Ich habe neulich „Puss in Book: Trapped in an Epic Tale“ (Dt.: „Der gestiefelte Kater und das magische Buch“) geschaut. Und mich schon drauf gefreut. Ok. Eigentlich habe ich mich auf „Choose-Your-Own-Adventure“-Content gefreut, denn Netflix hatte angekündigt, dass bald Programme getestet werden, bei denen der Zuschauer bestimmt wie es mit der Handlung weitergeht. Dass das erstmal Kinderprogramme sein würden, war mir nicht klar. Aber da ich den flauschigen Kater aus Shrek liebe und damals sogar für sein Solo-Abenteuer ins Kino gegangen bin … na. Warum nicht. Und da ich die Idee des interaktiven Fernsehens bzw. „Choose-Your-Own-Adventure“ sehr vielversprechend und spannend finde, soll das heute diskutiert werden. Wie war das so eine interaktive Sendung zu schauen?
First things first: wie muss man sich das interaktive Programm vorstellen?
Man schaut fröhlich den Film und wird an einer Stelle gefragt, wie die Geschichte ausgehen soll. Man kennt das ggf. aus Kinderbüchern oder von Umfragen, bei denen man einige Fragen überspringen kann, wenn man ein bestimmte Auswahl getroffen hat. Je nachdem wie man sich entscheidet, könnte die Geschichte anders verlaufen. Theoretisch. Als Beispiel: Der gestiefelte Kater seht beispielsweise vor der Frage, ob er kämpfen oder weglaufen soll. Der Zuschauer entscheidet. Bei Netflix variiert die Bedienung je nach Gerät. Beim Fernseher bekommt man die Auswahlmöglichkeiten angezeigt und muss mit der Fernbedienung eine Option wählen. Auf mobilen Geräten erfolgt die Auswahl über den Touch-Screen. Das öffnet Tür und Tor für zahlreiche Erzählmodelle und Möglichkeiten. Aber wie gut läuft es technisch? Hat man die Option nicht gewählte Storylines später nachzuempfinden?
„Kids Interactive Adventure | Official Trailer [HD] | Netflix“, via Netflix (Youtube)
Vor- und Nachteile
Wie schon erwähnt war mein „Testobjekt“ Puss in Book: Trapped in an Epic Tale. Ein netter Animationsfilm, der auf der Geschichte des aus Shrek bekannten gestiefelten Katers fußt und an dem nicht nur Kinder ihren Spaß haben. Offensichtlich basiert die Handlung aber v.A: auch auf der Fernsehserie um den Zorro-mäßigen Kater, denn viele Charaktere, die in Puss in Book: Trapped in an Epic Tale auftauchten, kannte ich überhaupt nicht. Leider ist die Animation auch nicht ganz so flauschig wie im Animations-Kinofilm von vor ein paar Jahren. Große, süße Katzenaugen gibts trotzdem. Durch das Erklären des „Choose-Your-Own-Adventure“-Contents hatte der Kater auch mal die Ehre die vierte Wand zu durchbrechen. Im Folgenden soll es aber vordergründig um das Konzept des interaktiven Fernsehens gehen. Was war gut? Was nicht? War es so wie ich es mir vorgestellt habe?
Das lief gut … (Vorteile)
- Netflix merkt sich wo man war. Man kann beruhigt auch den Film unterbrechen und kommt trotzdem wieder bei der getroffenen Auswahl an.
- Wenn man pausiert, kann man auch zu den vohergehenden „Verzweigungen“/Auswahlmöglichkeiten zurück und sich umentscheiden.
- Am Ende des Programms, kann man sich die anderen Auswahlmöglichkeiten nachträglich anschauen.
- Die Ladezeiten sind gering. (Aber spürbar)
- Es ist witzig!
- Mehr Immersion! Man wird eingebunden.
… das nicht (Nachteile)
- Die Ladezeiten sind spürbar. (Aber gering.)
- Man weiß nicht wie lang die Sendung ist. Im Falle von „Puss in Boots: Trapped …“ konnte die Sendung 40min lang sein oder auch so ca. 20 kürzer. Angezeigt wird es nicht, wenn man beispielsweise pausiert.
