„Pluto“ – Worum gehts?
Der Krimi-Manga Pluto aus der Feder von Naoki Urasawa entführt uns in eine Zukunft, in der Roboter dieselben Rechte wie Menschen genießen. Sie haben Jobs und Wohnungen, dürfen Menschen oder andere Roboter heiraten. Natürlich funktioniert das auf dem Papier besser als in der Realität – wie das eben so ist mit Minderheiten. So wird der Kommissar Gesicht (s. Bild u.l.) im Düsseldorf der Zukunft zu Tatorten von Serienmorden gerufen, deren Opfer sowohl Befürworter der Roboterschutzgesetze sind, als auch Roboter selber. Aber die Roboter sind nicht irgendwelche beliebigen Opfer, sondern die berühmtesten Roboter der Welt. Darunter beispielsweise der Gigant Mont-Blanc, seines Zeichens Kriegsheld. Kommissar Gesicht, der selber ein Android ist, macht sich auf den Weg diese berühmten Roboter zu warnen, darunter auch der Junge Atom (s. Bild u.r.). Die Jagd nach dem Mörder weckt aber auch in Gesicht düstere Erinnerungen und er wird mit Ideologien konfrontiert, die Robotern mehr als nur feindlich gegenüber stehen.
Hintergrund
Pluto ist im deutschen Sprachraum auch unter dem Titel Pluto: Urasawa × Tezuka zu finden. Dieser Titel weist darauf hin, dass Naoki Urasawa sich für diesen Manga bei einer Vorlage des Manga-Großmeisters Osamu Tezuka bedient hat. Tezuka ist sowas wie der Begründer des modernen Manga und eines seiner bekanntesten Werke ist der 1952 erschienene Manga Astro Boy (s. Bild links), den der eine oder die andere vielleicht sogar kennt? In Astro Boy geht es um einen Wissenschaftler, der um seinen toten Sohn trauert und sich einen Roboter erschafft, der ihn ersetzen soll. Als er erkennt, dass er seinen Sohn nicht wirklich ersetzen kann, verstößt er ihn und Astro Boy (bzw. Atom im jap. Original) erlebt von da an viele Abenteuer, in denen er humaner reagieren muss als mancher Mensch. Die Figuren des Astro-Boy Universums hat sich Naoki Urasawa, einer der Großmeister von Heute, ausgeliehen und in eine (fast) vollkommen andere Geschichte versetzt. Übrigens unter Absprache mit Tezukas Sohn. Somit vereint Pluto auf gewisse Art zwei der ganz Großen der Mangawelt.
Meinung
In Pluto wird ganz im Stile Urasawas eine spannende Haupthandlung verfolgt und kurz aber prägnant die Schicksale mehrerer Nebencharaktere beleuchtet – mal rührend, mal schockierend. Besonders ergriffen war ich unter anderem bei der Nebenhandlung rund um den Roboter North No.02 der seinen neuen Besitzer wieder zum Klavier spielen bewegt. Pluto ist es keine klassische Hollywoodgeschichte, deren Ausgang sich nach dem ersten Band voraussehen läßt, sondern eine intelligente Erzählung die bis zur letzten Seite in Atem hält. Dabei legt der Autor wie immer Wert auf Details: die kleinen Nebenhandlungen rühren mitunter zu Tränen, während das große Ganze der Geschichte mysteriös und spannend ist.
Der Zeichenstil Urasawas ist dabei alltagsnah und repräsentiert uns keine Klischee-Mangafiguren mit den immer selben großen Augen oder bunten Frisuren, sondern zeichnet Charaktere, die auch mal übergewichtig sind oder eine Charakternase haben. Die Welt in Pluto ist hoch technisiert, aber abseits von Großstädten könnte es auch ein Schauplatz bei uns um die Ecke sein, zumal Pluto einen Großteil der Zeit in Deutschland spielt. (Der Grund hierfür könnte sein, dass Osamu Tezuka in Deutschland studierte) Urasawas Zeichenstil ist detailiert und gekonnt: er versteht das richtige Verhältnis von Licht und Schatten zu setzen und zeichnet sogar „Pausen“ im Handeln der Charaktere, um Stimmung zu erzeugen. Er braucht manchmal nur einen Strich oder nur eine bestimmte Art seine Charaktere die Augenbrauen hochziehen zu lassen, um zu verdeutlichen „der führt was im Schilde“. Like a boss.
Pluto ist ein grandioser Manga und einer der meistverkauftesten in Japan, der sich auch dank des wunderbaren Zeichenstils Urasawas besonders gut für Mangaeinsteiger eignet. Zudem ruft das Werk einige Fragen auf den Plan wie die nach Identität, ob Roboter Rechte brauchen und wo der Unterschied zwischen Mensch und Maschine ist, wenn die Maschine genauso leidet?
So even Robots … can dream?
Nachtrag: der Manga ist in Deutschland bei Carlsen Manga erschienen und in 8 Bänden abgeschlossen.
Manga sind ein wunderbares Medium, dass für jeden Geschichten parat hält und mehr kann als die gängigen Vorurteile behaupten. In dieser Kategorie stelle ich jeden Monat einen Manga vor, der stellvertretend für die Vielfalt der japanischen Comics steht: Manga Manie ist an der Tagesordnung! 🙂
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