angelesen: „The Killer Inside“ Bd. 1 & „#DRCL“ Bd. 1

All die Manga, die ich um Halloween rum las, sollen heute Thema sein. Das heißt es wird gruselig 🎃 und es herrscht keine Gefahr für Spoiler, denn es handelt sich konsequent um erste Bände.

„The Killer Inside“ Bd. 1, Hajime Inoryu/Shōta Itō, Carlsen Verlag

Der Student Eiji Urashima lebt frei nach seinem Motto „Wer das Leben genießt, gewinnt“ in den Tag hinein. Man versteht, woher ein solches Motto kommt, denn sein Vater war ein gesuchter Serienmörder und seine Kindheit eine Tortur. Durch die Taten des Vaters stigmatisiert, hatte Eiji es nicht leicht. Eines Morgens aber wacht er auf und merkt, dass ihm Zeit fehlt. Er hat scheinbar drei Tage verpasst. In der Zeit hat er Dinge getan, die untypisch für ihn sind. Zeitgleich kommt es zu bestialischen Morden, die die Handschrift eines bestimmten Täters tragen – Eijis Vater.

Klarer Fall, oder? Alles, was die Menschen über Eiji sagen und weswegen sie ihm und seiner Familie das Leben so schwer machen, scheint wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Eiji geht der Sache auf eigene Faust nach. Parallel ermittelt die Polizei, die ihn bereits im Blick hat. Das Szenario ist angsteinflößend, aber nicht frei von dem „schon mal gesehen“-Gefühl. Gerade wenn man Theorien entwickelt, hält das natürlich bei Stange, da man wissen will, ob man mit den eigenen Vermutungen richtig liegt. Bis hierhin scheint in Band 1 noch alles möglich. Dabei hat der Manga v.A. für das Genre Thriller typische Elemente wie auch Horror- und Krimi-Aspekte.

Obwohl ich sonst immer sehr dafür plädiere, dass die Aufteilung in „Mädchen-“ und „Jungs-Manga“ überflüssig wird, merke ich allerdings schon, dass ich hier nicht die Zielgruppe bin. Wenn Eiji immer wieder davon fantasiert, wann er seiner Freundin an die Wäsche darf, fühle ich mich eher von dem spannenden Teil der Handlung abgelenkt. Zudem werde ich mit dem Zeichenstil nicht ganz warm. Der ist zwar durchweg rund und fällt positiv durch das vielseitige Charakterdesign wie auch die routinierte Illustration allgemein auf, aber beispielsweise Eijis überraschtes Gesicht oder andere Schlüsselmomente fallen mir zu sehr ins komödiantische „dickbackige“ ab.

„#DRCL – Midnight Children“ Bd. 1, Shin’ichi Sakamoto, Hayabusa

„Aufzeichnungen werden von jeher verfälscht“ steht auf der ersten Seite von Shin’ichi Sakamotos Neuinterpretation von Bram Stokers Dracula. Was nicht heißt, dass er in der Gegenwart spielt, aber dass er eine Alternative Geschichtsschreibung anbietet. Im Großbritannien des 19. Jahrhunderts beginnt es eigentlich mit der Überfahrt der Demeter, wo schaurige Dinge an Bord geschehen. Währenddessen versucht Mina Murray als einziges Mädchen an der Whitby Eliteschule Fuß zu fassen, wird aber von ihren Mitschülern gemobbt. Sie sucht v.A. Anschluss zur Gruppe der Freunde Luke Wenstenra, Arthur Holmwood, Joe Suwa und Quincey Morris. Nach einem schaurigen Vorfall verhält sich Luke allerdings sehr seltsam – und Kenner des Originals wissen, was hier bald in Erscheinung tritt: Dracula.

Dracula oder #DRCL? Mina schreibt Tagebuch mit der Schreibmaschine und dort gibt es eine neue Taste – #. So wird wohl nach und nach der Titel des Manga entstehen. Es gibt hier einige Änderungen, beispielsweise ist Mina von Wrestling begeistert, sehr forsch und sagt „allen unsichtbaren Übeln“ den Kampf an. Damit meint sie anfangs Krankheiten wie die Pest, aber Dracula wird sicherlich dazu kommen. Dass alle gemeinsam zur Schule gehen ist auch eine solche Neuerung und dass die Geschichte überhaupt mit ihr und der Demeter beginnt, statt mit Jonathan Harker. Lucy Westenra ist hier sowas wie eine zweite Persönlichkeit von „Luke“ und vielleicht, vielleicht auch nicht Ausdruck einer Trans-Person. Spannend! Und v.A. unfassbar gut, detailliert und ausschweifend gezeichnet.

Ich habe mich schon lange gefreut endlich einen Manga von Shin’ichi Sakamoto in Händen halten zu können. Die deutsche Erstveröffentlichung von Sakamotos Innocent habe ich leider verpasst und der Manga ist in verschiedensprachigen Ausgaben längst vergriffen. Wie großartig, dass Hayabusa #DRCL zu uns brachte. Ich folge Sakamoto seit einer Weile auf Instagram und halte ihn für sowas wie einen Rockstar unter den Mangaka wegen seiner Ideen, seines extravagant wirkenden Stils. Es gibt kein Panel in #DRCL das „nichts tut“. Alles erzeugt Atmosphäre und sorgt wahrlich dafür, dass der hier noch nicht richtig in Erscheinung tretende Dracula wie eine unsichtbare, imminente, im Schatten lauernde Bestie wirkt. Das nenne ich mal Vorbereitung des Auftritts eines Antagonisten! Während ich zwar begeistert bin, kann das teilweise romantische Charakterdesign aber für die einen oder anderen Leser:innen vielleicht auch zu viel des Guten sein!? für andere ist es sicherlich der Horror, mit dem Sakamoto auch nicht geizt. Aber der ist schließlich bei einer Dracula-Adaption zu erwarten.

Wenn ihr rausgelesen habt, dass ich „The Killer Inside“ wahrscheinlich eher nicht weiterlesen werde, dann liegt ihr da richtig. Zumindest ist es sehr wackelig. Wenn ich nochmal Lust auf einen Krimi habe, dann werde ich mich aber sicherlich daran erinnern. „#DRCL“ ist der Volltreffer, den ich mir davon erhofft habe und sogar noch besser. Jetzt heißt es nur etwas Ausdauer haben. Während der zweite Band für Januar angekündigt ist, muss man auf den dritten dann doch bis Mai warten. Immerhin: in der Zwischenzeit gibt es eine Neuauflage von Sakamotos „Innocent“ in Deutschland. 🥳

In „angelesen“ sammle ich die Eindrücke von Buchreihen, die ich lese. D.h. insbesondere von Manga und Comics, die ich noch nicht abgeschlossen habe und deswegen nur als Teil eines Ganzen betrachten kann. Wer andere Literatur sucht und die Meinung zu abgeschlossenen Reihen, findet die in ausgelesen, einer weiteren Rubrik hier im Blog. 🙂

Eine Antwort

  1. […] es gab nach einer großen Lücke neulich mal wieder eine Ausgabe von „angelesen“, heute lege ich nach. Und es wird romantisch! […]

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