Wir wissen ja, dass ich ein großer Ghost in the Shell Fan bin. Und dass ich etwas kritisch auf das US-Remake mit Scarlett Johansson in der Rolle als Motoko schaue. Bisher war ich ganz zufrieden mit dem Trailer und dachte mir – joar, das sieht ja mächtig gut aus. Aber dann erschien der zweite Trailer. Und den sollte man sich lieber nicht anschauen, wenn man gespoilert werden möchte. Und davon mal abgesehen verrät der uns scheinbar, dass das Remake doch nicht so eng am Original ist.
Guter Trailer
„Ghost in the Shell Official Trailer 1 (2017) – Scarlett Johansson Movie“, via Movieclips Trailers (Youtube)
Böser Trailer
„Ghost in the Shell Trailer #2 | Movieclips Trailers“, via Youtube
Was wir jetzt dank des Trailers wissen …
… alles. Es ist wie viel zu oft bei Trailern heutzutage: sie erzählen den ganzen Film und nehmen im schlimmsten Fall sogar einen Twist vorweg. Das ist für alle Zuschauer ziemlicher Mist. Was für Fans des Anime dazukommt ist, dass man anhand des gezeigten Materials schon weiß, dass der Film sich höchstwahrscheinlich in eine ganz andere Richtung entwickelt als der Anime, den wir lieben und der als Vorreiter des Cyberpunk-Genre gilt. Während der Anime sich mit tiefgründigen Konzepten wie Seele und Identität auseinandersetzt (ja wir wissen: gepaart mit viel Action), scheint der Film die klassische Verschwörungs-Richtung einzuschlagen. Es wird angedeutet, dass Motokos Leben nicht gerettet, sondern gestohlen wurde. Ggf geht das also in die Richtung, dass es gar keinen furchtbaren Unfall gab oder dass er sogar herbeigeführt wurde, infolgedessen sie ihren Körper verlor und nur kybernetisch weiterexistieren kann. Es kann so gedeutet werden, dass sie als Marionette der Polizei fungiert und als ausführendes, manipuliertes und heran-erzogenes, gedrilltes Organ dient. Und der Film verrät sogar schon, dass sich Motoko dagegen wehren will und in ihrem kybernetischen Hirn scheinbar Fragmente ihrer alten Identität übrig geblieben sind.
Im Anime ist das alles etwas feingranularer. Motoko hatte einen schlimmen Unfall, bekam schon als Kind einen kybernetischen Körper, entschloss sich später der Polizei beizutreten und bekämpft Fälle der Cyber-Kriminalität, weil sie die Frage nach der Existenz nicht loslässt, diese kann nämlich in diesem Zeitalter so leicht wie selten geknackt werden. Schließlich kann man in dieser Zukunftsvision ‚Menschen hacken‘, wogegen ihr Team vorgeht. Wo wir gerade von dem Team sprechen … das ist für sie wie eine Familie. Dass Korruption in GitS nie ein Thema ist, will ich gar nicht behaupten. Außerdem kenne ich nur die zwei Langfilme und die Stand Alone Complex Serien. Welche Richtung GitS Arise einschlägt, weiß ich (noch) nicht. Aber es wirkt für mich wie eine nicht lohnenswerte Verwässerung der Original-Geschichte, die das Geschehen banalisiert. Es ist möglich, dass der Film trotzdem die schwerwiegenden Frage und den Konflikt zwischen Puppetmaster/Laughing Man und Motoko aufgreift, aber aktuell sieht es so aus, als hätte man sich für den einfachen Weg entschieden und einen visuell beeindruckenden Film gemacht, der die Tiefe des Originals vermissen lässt. Es ist etwas traurig, wenn Ghost in the Shell als weiterer Hollywood-Actioner produziert wird, der nur auf Schauwerte setzt und in einem halben Jahr in Vergessenheit gerät. Der Anime ist über 20 Jahre alt und noch heute wegweisend. Das Remake könnte den Stoff einer größeren Masse zugänglich machen und auch das Bewusstsein dafür schärfen, was für großartige Geschichten in der Manga- und Anime-Industrie darauf warten entdeckt zu werden. Die Chancen für einen solchen Bekanntheitsgrad und Aha-Effekt sind groß. Schließlich reden wir hier von keinem kleinen Remake, sondern einem namhaft besetzten. Schauen wir mal was kommt.
Wie ist euer Eindruck? Seht ihr den Film mit Misstrauen oder denkt ihr, dass sie die Kurve kriegen und der zweite Trailer einfach nur schlecht oder irreführend ist? Vielleicht sogar bewusst irreführend und trivialisierend, um mehr Publikum anzulocken? Oder geht ihr vielleicht ganz anders an die Sache ran und werdet es schauen, als ob es nichts mit dem Original zutun hat? Damit lebt man meistens besser. Auch denkbar: dass der Film die Tiefe des Originals nicht erreicht, aber trotzdem auf Manga und Anime aufmerksam macht.
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