Es gab eine Zeit, da habe ich Serien unendlich hinterhergetrauert. Nein, bitte noch eine Staffel – das kann doch nicht schon zu Ende erzählt sein. Was wird aus xyz? Und abc hatte viel zu wenig Screentime … jaja. Nach dem Serienboom ist der Markt aber überschwemmt, das Publikum (inklusive meine Wenigkeit) gesättigt. Und dann gibt es immer wieder Serien, die ein großes Pubikum haben und sich trotz dünner Storys immer weiter durchmogeln. Ich sage: wir brauchen keine Endlosserien mehr. Und auch keine Endlosstaffeln mehr. Mir sind 25 Episoden mitunter schon zu lang. Und es gibt nun wirklich gute Gegenbeispiele. Heute in der Serien-Rubrik: wer hat gesagt, es kommt nicht auf die Länge an?
Endlosserien
Als Greys Anatomy zu Zeiten des Serienbooms über die Mattscheiben flimmerte, war es irgendwie anders und neu. Die Charaktere haben sich was getraut, waren keine Sonnenscheinchen, hatten keine Standard-Meinung. Meredith und Christina fielen aus der Rolle, sind angeeckt. Ihr Lieben und Leiden und ihre Patienten waren besonders. Heute dreht sich die Handlung im Kreis. Vom Originalstab der inzwischen zwölf Staffeln zählenden Serie ist kaum noch jemand da. Aber es tauchen immer Mal verschollene Halbgeschwister auf. Wäre ja langweilig sonst. Vor einer Weile habe ich als Guilty Pleasure gern Pretty Little Liars geschaut. Keine anspruchsvolle Serie – der Wert liegt allein in der seichten Unterhaltung, die zum Abschalten und ein wenig miträtseln einlädt. Aber wieviele Staffeln lang kann eine Gruppe von Mädchen schon von einem Fremden erpresst werden? Inzwischen wurde der Täter schon drei Mal enttarnt. Drei Mal. Und es geht immer weiter. Es findet sich immer wieder jemand neues, der sie erpresst. Das ist grotesk. Warum werden solche Serien noch geschaut? Weil sie anfangs mal gut waren und einem Charaktere ans Herz gewachsen sind? An der Handlung kann es bei den meisten Serien jedenfalls nicht liegen. Die Endlosserie ist wie der Typ, der immer in der Bar rumhängt und einfach nie gehen will. Der, mit dem das Personal noch diskutieren muss. Ich bin immer noch der Meinung, dass eine gute Serie ein stimmiges Ende verdient hat. Und desto länger man eine Geschichte erzählt, desto schlechter wird sie oft. Apropos Ende …
Haltestellen-Verpasser
Das sind die, die nicht wissen, wann es genug ist. Bis einschließlich der fünften Staffel war ich ein großer Fan von Supernatural. Die Serie hatte monsters of the week (literally), aber auch eine episodenübergreifende Handlung. Starke Charaktere, viel Humor und Folgen in denen sich die Serie selber auf die Schippe nimmt, ohne dabei albern zu sein. Mit der fünften Staffel wären alle Handlungsfäden in einem perfekten Ende zusammengelaufen. Alles was in den vorherigen Staffeln passierte, machte in diesem fulminanten Ende Sinn. Das war einfach rund. Aber in der letzten Szene deutete sich dann doch an: das wars noch nicht. Ein echter Fehler, wenn ihr mich fragt. Inzwischen ist Supernatural bei elf Staffeln, deren Ausgang und Story eine Wiederholung des Schemas ist: einmal steht im Staffelfinale Dean Winchesters Leben oder Seele auf der Kippe, mal ist es die von seinem Bruder Sam. Und immer wieder und wieder und wieder. In schöner regelmäßiger Abwechslung. Eine weitere Serie, die unerwartet auferstanden ist: Luther. Die britische Kriminalserie mit Idris Elba als kernigen Ermittler hat uns drei Staffeln lang überrascht. Im Staffelfinale entscheidet sich John Luther für einen überraschenden Weg, der ein eindeutiges Serien-Aus ist. Dann aber die Meldung: es kommt eine vierte Staffel. Überraschung. Warum? Es führt Luthers Entscheidung ad absurdum. Kürzlich flimmerte die nur zweiteilige Mini-Staffel über deutsche Mattscheiben auf zdfNeo. Und der Gewinn für den Zuschauer ist: keiner. Die Staffel ist relativ belanglos für die Serie und verhunzt leider was die tolle dritte Staffel aufgebaut hat. Luthers Weg war entschieden und wurde kurzerhand zurückgespult.
Die zu Unrecht Abgewiesenen
Es tut fast ein bisschen weh zuzusehen wie Serien, die dem Schema F folgen sich immer und immer wieder über Wasser halten und verlängert werden, während andere abgesetzt werden. Hannibal beispielsweise schien zu speziell für die breite Masse zu sein und hat nicht genug Interesse generiert. Dabei gilt der Stil und auch die Story als einzigartig und wurde von Kritikern hochgelobt. Bei manchen Serien ist es offensichtlich, warum sie abgesetzt werden. Almost Human beispielsweise hat sein Potential verspielt und sich mit zuviel Nichtigkeiten beschäftigt, anstatt eine episodenübergreifende Story voranzutreiben, allgemein kritischer und aktueller zu werden. Aber Hannibal …? Dieses Schicksal ereilt leider immer mal wieder Serien … und das sind die Fälle die weh tun. Für viele dürfte Firefly da ein prominentes und schmerzvolles Beispiel sein.
Die Kurzen
Es gibt aber auch Serien, die bewusst kurz sind. Zugunsten der Qualität beispielsweise. Und die funktionieren! Allerdings sind das meistens auch welche, die keine sehr ausufernde, episodenübergreifende Handlung haben. Dazu zählt die Technik-Horror-Dystopie Black Mirror (große Empfehlung), Luther, Dates, Der Tatortreiniger oder auch Black Books. Black Mirror hat einen gewissen inszenatorischen Aufwand, weswegen die Staffeln kaum mehr als 3 Folgen fassen kann. In jeder Episode gibt es eine abgeschlossene, andere Geschichte mit einem jeweils unterschiedlichen Cast. Dafür sind die Episoden länger und können wie ein Film-Mehrteiler geschaut werden. Es gibt aber auch noch die zu kurzen. Penny Dreadful hätte grünes Licht für eine vierte Staffel gehabt, aber die Serienmacher entschieden sich für ein Ende nach der dritten Staffel. Das war überraschend. Und plötzlich. Und zu schnell. Es gab noch soviel erzählenswertes.
Die Anderen
Und dann gibt es noch welche, die sich dank ihres individuellen Konzepts nie totlaufen können. Bei American Horror Story erzählt jede Staffel eine in sich abgeschlossene Geschichte. Der Cast wiederholt sich dabei, aber Handlung und Rollen sind anders. Dadurch ist immer gewährleistet, dass Nachschub kommt und individuell und neu ist. Die einzige Gefahr ist, dass sich das Konzept irgendwann totläuft. Gerade bei Horror ist es schwierig immer etwas neues zu liefern. Insbesondere wenn sich die Serie bewusst Horrorklischees annimmt wie dem Thema Geisterhaus, Irrenanstalt und Freakshow. Aber bis jetzt scheints ganz gut zu funktionieren.
Die Musterknaben
Musterknaben sind die Serien, die genau den richtigen Zeitpunkt für den Ausstieg gefunden haben, bevor die Serie schlecht wird. Es tut zwar weh, aber bei einigen meiner Serienfavoriten wie Downton Abbey und LOST hat das Abschied nehmen weh getan. Ein Positivbeispiel unter den Endlosserien ist aber wohl Friends. Zehn Staffeln und 236 Folgen lang haben uns die Freunde begeistert. Irgendwann mussten sich aber die Wege für alle ebnen. Fairerweise muss man sagen: es war gut so. Die Serien hätten nicht noch mehr Staffeln verkraftet.
Die Ausnahme
Ausnahmen bestätigen die Regeln, oder? Dr. Who. Muss ich noch mehr dazu sagen? Eine Serie, die über 50 Jahre existiert muss die einzige Ausnahme sein und darf gern ewig laufen. Und das Konzept von Dr. Who ist ein nahezu unerschöpfliches, das das ewige Weiterlaufen garantiert. Wenn das der Zuschauer will. In der Sci-Fi-Serie geht es um einen zeitreisenden Time Lord. Der ist in der Lage sich zu regenerieren. Er ist quasi unsterblich, verändert sich aber bei jeder Regeneration. Klingt nach Darstellerwechsel … . Und genauso wirds auch gemacht. Immer und immer wieder. 🙂
Zum Schluss noch ein paar honourable mentions … es gibt Anime, die den Bogen weit überspannen. Denken wir mal an One Piece, das noch heute kein Ende gefunden hat, inzwischen aber bereits 748 Folgen fasst. Und das Ende ist noch nicht Mal in Sicht. Vielleicht kommt es nie!? Was sind eure klassischen Beispiele für ‚Haltestellen-Verpasser‘ oder ‚Die Kurzen‘, ‚Endlosserien‘ oder was sind für euch die Ausnahmen? Empfindet ihr 25-Episoden-Staffel inzwischen auch als belastend? Nicht zuletzt aufgrund des enormen Angebotes… ?
Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: alles dabei 🙂 .
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