Oh oh. 👀 Zwischenzeitlich gab es hier eine kleine Krise bei meinem „Seoultember“. Verschwanden doch einfach mal zwei der sieben Filme aus dem Streamingangebot und einen („Alienoid 2“) bekam ich nicht vom Online-Verleih geschickt, sondern stattdessen einen anderen Film. 🤨 Und nun? Aufgeben? Abbrechen? Naja. Keep on watching. Ein paar Filme waren ja noch da.
Alienoid: Return to the Future
Nach den Ereignissen des ersten Films und den losen Enden, die sich dort zusammengefügt haben, ist es etwas einfacher dem zweiten Teil von Alienoid zu folgen. Darin versucht Ean (Kim Tae-ri) in der Vergangenheit Thunder (Kim Woo-bin) zu reaktivieren, damit sie das bevorstehende Desaster in der Zukunft verhindern können. Derweil haben die Alchemisten aus Samgaksan (Yum Jung-ah, Jo Woo-jin) die Vermutung, dass sich „das Monster“ (der Anführer der Aliens) in Muruk (Ryu Jun-yeol) befindet. Und er vermutet das inzwischen auch. Es bleibt also turbulent. Dankbarerweise hält Muruk mit seiner Vermutung gegenüber Ean nicht lange hinter dem Berg und beide nähern sich einander an. Damit kommt der Film dann in Fahrt, v.A. als es in die im Titel versprochene Zukunft geht. Was insbesondere für alle aus dem koreanischen Mittelalter Überraschungen birgt – und für Zuschauende viel Comic Relief. Ich mochte wie es die Alchemisten im Fitness Studio mit den Laufbändern aufnahmen. 😂 („Er läuft weg! Warum hält er nicht an??“)
Leider drosseln Wiederholungen insbesondere anfangs die Geschwindigkeit und Spannung. Darin erleben wir nochmal wie Lee Hanee als Zollbeamte Min Gae-in den Aliens auf die Spur kam – und sehen Teile der Handlung des ersten Teils nochmal aus ihrer Perspektive. Ich mochte ihren Charakter, aber die Wiederholungen weniger. Sie hätten keine Sekunde länger sein dürfen. Trotzdem leidet nun die Fortsetzung daran, dass es nicht mehr ganz so viele Twists und Überraschungen gibt und ist v.A. eines: ein passabler Actionfilm.
Alienoid: Return to the Future (OT: 외계+인 2부), Südkorea, 2024, Choi Dong-hoon, 122 min, (7/10)
Han Gong-ju
Als ich den Mangal an Regisseurinnen und v.A. von „weiblichen Geschichten“ in meiner Filmliste auf Social Media beklagte, wurden mir massig Filme von der Filmbubble vorgeschlagen. (Danke 💜) Der einzige, den ich aber hierzulande schauen kann ist Han Gong-ju. Gespannt war ich allemal und tatsächlich geben Trailer genau so viel preis wie man preisgeben sollte – und nicht mehr. Der Film beginnt mit der Schülerin Han Gong-ju (Chun Woo-hee, kennen wir u.a. aus The Wailing), die unter Beteuerungen nichts falsches getan zu haben an eine neue Schule versetzt wird. Die Wahrnehmung ihrer Situation ist durch Unwissenheit verzerrt. Wir sehen wie ihr der Umgang mit ihrem Vater verboten wird, wie sie regelrecht „umgesiedelt“ wird und man ihr ein neues Handy zusteckt. Wir sehen in Rückblicken wie Polizisten hart mit ihr umspringen und in der Gegenwart wie sie neue Freundschaften knüpft und gleichermaßen vollkommen entgleist, wenn man ihr zu nahe zu kommen scheint. Damit spannt der Film eine interessante Verzerrung auf: ist Han Gong-ju Opfer oder Täterin?
Allzu lange braucht es dann aber nicht, bis wir eine Ahnung bekommen, was hier Fakt ist. Und wenn sich die Realisierung einstellt, dann ist das wie ein Schlag in die Magengrube. Noch mehr, wenn der Film dann (dankbarerweise wenige) deutliche Bilder dafür findet. Han Gong-ju erzählt am Ende davon wie die Opfer statt der Täter bestraft werden. Was es umso härter macht ist, dass der Film auf wahren Begebenheiten beruht, die zwar anders verlaufen sein mögen, aber die Brutalität nicht aufweichen. Und doch es ist die Art von Moral Disaster Movies , die einen auch ein Stück leer und ratlos zurücklässt. Lehne ich sie ab, weil sie mich an die Verderbtheit der Menschen erinnern? Oder lehne ich sie ab, weil ich ohne viel zu recherchieren nicht einschätzen kann, ob sie am Ende Torture oder Misery Porn sind? Oder beginne ich sie abzulehnen, weil ich schon zu viel über die wahren Begebenheiten gelesen habe? Obwohl er kein Film für einen lockerleichten Filmabend ist, sondern lieber mit entsprechendem Schutzpanzer geguckt werden soll, ist er durch die Verzerrung der Perspektiven und das Bestreben diese aufzudecken wertvoll.
Han Gong-ju (OT: 한공주), Südkorea, 2013, Lee Su-jin, 112 min, (7/10)
Herr Mo
Der Friseur Mo Geum-san (Gi Ju-bong) blickt einer ungewissen Zukunft entgegen als er eine niederschmetternde Diagnose erhält. Angesichts dessen will er sich den lange runtergeschluckten und fast vergessenen Traum erfüllen einen Film zu drehen. Genauer einen Stummfilm. Herr Mo schreibt also selber das Drehbuch und will darin die an Charlie Chaplin und andere Stummfilm-Protagonisten angelehnte Hauptfigur spielen. Sein Sohn Stephen (Oh Jung-hwan), ein Filmstudent, soll Regie führen und dessen Partnerin Ye-won (Go Won-hee) übernimmt so ziemlich alles weitere. Vor Allem ist sie manchmal stille Zeugin, manchmal Antreiberin der Aufarbeitung der erkalteten Beziehung zwischen Vater und Sohn. An Weihnachten soll der Film vorgeführt werden. Ein schwieriges Unterfangen?
Ja, ist es. Herr Mo ist nach dem Tod seiner Ehefrau sehr einsam und nicht sehr freigiebig mit seiner Motivation. Sowohl Vater als auch Sohn sind Charaktere, die wenig von ihren Gefühlen preisgeben. So brauch es nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen wie diese Einsamkeit entstanden ist. In der Schroffheit von Herrn Mo liegt allerdings auch eine eigene Art trockenen Humors. Wenn der Film nur nicht so quälend langsam wäre. Wäre er witziger oder hätte mehr Pointen, könnte man ihn Jim-Jarmusch-esque nennen. So wünscht man sich, dass man etwas mehr die Schere angesetzt hätte. Am Ende channelt er nach überlanger Exposition doch Gefühle für den Slapstick der Stummfilme vergangener Zeiten, zudem ist er in Schwarzweiß gefilmt, was uns den Eindruck vermittelt, dass das Leben an sich schon manchmal eine dem Stummfilm nicht unähnliche Ironie birgt. Und manchmal auch diese Momente, die einem ein lautes Lachen oder ein warmes Lächeln abringen.
Herr Mo (OT: 리 크리스마스 미스터 모 „Merry Christmas Mr. Mo“), Südkorea, 2016, Lim Dae-hyung, 101 min, (7/10)
Wie kann das Fazit lauten?
Wie eingangs erwähnt, wurde meine auf sieben Filme begrenzte Liste um einen Film dezimiert, der nicht mehr im Stream verfügbar war. Zwischenzeitlich waren es drei, die nicht verfügbar waren. Einen konnte ich glücklicherweise auf einer anderen Streaming-Plattform wiederfinden. Und Alienoid 2 kaufte ich dann kurzerhand auf Disc, wobei der auch gleich wieder auf den Verkaufen-Stapel geht. (Wer will? 😁) Es ist echt traurig, dass sich die Verfügbarkeit südkoreanischen Kinos in Deutschland auf süßliche Romcoms und Actionkracher beschränkt. Man lobe die Filmfeste, aber wo bleiben all die Filme im Verleih und Streaming ab? Ist es wirklich so, dass ich sofort springen muss, wenn kurz mal einer bei MUBI oder in der ARTE Mediathek verfügbar ist? Vielleicht schon. Ich hätte sicherlich irgendeinen Film von meiner Watchliste nachziehen, bestellen oder auf den Streamingplattformen aussuchen können. Aber das sehe ich nicht ein.
Wozu gebe ich mir dann anfangs Mühe bestimmte Filme für eine Liste auszuwählen und herauszufinden, wo ich die schauen kann? Warum habe ich dann extra Zeit investiert zu schauen, ob ich auch mal einen Film einer Regisseurin finde? Oder die Filmbubble nach Empfehlungen zu fragen? Also bleibt’s halt. Schade. Letzten Endes war die Frustration ja nicht groß, aber sollte sich andeuten, dass es nächstes Jahr wieder so läuft, dann setze ich wohl mal aus mit dem Seoultember. Denn es war leider auch dieses Jahr schon so, dass ich im Grunde meine B-Liste geschaut habe. Die A-Liste der Filme, die ich am liebsten sehen will, war sowieso nicht verfügbar (u.a. House of Hummingbird, Kim Ji-young Born 1982, Next Sohee, usw). Fest steht eben auch: illegal Filme schauen kommt nicht in die Tüte und wahllos irgendwelche schauen ist nicht meins. So hat der Seoultember nichtsdestotrotz Spaß gemacht und es gab dieses Jahr auch Austausch unter dem Blogpost und in Social Media. 💜 Da glüht das Herz.
Zu den bisherigen Artikeln
Seoultember 2024 – Woche 1-2 („Alienoid“, „Bin-Jip“ & „Along with the Gods: The Two Worlds“)
Header image photo credit: Valery Rabchenyuk at Unsplash
Das war es schon mit dem Seoultember! Es war dieses Mal kurven- und ereignisreich. So richtig war die Filmauswahl dieses Mal nicht meins. 😅 Am besten hat mir wohl „Bin-jip“ gefallen und „Han Gong-ju“, auch wenn letzterer schwere Kost und definitiv etwas für einen anderen Tag gewesen wäre. Alles andere war mir zu sehr Popcornkino. Das ist nichts schlechtes, aebr es war zu viel davon. Wie lief euer Seoultember?
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