Netzgeflüster: Was machen eigentlich IT-Influencer?

Spoiler: jedenfalls nicht IT (in vielen Fällen), soviel kann ich sagen. 🤔 Ich fand neulich wieder einen Youtube-Kanal in dessen Channel-Beschreibung es heißt: „tech vlog“ oder „life of a data scientist in New York“. Statt einem Einblick in das Arbeitsleben gab es aber v.A. Lifestyle, product placement und VLOGs mit fancy coffee shops. Mh. Soll das so?

Everything wrong with tech content creators

Vor einer Weile stieß ich auf Instagram auf einen Account, der in jeder Beschreibung und jeder Untertitelung, jedem Real zwar den Begriff Data Mining droppte, aber eigentlich nur zeigte wie sie am Strand liegt und Cocktails schlürft. Die Quintessenz der Beiträge war wie man mit schlauen Verhandlungen einen besseren Job an Land zieht und ich wette, wenn ich das Profil abonniert hätte, dann wären bald die Webesprüche geflossen: „Buch jetzt ein Coaching mit mir, dann kann auch dein Leben so aussehen!“ Das sind natürlich keine wirklichen Tech Kanäle und Content Creators, sondern Glücksritter, die ich weiter unten schlicht als Scammer bezeichne. 💸

Aber schaut man sich um, dann sieht das bei denen die es ernst(er) meinen gar nicht so sehr anders aus. Es gibt zuhauf Profile in denen man Coding lernen kann, die mal mehr oder weniger toll aufbereitete Tutorials anbieten, aber dazwischen ist es echt dünn. Dieses „dazwischen“ mit schlauen Kommentaren, Reportagen oder gar Einblicken in das Arbeitsleben von Techies, Coder:innen usw. ist rar gesät bis nicht existent und oftmals voller Phrasen. Insbesondere der KI-Hype hat vielen einen Aufschwung gegeben. Aber gerade dieser Einblick in das Leben als Programmiererin … ? Eine Leerstelle. 🕳 Dabei wäre das schön, um für den Beruf zu werben und zu zeigen wie stressig, vielfältig, bereichernd, witzig, dramatisch der sein kann. Und wie wenig dran ist an den Stereotypen.

To be fair

… man kann IT nur bedingt gut zeigen. Das muss natürlich auch gesagt sein. Die Softwareentwicklung ist eine sensible Angelegenheit. Mal den Bildschirm gefilmt, an dem ein Post-It mit Passwort klebt 😉 Oh oh! Natürlich wissen wir das besser, aber ihr versteht die Metapher sicher. Mal schnell Code gezeigt und offenbart, auf welche Libs und Tools man sich verlässt und schon öffnet man Angreifer:innen Tür und Tor. Je nachdem wo man arbeitet, kann es auch verboten sein. Manchmal stellt sich auch schlichtweg die Frage, ob es überhaupt etwas zu zeigen gibt, das nicht schon andere besser aufgeschrieben haben (und die damit einhergehende Bewertung durch andere). Eine Mischung aus den Punkten ist der Grund, warum ich selbst in Artikeln über das Schreiben einer App keinen Code zeige. Ja, falls es euch noch nicht aufgefallen ist – auch hier gibt es selten Code zu sehen.

Außerdem stellt sich natürlich die Frage: guckt (sich) das wirklich wer (an)? Mit Videos und Formaten, die jeder versteht und nachvollziehen kann, erreicht man mehr und erwirtschaftet in Folge dessen mehr. Es ist also kein so besonders großes Wunder, dass es so wenige Content Creators gibt, die versuchen den Tech-Arbeitsalltag und IT-relevante Themen einzufangen.

Versuch der Klassifizierung der Tech-Creators

Das Label Tech-Creator gibt es schon und scheint meistens folgende Formen anzunehmen…

  • VLOGger: arbeiten oder arbeiteten in einem IT-Betrieb, zeigen mehr Lifestyle, Kaffeetassen, Outfits als Grunt Work (z.B. Julia Fei oder Tina Huang)
  • News-Creator: fassen die Nachrichten für dich zusammen (z.B. Fireship)
  • Lernprofile: zeigen dir wie was geht (z.B. TechWorld with Nana)
  • Funprofile: machen (leider erschreckend gut zutreffende) Puns auf die Industrie (z.B. Programmer are also human)
  • Hardcore-Tech: zeigen dir was für einen krassen Scheiß sie machen, den man nur 10% der Zeit versteht oder sich die ganze Zeit fragt „Was machst du da? Warum machst du es?“ und die vielleicht gar nicht zeigen sollten, was sie zeigen … (ich abonniere die meist gar nicht)
  • Scammer: zeigen dir nie, dass sie überhaupt arbeiten, aber behaupten die Formel für unendlichen Success gefunden zu haben (und die verlinke ich ganz sicher nicht)

Unter’m Strich

Letzten Endes hat alles seine Berechtigung (außer die Scammer). Und offenbar auch sein Publikum. Was ich daraus gelernt habe ist, dass ich meine Lieblings-Content-Creators noch finden muss. Und dass ich nach meinen Top Tech Blogs und Top Podcasts auch bald mal meine Top Youtube Channels zu Tech und IT zeigen muss. Vielleicht ist auch der Wunsch, dass die tatsächliche Arbeit abgebildet wird ein unerfüllbarer oder gar nicht zielführender. Dann aber wiederum bin ich für Realismus in Social Media. Meinen eigenen Alltag als Senior Softwareentwicklerin dürfte ich nicht filmen und müsste weiterhin unkonkret bleiben.

Wie ist das in euren Jobs? Ist das denkbar oder überhaupt wünschenswert? Kennt ihr vielleicht den oder die Top-Tech Content Creator, die IT wirklich hilfreich abbilden und zeigen, was es bedeutet in der IT zu arbeiten?

Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen aus IT, Forschung, Netzwelt und Internet widme genauso wie Spaß rund um die Arbeit mit Bits und Bytes. 🙂

2 Antworten

  1. Für meinen Job ist ein Social Media Account/Influencer undenkbar – man könnte kaum Realbeispiele zeigen ohne vertrauliche Informationen preiszugeben. Und ich weiß nicht, inwiefern das tatsächlich interessant wäre und wie viel Content man daraus schlagen kann :’D
    Der Austausch mit den Kolleg:innen im Betrieb ist da das Medium der Wahl – classic one.

  2. […] of a Software Developer. Neulich habe ich in meinem Artikel Was machen eigentlich IT-Influencer? erörtert, dass niemand zeigt wie so ein Arbeitsalltag als Softwareentwicklerin wirklich aussieht. […]

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