- Ab und zu war ohne das Zutun des Zuschauers der Bildschirm schwarz. Es ist unklar warum genau. (Vielleicht trat das bei anderen Zuschauern aber auch nicht auf? Falls ihr es ausprobiert habt, teil mir doch bitte eure Erfahrung mit.)
- Leider eben doch eine geradlinige Erzählung. Bei Puss in Book: Trapped in an Epic Tale münden doch beide Auswahlmöglichkeiten einige Male in ein- und demselben Punkt der Handlung. Das heißt, egal ob man die eine oder andere Auswahlmöglichkeit wählt, man kommt hin und wieder so oder so am selben Punkt der Handlung an- Im Grunde ist die Geschichte damit immer noch geradlinig erzählt, bzw. die Auswahl durch den Zuschauer ändert nicht viel.
Mit der Brille eines anspruchsvollen Zuschauers drauf geschaut, halten sich Vor- und Nachteile fast die Waage. Es wird aber ganz deutlich, dass Netflix die Möglichkeiten des interaktiven Fernsehens noch nicht ausschöpft. Insbesondere durch das noch relativ geradlinige Erzählen. Technische Risiken wie zu erwartende stetige Ladezeiten sind verkraftbar und ziemlich kurz. Dass man sie merkt, lässt sich technisch wahrscheinlich kaum vermeiden. Zwei Videos zu buffern und im Speicher zu halten, ohne große Bandbreite zu erfordern und mit guter Qualität ab der ersten Sekunden … wäre schon spannend.
Möglichkeiten, soviele Möglichkeiten!
Vor meinem inneren Auge sehe ich v.A. ein Szenario. Einen Krimi, einen Thriller, moralische Dilemmata und Noir. Wenn sich die Handlungen des Zuschauers dramatisch und v.A. in einem realistischen und spannenden Kontext auf den Ausgang der Geschichte auswirken, dann klingt das sehr sehr vielversprechend. Man wird unmittelbar ein Teil der Geschichte und bestimmt das Schicksal der Hauptcharaktere. Ich sehe vor meinem inneren Auge eine Frau auf dem Bildschirm, die eine folgenschwere Entscheidung treffen muss. Und die wird die Entscheidung des Zuschauers. Das könnte irrsinnig spannend werden. Schauen wir mal ob das Konzept bis dahin kommt. Ich kann es mir gut vorstellen. Da brauch es auch kein Durchbrechen der vierten Wand mehr und keine langen Erklärungen. Bei „Puss in Boots: Trapped …“ ist die Handlung maßgeblich mit dem Konzept der Steuerung verbunden, da Puss in ein magisches Buch gezogen wird und uns erklärt, dass wir bestimmen wie die Geschichte weitergeht. Kinderfreundlich erklärt und echt süß. Aber ich bin gespannt, ob Netflix mit dem Konzept weitere Schritte geht. Dass es gut läuft, kann ich mir sehr gut vorstellen. Man überlege sich wie man mit den Kollegen beim Mittagessen diskutiert, welchen Weg man in der letzten Folge des neuen Programms gegangen ist und welche Konsequenzen das hatte. Bis dahin sind aber Schritte zu überdenken: beispielsweise für eine einheitliche Länge der Episoden und ein dynamischeres Erzählen zu sorgen.
Was haltet ihr von der Idee? Habt ihr es auch ausprobiert? Denkt ihr, dass sich das Konzept durchsetzt und wir bspw. anspruchsvolle Serien mit Interaktion bekommen? Was für ein Szenario könnt ihr euch gut vorstellen? Ich finde es in Punkto Krimi, Noir und Thriller sehr vielversprechend. Falls ihr es ausprobiert habt: hat es sich technisch gut für euch gemacht? War es ungewohnt für euch? Das erinnert mich an zahlreiche Spiele wie bspw. „Hotel Dusk“ in denen der Ausgang der Geschichte variiert. Ein Konzept, dass bei Videospielen beliebt ist und ja auch mal zum Game Over führen kann.
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