen soll. Von kleineren Ausflügen ins Medium mal abgesehen (Serial Season 1). Inzwischen ist das etwas anders … insbesondere in den letzten paar Monaten habe […]

  4. […] auch wenn mit Einschränkungen, da er den Zuschauer etwas hilflos zurücklässt ähnlich wie Serial Staffel 1. Außerdem war es schön mal wieder richtig viel lesen zu können … selten solche […]

Schreibe einen Kommentar zu bullion Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert