Also eins gleich vorweg: ich kenne die Bücher nicht. Aber den ersten Teil der Filmreihe fand ich großartig. Den zweiten habe ich eigentlich nur als redundant und teilweise widersprüchlich zum ersten empfunden. Und gerade die Figur Katniss fand ich im zweiten Teil sehr schwierig. Umso gespannter war ich, ob der nun schon dritte von insgesamt vier Filmen wieder so gut wird wie der erste. Von Hungerspielen sollte er ja schließlich nicht handeln. Dieser Artikel enthält Spoiler für die ersten beiden Filme, nicht aber für Mockingjay Teil 1 selber.
Worum gehts?
Am Ende von Catching Fire wird Katniss (Jennifer Lawrence) zusammen mit Finnick (Sam Claflin) und Beetee (Jeffrey Wright) zwar aus der Arena gerettet, aber mit der grausamen Wahrheit konfrontiert, dass ihre Heimat zerstört wurde. Distrikt 12 wurde dem Erdboden gleichgemacht. Sie wird in den 13. Distrikt gebracht, der einer unterirdischen Festung gleicht, aber auch sehr militärisch, steril und kalkuliert wirkt. Die Präsidentin Alma Coin (Julianne Moore) ist eine eiserne Unterstützerin der Untergrundbewegung und lenkt schon lange das Geschehen. Katniss soll ihr „Mockingjay“ (Spotttölpel) und damit Leitfigur der Rebellen werden. Sie ist aber noch traumatisiert. Zwar sind Gale (Liam Hemsworth), ihre Schwester Prim (Willow Shields) und ihre Mutter wohlauf und ebenfalls in Distrikt 13, aber sie kann nicht verkraften, dass man nichts unternommen hat, um Peeta (Josh Hutcherson) zu retten. Sie ist es leid die Schachfigur irgendeines Spiels, irgendeiner Kampagne zu sein – bis man sie mit der Außenwelt konfrontiert.
Hintergrund
Die Tribute von Panem ist speziell für mich eigentlich DIE Reihe, die einen extremen Hype um Young-Adult-Bücher und ihre Verfilmungen losgetreten hat. Ob Panem wirklich der Vorreiter war, kann ich nicht sagen. Es ist aber auf jeden Fall die Umsetzung, die ich als erstes wirklich wahrgenommen habe. Seitdem wurden viele Diskussionen geführt, u.a. ob Young Adult ein sinnvoller Begriff ist, usw. Die einzige Diskussion zu der ich wirklich eine Meinung habe ist aber die: muss man wirklich das dritte Buch in zwei Teilen verfilmen? Ich kenne die Bücher nicht! Aber mir erscheint das mehr als unnötig. Und diese scheinbar gängige Praxis hat sich bei anderen Filmen bereits nicht bewehrt und ist für mich einer der negativeren Trends der Filmbranche.
Ein ganz anderer Schicksalsschlag beeinflusst die Produktion, denn Anfang diesen Jahres ist Philip Seymour Hoffman verstorben, der hier die ziemlich wichtige Figur des Plutarch Heavensbee verkörpert. Mal abgesehen davon, dass das sowieso traurig ist, wurde auch bekannt, dass zumindest für Mockingjay Part 2 nicht alle Szenen mit ihm abgedreht sind. Neulich erst habe ich aber gelesen, dass man zwar digital nacharbeitet, aber darauf verzichtet ihn als 3D-Animation auferstehen zu lassen und versucht das anders in den Griff zu bekommen. Uff, Erleichterung! Ich bin mir nämlich sehr sicher, dass das unangenehm auffallen würde und letztendlich alles andere als pietätvoll wäre.
Fazit
Schwierig. Ich habe das Gefühl, dass Katniss im Film wie im echten Leben zu einer Symbolfigur erhoben wird und man das eigentliche Dilemma oft außer Acht läßt. Ihr Symbolcharakter baut auf vielen Lügen auf. Wir erinnern uns an den letzten Teil, in dem von Hochzeit mit Peeta die Rede war und davon, dass sie schwanger ist. Solche Lügen sollten ihr das Leben retten, holen sie hier ein, bleiben aber ohne wirkliche Konsequenzen. Das funktioniert für mich nicht. Schein und Sein, die Macht der Medien – das wird auch hier wieder schmerzhaft klar, als Katniss zur Figur eines Medienrummels wird, der viele tausende Tote fordert. Soviele Menschen laufen der Sache wegen in den Kugelhagel und ins offene Messer, während sie in Sicherheit im unterirdischen Distrikt 13 sitzt. Ihre Symbolfigur wird ihr zum Verhängnis – immer und immer wieder, merkt sie das eigentlich selber? Ich bin mir nicht sicher. Das ist ein Aspekt, der im zweiten Film angerissen wurde, hier aber verebbt. Hätte sie das Krankenlager nicht besucht, wäre die Geschichte ganz anders ausgegangen. So läuft das mit Symbolfiguren und Medien. Unbequeme Wahrheiten – das ist die eigentliche Aussage des Films. Katniss ist für mich keine sympathische, aber eine menschliche Figur. Sie ist in ihrer Rolle gefangen, was leider meiner Meinung nach viel weniger gut rüberkommt, als ihre emotionale Zerrissenheit. Ich weiß nicht, ob es an Jennifer Lawrence, dem Regiesseur, der Story oder whatever liegt – aber sie transportieren es einfach nicht gut wie arg sie moralisch in der Klemme sitzt. Storytechnisch wirkt Mockingay wie ein Filler, bleibt relativ ruhig und dramatisch, medienkritisch, aber mit nur wenigen Höhepunkten. Medienrummel. Wirklich richtig gepackt hat mich aber erst das Geschehen gegen Ende. Das dann aber nachhaltig.
Inszenatorisch und visuell ist der Film ziemlich beeindruckend. Ob die Kulissen, die Kostüme oder auch die Promo-Bilder des viralen Marketings wie beispielsweise auf der zuvor bereits veröffentlichten Webseite. Das Marketing des Films hat aber auch einige sehr seltsame Macken. Irgendwie wird einem als Zuschauer etwas weggenommen, wenn man durch den Trailer und das virale Marketing längst weiß, dass Peeta noch lebt und „nur“ in den Händen des Kapitols ist, der Film aber relativ lange eine Katniss zeigt, die wütend und traurig ist, weil sie denkt Peeta sei tot. Da schneidet man sich ins eigene Fleisch. Auch wenn es hunderttausende Leute gibt, die die Bücher gelesen haben. Ansonsten finde ich es ja eigentlich gut, dass es hier ab und zu eine shaky cam gibt, denn so fühlt man sich gerade bei den Kriegssschauplätzen so, als wäre man mittendrin. Aber man muss es ja nicht übertreiben. Einmal als Katniss in ihr altes Haus geht, hat man den Eindruck, dass der Kameramann gerade auf die Fresse geflogen ist. Guter Punkt, um das Fazit abzuschließen … relativ spannend, aber nicht so perfekt wie es mir gewünscht hätte.
(7/10)
Wie steht ihr den Büchern und Filmen gegenüber? Kennt ihr die Bücher und unterstützt ihr, dass der letzte Band in zwei Teilen verfilmt wird? Habt ihr den Film schon gesehen und wie findet ihr ihn? Habt ihr auch soviele Probleme mit der Figur Katniss oder ist sie für euch doch eher der Archetyp einer Heldin? Und gerade als Kenner der Bücher, was sagt ihr dazu, wenn Plutarch aus Teil 2 teilweise rausgeschrieben werden müsste? Wie steht ihr dem Begriff Young Adult gegenüber?
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