Nachdem Hannibal Staffel 1 mich schon zu den vollen 10 von 10 Punkten hingerissen hat, stehe ich nun vor der schwierigen Frage: was kommt nach 10/10? Denn obwohl ich einige dicke Probleme bei der letzten Staffel sehe, empfand ich sie nochmal besser als die Vorgängerstaffel. Artikel enthält massive Spoiler für Staffel 1. Für Staffel 2 ist der Artikel weitestgehend spoilerfrei. Morgen folgt wegen meiner generellen Aufregung über das Finale 😈 aber nochmal eine Diskussion über das Finale und meine Vermutungen über das weitere Geschehen in Staffel 3. Denn die dritte Staffel wurde neulich bestätigt. Yessss.
Die Handlung
Das Ende der ersten Staffel stellt uns vor vollendete Tatsachen: Will (Hugh Dancy) wandert für Hannibals (Mads Mikkelsen) Vergehen in das Baltimore State Hospital for the Criminally Insane. Das ist so ziemlich die Inversion dessen, was der Zuschauer und Kenner der Bücher und bisherigen Verfilmungen eigentlich erwartet. Bereits in der ersten Folge ist der Zuschauer allerdings Zeuge einer Szene in der Hannibal und Jack Crawford aufeinander losgehen. Es beginnt ein Kampf auf Leben und Tod – daran besteht kein Zweifel aufgrund der Härte mit der sich Beide angreifen. Crawford weiß Bescheid. Und dann plötzlich heißt es: 12 Wochen zuvor …. . Was wird bis dahin passieren? Will sitzt nach wie vor im Baltimore State Hospital for the Criminally Insane, während Hannibal für Jack als Profiler arbeitet. Dem Zuschauer werden Killer-Of-The-Week und grausige Designs präsentiert, bei deren Aufklärung aber auch Will um Hilfe gebeten wird und die Menschen um ihn herum langsam wieder Vertrauen zu ihm aufbauen. So beginnt Beverly Katz (Hettienne Park) für ihn zu ermitteln. Will ist allerdings fest entschlossen: There will be a reckoning. Und die Richtung in die sich Will entwickelt, erinnert frappierend an die Kaltblütigkeit seines potentiellen Schöpfers.
Hintergrund
Es ist schwierig etwas über die Handlung zu verraten, ohne sich in den komplexen Killer-Of-The-Week-Fällen zu verlieren oder zuviel zu verraten. Insgesamt kann ich aber vorwegnehmen, dass die Serie vielen Kritikpunkte aus Staffel 1 entgegenwirkt. Hannibal bekommt in dieser Staffel wesentlich mehr Raum. Die Frauen haben insgesamt mehr Screentime, wenn ich auch sagen muss, dass die Rolle der Frauen sich nicht unbedingt verbessert hat. Die Spannung wurde deutlich angezogen – es vergeht kaum eine Folge ohne einen großen Schockmoment. Und dass obwohl die teilweise doppelbödigen Dialoge nach wie vor in bester Qualität vorhanden sind.
Außerdem bekommt der Cast Zuwachs: Cynthia Nixon (Miranda aus Sex and the City), Katharine Isabelle (American Mary), Amanda Plummer, Jeremy Davies und Michael Pitt (Boardwalk Empire). Letzterer verkörpert Mason Verger und greift damit eine weitere Figur des Roman-Universums auf. So wie die gesamte Serie als Vorgeschichte zu Roter Drache gilt, wird nun auch die Vorgeschichte des Romans Hannibal erzählt.
Wer übrigens besonders viel Lust auf Hintergrundinformationen hat, dem lege ich das Twitter-Profil von Bryan Fuller, dem Produzenten der Serie, nahe. Da muss man sich zwar extrem vor Spoilern hüten, bekommt aber echte Perlen an Informationen und Fotos von hinter den Kulissen. Genauso empfehlenswert für Fans der Prise Extra-Information ist das kleine Format Post Mortem, in dem Scott Thompson stets einen Darsteller interviewt. Zuletzt sogar einen Fannibal und die Food-Designerin der Serie. Großes kleines Highlight.
Fazit
Tatsächlich hat die Staffel einige Schwierigkeiten. Die Rolle der Frauen ist extrem schwierig. Entweder verschwinden sie wieder schnell vom Bildschirm oder sterben. Das ist kein besonders guter Schnitt für die Serie. Man könnte außerdem meinen, dass die Killer zu schnell kommen und gehen. Die Dichte der grausigen Morde ist schon etwas zu krass. Da bekommt man fast Angst einen Fuß vor die Tür zu setzen, weil scheinbar soviele abgefahrene Psychopathen in der Welt rumlaufen. Es wirkt fast wie Verschwendung, dass die teilweise so schnell gehen. Außerdem spielen die Macher auf besondere Art und Weise mit unseren Gefühlen. Einige Charaktere, die man in der ersten Staffel noch nicht richtig geschätzt hat, vielleicht sogar eher hasste, wachsen uns nun eher ans Herz. Wie beispielsweise Raúl Esparza als Dr. Frederik Chilton, dessen Kommentare direkt mal ein wenig schwarzen Humor in die Serie bringen. Aber Vorsicht: in dieser Staffel geht man nicht schonend mit interessanten oder lieb gewonnenen Charakteren um. Jede Folge überrascht mit einem perfekt durchkomponierten Beweis von Hannibals Überlegenheit und Wills ausgeklügelter Gegenwehr. Die erste Hälfte der Serie empfand ich dabei als so enorm spannend, dass ich dachte: die Serie ist einmalig, mit der nimmt es keine andere auf. Leider fällt mit dem Auftreten des Verger-Clans für mein Empfinden die Spannung ab, nur um dann in einem fulminanten Finale zu enden. Und ich habe mich schon gewundert, warum die sonst recht rege Fan-Szene plötzlich so still ist. Jetzt weiß ich es. Trotz meiner anfänglichen Kritik, muss ich hervorheben, dass die Serie für mich so ziemlich der Gipfel der Unterhaltung ist, was anspruchsvolle Psychothriller betrifft. Neben den angezogenen Spannungsschrauben (für die ich doch ziemlich dankbar bin) und dem raffinierten Drehbuch, wissen vor Allem auch die musikalische Untermalung und die kunstvollen Schauwerte zu überzeugen. Das Ticken imaginärer Uhren im Serienfinale werde ich nicht so schnell aus meinem Kopf bekommen. Es erinnert den Zuschauer unweigerlich an die bevorstehende Katastrophe. Brutal. Künstlerisch. Moralisch schwierig. Aber exzellent!
(10/10)
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